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Himmelsdiebe

Himmelsdiebe

Titel: Himmelsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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versuchen konnte, hat er das Haus verlassen und ist verschwunden.«
    »Seitdem haben Sie ihn nicht mehr gesehen?«
    Debbie hob den Kopf und schaute Laura an. »Zwei volle Tage. Das ist noch nie passiert. Glauben Sie, er ist imstande un d …«
    Sie sprach den Satz nicht zu Ende.
    »Und tut sich etwas an?« Laura schüttelte den Kopf. » Nein«, sagte sie, ohne eine Sekunde nachzudenken. »Ausgeschlossen. Niemals.«
    7
    Wie ein Gummiball sprang Nscho-tschi in die Höhe und kläffte sich die Seele aus dem wuscheligen Leib. So groß war die Freude, ihr Herrchen wiederzusehen.
    »Ist ja schon gut«, sagte Harry und hob sie auf den Arm. »Was hab ich nur für ein feines Hündchen. Braves Hündchen, liebes Hündchen. Aber jetzt ist es genug. Ich habe zu tun!«
    Er setzte Nscho-tschi auf den Boden und schaute sich um. Gab es in diesem Haus irgendwo so etwas wie eine Brechstange? Das einzige Werkzeug, das infrage kam, war der Schürhaken des Kaminbestecks. Harry holte ihn aus dem Wohnzimmer und brach damit den Wandschrank auf, in dem Debbie die Himmelsbeute vor ihm weggeschlossen hatte, wie vor einem armen Irren.
    »Na, da staunst du, was?«, fragte er Nscho-tschi, die ihm mit schwarzen Knopfaugen und schräg geneigtem Kopf zusah. »Herrchen macht sich wieder an die Arbeit!«
    Er nahm die Leinwand und trug sie in sein Atelier. Die Collage befand sich noch im selben Zustand, in dem Laura und er sie bei ihrer letzten Sitzung zurückgelassen hatten. Manche Teile, für die sie bereits den endgültigen Platz in der Komposition gefunden hatten, waren miteinander vernäht, die anderen lose aufeinandergeschichtet. Harry faltete sämtliche Stücke auseinander und breitete sie auf dem Boden aus.
    Die Mitte der Collage ließ er frei. Darin würde er das letzte Bild einfügen.
    Ja, er hatte das Zentrum gefunden, nach dem Laura und er so lange Zeit vergeblich gesucht hatten. Den Magneten, der dem Beziehungsgeflecht der einzelnen Teile Ordnung und Struktur verlieh. Die Seele, die das Abbild ihrer Liebe in ein Sinnbild verwandelt e – den Schlüssel und Schlusspunkt der Komposition. In den strudelnden Fluten des East River war Harry das Bild plötzlich erschienen. Die Idee war so einfach und zwingend und unabweisbar gewesen, dass er kaum glauben konnte, dass sie ihm nicht schon viel früher gekommen war. Und er selber hätte beinahe alles zerstört.
    Nscho-tschi winselte vor der Tür.
    »Nein«, rief Harry, »du musst draußen bleiben!«
    Ja, sollten sie ihn ruhig alle ein wenig vermissen. Der Einzige, um den es ihm leidtat, war Bobby. Wenn er sich nicht täuschte, hatte sein Sohn heute Geburtstag. Sobald die Arbeit es zuließ, würde er ihm am Abend einen Besuch abstatten.
    Ob Debbie wohl schon daran dachte, die Vernissage zu verschieben?
    Während er klammheimlich die Vorstellung genoss, wie die anderen sich um die Ausstellung ängstigten, trat er an das Regal, in dem die grundierten, auf Keilrahmen gespannten Leinwände lagerten. Welches Maß würde er brauchen? Vielleicht ein Meter auf ein Meter? Das Bild würde so stark in seiner Wirkung sein, dass ein kleineres Format vielleicht sogar den größeren Effekt erzielen würde.
    Er hatte gerade eine geeignete Leinwand gefunden, da fing Nscho-tschi draußen an zu kläffen.
    »Nei n – hab ich gesagt!«
    Harry nahm den Keilrahmen aus dem Regal und brachte ihn zur Staffelei. Plötzlich hörte er Schritte. Im nächsten Moment ging die Tür auf.
    »Gott sei Dank, du lebst!«
    Er stellte den Rahmen auf die Staffelei und drehte sich um. Als er Debbie sah, machte er unwillkürlich einen Schritt zurück. Noch nie hatte er sie in einem solchen Zustand gesehen. Ihr Haar war aufgelöst, ihre Augen gerötet, und in ihren Stöckelschuhen trat sie so unsicher auf wie ein kleines Mädchen in den Schuhen seiner Mutter.
    »Natürlich lebe ich«, sagte er, beinahe schuldbewusst. »Was bleibt mir anderes übrig? Zum Sterben fehlt mir das nötige Talent.«
    Bei dem Wort Sterben zog sie ein Gesicht, als müsse sie weinen. Harry nahm sie in den Arm und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
    »Jetzt beruhige dich«, sagte er. »Du siehst doch, mir ist nichts passiert.«
    »Dir nicht«, flüsterte sie. »Abe r …«
    »Aber was?«
    »Ach nichts.« Debbie machte sich von ihm los und schüttelte den Kopf. »Ich lass dich jetzt in Ruhe. Offenbar hast du ja beschlossen, wieder zu arbeiten.«
    8
    Von ihrem Taxi aus beobachtete Debbie den Eingang des Waldorf Astoria . Sie hatte den größten Konferenzsaal des Hotels

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