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Himmelsdiebe

Himmelsdiebe

Titel: Himmelsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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abreisen?«, fragte er schließlich. »Wenn du meinst, du müsstest auf mich Rücksicht nehme n – das musst du nicht. Wir können jederzeit umbuchen.«
    Sie sah, wie schwer ihm der Vorschlag fiel, und zwang sich zu einem Lächeln.
    »Das ist sehr, sehr lieb von dir, Roberto, und ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du das fragst. Aber nein«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Ich möchte, dass wir alles so lassen wie geplant.«
    »Wirklich?«
    »Wirklich.«
    Laura kehrte ihm den Rücken zu, damit er endlich aufhörte zu fragen. Um die Tränen zu unterdrücken, beugte sie sich wieder über die Truhe und fuhr fort zu packen. Packen war das Einzige, was ihr jetzt half. Als könnte sie mit ihren Kleidern all ihre Gefühle in die Kisten und Koffer stecken, um sie für immer hier in New York zurückzulassen.
    »Und euer Bild?«, fragte Roberto. »Willst du es nicht noch einmal sehen?«
    5
    Eilig nahm Bobby seine Aktentasche vom Tisch. Er war spät dran, Debbie wartete bestimmt schon auf ihn. Sie wollten heute zusammen entscheiden, mit welchen Bildern sie womöglich die Wand bestücken würden, die ursprünglich für die Himmelsbeute vorgesehen war. Doch es gab einen Grund für seine Verspätun g – einen so wunderbaren Grund, dass Debbie ihm gewiss verzeihen würde. Seine Mutter hatte ihm zum Geburtstag geschrieben! Der Umschlag des Briefes war zwar durch die Schnüffelei der Zensoren fast völlig zerstört, aber der Inhalt klang so federleicht und hoffnungsfroh, als gäbe es weder Adolf Hitler noch Joseph Stalin und erst recht keinen Krieg.
    Obwohl Bobby den Brief schon ein Dutzend Mal gelesen hatte, musste er ihn noch einmal lesen, bevor er sich auf den Weg ins Museum machte.
    Als ich so alt war wie Du, empfand ich es als mein größtes Geschenk, dass ich nicht allein im Leben stand. Von ganzem Herzen wünsche ich Dir, mein großer Junge, dass Dir dasselbe Glück beschieden ist und Du die Tag e – und Nächt e – nicht allein verbringen musst. Hoffentlich hast Du eine Frau an Deiner Seite, die Dir immer wieder gibt, was nur liebende Frauen einem Mann zu geben vermöge n …
    Mit einem Grinsen blickte Bobby auf das ungemachte Bett, in dem er vor einer Stunde aufgewacht war: zusammen mit Laura. War seine Mutter eine Hellseherin?
    Neulich hat sich auch das Konsulat wieder gemeldet. Obwohl es noch keinen konkreten Termin gibt, sind meine Koffer gepackt. Viele Menschen hier haben schreckliche Angst, weil sie niemanden haben auf der Welt. Wie gut geht es mir doch im Vergleich zu ihnen! Außerdem, Du weißt ja, ich habe ein Schiff mit dem Namen Zuversicht. Auf dem werde ich vielleicht manchmal ein bisschen nass, aber was immer passier t – es ist unsinkbar und kann niemals untergehe n …
    Konnte es ein schöneres Geburtstagsgeschenk geben? Obwohl die Post von Europa nach Amerika manchmal zwei Monate dauerte, hatte seine Mutter das Kunststück fertig gebracht, dass der Brief tatsächlich heute Morgen, am Tag seines Geburtstags, eingetroffen wa r – so pünktlich wie mit der Stadtpost von Köln. Wenn das kein gutes Omen war!
    Er faltete den Brief zusammen und steckte ihn in sein Jackett, damit er ihn bei sich hatte und lesen konnte, wann immer er wollte. Sobald er den Brief las, hörte er seine Mutter reden, in ihrem gemütlichen rheinischen Dialekt, als würden sie wie früher bei einer Tasse Kaffee und einem Stück Schwarzwälderkirschtorte zusammensitzen und miteinander plaudern. Und was für entsetzliche Sorgen hatte er sich während der vergangenen Wochen und Monate gemacht! In seiner Schwarzmalerei hatte er sogar schon befürchtet, er würde womöglich nie wieder einen Brief von seiner Mutter bekomme n …
    Er nahm eine Tasse von seinem Geburtstagstisch, an dem er mit Laura gefrühstückt hatte, bevor sie zur Vorlesung gegangen war, und schenkte sich die letzten Tropfen von dem Champagner ein, den Harry bei seinem Besuch für sie dagelassen hatte.
    »Auf unser Wiedersehen!«, prostete er seiner Mutter im fernen Frankreich zu.
    Der Champagner war warm und hatte keinerlei Kohlensäure mehr. Aber er schmeckte herrlich.
    Als Bobby die Tasse ins Spülbecken stellte, klopfte es an der Tür.
    Verwundert blickte er über die Schulter. Wer war das? Vielleicht sein Vater? Um ihm zu gratulieren? Bei der Vorstellung setzte sein Herz vor Freude für einen Schlag aus. Wenn jetzt auch noch sein Vater aufkreuzen würde, wäre das der schönste Geburtstag in seinem ganzen Leben!
    »Einen Moment«, rief er auf Deutsch, »ich

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