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Himmelsdiebe

Himmelsdiebe

Titel: Himmelsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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wüsste, wie dieser Mann heißt?«
    Während sie sprach, beugte sie sich über ihn, um ihn zu küssen, sowohl nach Taubenart als auch mondän.
    Da hämmerte es unten an der Haustür.
    »Wer kann das sein?« Überrascht fuhr sie in die Höhe.
    »Vielleicht Pepe?« Harry schlug die Augen auf und grinste. »Er ist in dich verliebt und will nicht, dass du mich verwöhnst. Taubstumme haben manchmal einen sechsten Sinn.«
    »So ein Quatsch!«
    Laura sprang aus dem Bett und streifte sich Harrys Schlafanzugjacke über, die vom Abend noch auf dem Boden lag. Barfuß lief sie die Treppe hinunter. Das Schaf im Stall schaute sie vorwurfsvoll an.
    Wieder hämmerte es draußen an der Tür. »Aufmachen! Das ist ein Befehl!«
    Notdürftig knöpfte Laura die Jacke zu und schob den Riegel zurück. Als die Tür sich mit quietschenden Angeln öffnete, zuckte sie zusammen. Im Hof standen zwei Gendarmen, mit blauen Käppis und schwarzen Capes. Der kleinere Beamte hatte einen Schnurrbart und hielt ein Paar Handschellen bereit.
    »Wen wollen Sie denn verhaften?«, fragte Harry, der ihr in der Schlafanzughose gefolgt war. »Unser Schaf? Dann gebe ich zu Protokoll, dass es auf den Namen Helene hört. Für Ihre Personalien.«
    Laura musste laut lachen. Der Beamte schob sie beiseite, ohne jeden Sinn für Humor.
    »Sind Sie der deutsche Staatsbürger Harry Winter?«
    »Nein, ich bin der Kaiser von China«, erwiderte Harry. »Ja, natürlich bin ich ich. Wer sollte ich sonst sein?«
    »Sie haben eine Stunde Zeit, Ihren Koffer zu packen!«
    Als Laura das Gesicht des Polizisten sah, verging ihr das Lachen. Bevor sie wusste, was geschah, legte der Kerl Harry die Handschellen an.
    »Sind Sie verrückt geworden?«
    »Fluchtgefahr!«, erwiderte der Beamte.
    »Im Pyjama?«
    »Vorschrift ist Vorschrift!«
    Auch Harry war plötzlich ernst. » Vive la France! «, knurrte er nur, als der Gendarm die Handschellen zuschnappen ließ.
    16
    Plötzlich ging alles rasend schnell. Es war, als wären sie an einem Ende der Welt in einen Tunnel gefahren, um am anderen Ende der Welt wieder aufzutauche n – aus ihrem Traum in die Realität in nur einer Sekunde. Während Harry auf Anweisung der Polizisten einen Stapel Formulare ausfüllte, suchte Laura in fliegender Eile irgendwelche Sachen zusammen, von denen sie hoffte, dass er sie im Lager brauchen könnte. Dreißig Kilo Gepäck, so hatte man ihr erklärt, dürfe er mitnehmen, einschließlich Kleidung und Büchern. Doch was war mit Pinseln und Farben? Was war mit Geld? Was mit Lebensmitteln und Wein? Vor lauter Geschäftigkeit blieb ihr keine Zeit, einen klaren Gedanken zu fassen. Die Handschellen lösten die Gendarmen nur noch einmal, damit Harry sich anziehen konnte.
    Von den Polizisten wie ein Verbrecher flankiert, verließ er eine Stunde später das Haus.
    »Du musst Bobby schreiben«, sagte er, als sie den Weinberg hinuntergingen. »Er kennt in Amerika wichtige Leute. Sie können uns vielleicht helfen.«
    Am Straßenrand wartete ein Militärlastwagen, auf dessen Pritsche zwei Dutzend Männer zusammengepfercht waren. Einer war noch im Schlafanzug, ein anderer hatte sogar eine Nachtmütze auf dem Kopf. Offenbar waren sie wie Harry aus dem Bett heraus verhaftet worden. Ein Soldat, der den Lastwagen bewachte, stieß Harry den Kolben seines Gewehres in den Rücken, damit er auf den Wagen kletterte.
    »Wo bringen Sie ihn hin?«, fragte Laura.
    »Im Rathaus liegen Listen aus. Die können Sie jederzeit einsehen.«
    »Wie lange wird er fort sein?«
    »Das werden Sie zu gegebener Zeit erfahren.«
    Der Soldat verriegelte die Heckklappe, dann stieg er ins Fahrerhaus und ließ den Motor an. Während die Gendarmen ihre Pistolen zückten, damit kein Häftling auf die Idee kam zu fliehen, setzte sich der Lkw in Bewegung. Eine schwarze, stinkende Auspuffwolke hüllte Laura ein.
    »Harry!«, rief sie. »Harr y – um Himmels willen!«
    Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie sich noch nicht mal verabschiedet hatten. Während Laura dem davonrumpelnden Laster hinterherlief, beugte Harry sich über die Heckklappe und versuchte, ihre Hände zu berühren. Doch der Wagen fuhr schneller, als sie laufen konnte.
    »Hab keine Angst«, rief Harry. »Der Spuk ist bald vorbe i … In ein paar Woche n … bin ich zurüc k … Dann trinken wir den Wei n … aus unserem Weinber g …«
    Durch den Motorenlärm hörte sie nur noch Fetzen seiner Worte. Während Harry ihr mit beiden Armen zuwinkte, kam aus dem Weinberg ein schwarzes Ungeheuer

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