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Himmelsdiebe

Himmelsdiebe

Titel: Himmelsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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rein!«
    Ein Hausmeister mit Schiebermütze, Schnauzbart und Pfeife im Mund, der Laura an den Pedell ihrer Londoner Akademie erinnerte, öffnete das Tor. Offenbar wurden sie erwartet, denn als Harry seinen Namen nannte, führte der Mann sie durch einen erstaunlich gepflegten Innenhof und dann eine Freitreppe hinauf in den ersten Stock des renovierten Hauptgebäudes. Vor einer Flügeltür machte er Halt.
    »Vielen Dank«, sagte Harry und drückte seine Zigarette am Rand eines Mülleimers aus. »Wir kommen allein zurecht.«
    Während der Hausmeister den Gang hinunter verschwand, öffnete Harry die Tür. Aus dem Saal schlug ihnen ein Lärm entgegen wie aus einer Kinderverwahranstalt.
    »Bitte seh r – die Professoren!«
    Laura musste laut lachen. Der Saal war bevölkert von weiß gekleideten Menschen jedweden Alters, die wild durcheinander lärmten und gestikulierten.
    »Ruhe!«, rief eine ebenfalls weiß gekleidete Nonne mit einer Haube wie ein Dreispitz auf dem Kopf und klatschte in die Hände. »Unser Besuch ist da!«
    Während der Lärm allmählich verebbte, drehten sich sämtliche Gesichter zu Laura und Harry herum. Dutzende von Augen starrten sie an, Augen, aus denen die unterschiedlichsten Gemütsverfassungen sprache n – kindliche Freude, vollkommener Stumpfsinn oder heller Wahn.
    Laura konnte es nicht glauben. »Du hast mich in eine Irrenanstalt gebracht?«
    »Habe ich dir zu viel versprochen?«, erwiderte Harry. »Genau, wie ich gesagt hab e – die beste Kunstakademie von ganz Frankreich!«
    Er ließ sie stehen, um die Nonne zu begrüßen. »Schwester Anna!«
    »Meine Schützlinge freuen sich schon den ganzen Tag auf Sie«, sagte die Ordensfrau und schüttelte auch Laura die Hand.
    »Dann wollen wir sie nicht länger warten lassen«, sagte Harry und begann, seine Malsachen auszupacken.
    »Kannst du mir vielleicht erklären, was wir hier treiben?«, wollte Laura wissen.
    »Kunsterziehung«, erklärte Harry. »Sehen fängt damit an, alte Wahrnehmungen aufzugeben, um Neues zu entdecken. Darin sind unsere Professoren Meister. Doch ich denke, wir sollten allmählich anfangen. Die Herrschaften werden sonst ungeduldig.«
    Laura schaute ihn kopfschüttelnd an. »Ach Harry«, sagte sie. »Weißt du eigentlich, was für ein toller Mann du bist?«
    »Natürlich«, erwiderte er. »Aber ich hatte schon Angst, du würdest es nie merken.«
    7
    Der restliche Tag war ein einziger Traum.
    Nachdem Harry seine Professorenkollegen um sich versammelt hatte, begann er mit einer Schule des Sehens, die er als Kind schon entwickelt hatte.
    »Es war ein paar Tage vor meiner Erstkommunion«, erzählte er Laura, während er unter den neugierigen Blicken seiner Zuschauer einen Papierbogen über einen Granitbrocken spannte und anfing, mit einem weichen Stift darüber zu reiben. »Ich hatte Fieber und lag krank im Bett, als plötzlich die Zimmertür sich vor meinen Augen verwandelte. Aus der Holzmaserung, die ich schon tausendmal gesehen hatte, ohne sie wirklich zu sehen, traten auf einmal gespenstische Fratzen hervor. Das war der Augenblick, in dem ich wusste, dass ich ein Maler bin.« Er drehte sich zu einem halbwüchsigen Mongoloiden mit einem Gesicht voller Pickel herum, der ihm schon die ganze Zeit angespannt über die Schulter blickte. »Herr Kollege, würden Sie der jungen Dame vielleicht erklären, was ich meine?«
    »Hmmm?«
    »Sagen Sie Mademoiselle Paddington einfach, was Sie sehen, Professor.«
    Der Junge starrte mit blöden Augen auf das Papier, auf dem Laura nur die Struktur des darunterliegenden Steins erkannte. Plötzlich ging ein Strahlen über sein Gesicht.
    »Da! Schwester Anna!« Aufgeregt zeigte er mit dem Finger auf eine Figur in der Schraffur, die Laura zuvor nicht bemerkt hatte. Tatsächlich, die Figur sah aus wie eine Nonne. Sogar einen Dreispitz hatte sie auf dem Kopf.
    »Sehr fein beobachtet, werter Kollege«, sagte Harry. »Und was hat Ihnen die Augen geöffnet?«
    »Hmm m …«
    »Ich verstehe, Erklärungen sind unter Ihrem Niveau. Dann erlauben Sie bitte, dass ich für Sie spreche. Worauf es ankommt«, wandte er sich wieder an Laura, »ist, dass wir keine Angst vor dem haben, was unsere Seele uns sagt. Nur wenn wir den Mut haben, aus unserer eigenen, inneren Bilderwelt zu schöpfen, erkennen wir die Kunst, die in allen Dingen verborgen ist. Dann bedarf es meist nur noch einer kleinen Zauberei, um sie Wirklichkeit werden zu lassen.«
    Während er sprach, ließ er zur Begeisterung seines Publikums Farben auf

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