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Himmelsdiebe

Himmelsdiebe

Titel: Himmelsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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die Stille, das Alleinsein: die Einsamkeit in einem Paradies, das sie verloren hatte und in dem sie trotzdem gefangen war.
    »Warum schweigst du? Warum sagst du nichts? Was habe ich verbrochen, dass du nicht mehr mit mir sprichst?«
    Sie nahm ihre Tasse und warf sie Harry ins Gesicht. Der Tee rann an seiner Wange herab, als würde er weinen. Doch sein Mund blieb weiter stumm. Gab es einen schlimmeren Beweis? Die Zweifel an seiner Liebe waren Laura gekommen, als Maître Simon allein aus Les Milles zurückgekehrt war. Angeblich gab es noch ein paar Formalitäten, die der Entlassung im Wege standen. Doch vielleicht war das ja gar nicht der wahre Grund. Vielleicht hatte Harry sie einfach satt und benutzte den Krieg nur als Ausrede, um sie nicht wiederzusehe n … Weil sie nicht mehr schön genug für ihn war, nicht mehr jung und stolz genu g … Laura nahm einen Schluck Wein aus der Flasche, die sie am Abend aus dem Bistro mit nach Hause genommen hatte. Auf dem Heimweg hatte sie im Weinberg das Biest gesehen. Es hatte die Zähne gefletscht und sie böse angeknurrt. Aus seinen Augen hatte Florence sie angeschaut.
    »Bist du wieder zu ihr zurückgegangen? Um deine genitalen Pflichten zu erfüllen?«
    Laura versuchte seine Hand zu greifen, doch Harry rührte sich nicht. In kalter Reglosigkeit schaute er auf sie herab. Am Rande des Wahnsinns hatten sie leben wollen, in ihrer eigenen Traumwelt, um niemals nüchtern zu sei n – bis dass die Wirklichkeit sie scheide. Tatsächlich war ihre Traumwelt zersprungen wie ein billiger Spiegel, und zurück war nur die Angst geblieben. Warum war sie mit diesem Mann hierhergekommen? In dieses öde, einsame Dorf am Ende der Welt? Sie war auf dieses Leben nicht vorbereitet, ein Leben in einem fremden Land, das nur durch Harry zu ihrer Heimat geworden war. Sie war doch eine Windsbraut! Das Einzige, was sie gelernt hatte, war, ihren Gefühlen zu folgen! Aber ihre Gefühle wurden nicht mehr erwidert. Sonst wäre er doch bei ihr.
    »Bitte, Harry! Bitte komm zurück! Ich halte es ohne dich nicht aus!«
    Mit ihren Lippen bedeckte sie sein Gesicht, küsste seine Stirn, seine Wangen, seinen Mund. Wenn er ihre Liebe spürte, würde er zu ihr zurückkehren. Die Liebe war stärker als die Wirklichkeit! Hatte er ihr das nicht selbst beigebracht?
    Plötzlich hörte sie Schritte auf der Treppe. Der Schreck fuhr ihr so in die Glieder, dass sie sich an einem Stuhl festhalten musste. War sie verrückt geworden? Oder kehrte der Große Zauberer tatsächlich zu ihr zurück?
    Wie eine physische Berührung spürte sie den Blick in ihrem Rücken.
    Als sie sich umdrehte, stand Harry in der Tür. Er sagte kein einziges Wort. Aber aus seinen dunklen, warmen Augen sprach alle Liebe dieser Welt.
    19
    Das Zauberhaus war in nächtliches Dunkel getaucht. Nur die schmale Sichel des Mondes schien durchs Fenster in die Kammer, um die zwei Menschen auf dem Bett in einen silbernen Schleier zu hüllen.
    Die ganze Welt war in Schlaf und Traum gesunken. Doch Laura war viel zu glücklich, um auch nur ein Auge zuzutun. Immer wieder tastete sie nach dem nackten Leib an ihrer Seite, um sich zu vergewissern, dass sie nicht träumte.
    Leise schnarchend lag Harry da, schwer und liebessatt. Zärtlich betrachtete sie seinen schimmernden Körper, streichelte seine Brust, tastete nach den Malen auf seiner Haut, die sie mit ihren Nägeln und Zähnen hinterlassen hatte. Noch nie hatte er sie mit solcher Inbrunst geliebt wie an diesem Abend. Wie ein Verdurstender, der nach langem Irren in der Wüste endlich an den Quell der Oase gelangt, war er über sie hergefallen. In stummer, wortloser Lust hatte er sie genossen, bis zur vollkommenen Erschöpfung. So erschöpft war er gewesen, dass er wie ein Stein neben ihr in den Schlaf gefallen war, bevor sie auch nur einen Satz mit ihm hatte reden können. Er wusste nicht einmal, dass sie ein Kind von ihm bekam.
    »Morgen, wenn du aufwachst, verrate ich dir ein Geheimnis, mein Liebster.«
    Laura blies sich eine Strähne aus dem Gesicht, um ihn zu küsse n – da polterte es an der Tür.
    Erschrocken fuhr sie in die Höhe. Um diese Zeit? Wer konnte das sein?
    »Harry«, sagte sie leise. »Wach auf!«
    Doch ihr Geliebter hörte sie nicht. Ihre Worte drangen so wenig in seinen Schlaf wie der Lärm draußen. Sie sagte noch einmal seinen Namen, schüttelte seine Schulter. Aber Harry wälzte sich nur grunzend im Bett herum.
    Wieder pochte es an der Tür. »Aufmachen! Das ist ein Befehl!«
    Laura zog sich

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