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Himmelsdiebe

Himmelsdiebe

Titel: Himmelsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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ein Kleid über und lief hinunter in den Stall, um zu öffnen.
    Im Hof standen Soldaten der französischen Armee.
    »Wa s … was wollen Sie?«
    Laura war so entsetzt, dass sie kaum einen Satz zustande brachte. Ihr einziger Gedanke war Harry. Hoffentlich blieb er oben in der Kammer! Wenn die Soldaten ihn entdeckten, würden sie ihn auf der Stelle erschießen.
    »In der Nähe Ihres Hauses wurde gestern Nacht Licht gesehen!«, sagte der Leutnant, der die Soldaten anführte. »Das haben Zeugen im Dorf berichtet.«
    Laura fiel ein Stein vom Herzen. »Dafür gibt es eine einfache Erklärung«, erwiderte sie. »Ich habe im Weinberg Schnecken gesammelt. Das geht nicht ohne Licht.«
    »Schnecken? Wir haben eine andere Vermutung.« Der Offizier entsicherte sein Gewehr und richtete es auf Laura. »Lassen Sie uns herein! Wir müssen Ihr Haus durchsuchen!«
    »Wozu? Was soll das?«
    »Sie stehen im Verdacht, Morsezeichen an den Feind zu senden.«
    »Wie bitte? An welchen Feind?«
    »Sie sind das Flittchen eines deutschen Spions! Los! Machen Sie Platz! Oder ich muss von der Waffe Gebrauch machen!«
    Der Mann hatte den Finger am Abzug, zwei weitere Soldaten traten vor und zückten ihre Pistolen. Laura fühlte sich wie in einem Albtraum. Was konnte sie tun, um sie aufzuhalten? Plötzlich spürte sie das Kind in ihrem Bauch, ganz deutlich strampelte der kleine Dada mit den Beinen.
    Im selben Augenblick wusste sie, dass sie noch nicht zum Sterben bestimmt war, und sie wurde ganz ruhig.
    »Scheren Sie sich zum Teufel!«, sagte sie, ohne sich von der Stelle zu rühren. »Oder wollen Sie eine schwangere Frau abknallen?«
    Während sie den Blick des Offiziers erwiderte, nahm ein unbekanntes Allmachtsgefühl von ihr Besitz. Es war, als trete sie aus dem Haus der Angst, erfüllt von einer dort gewonnenen Kraft, an der jede Bedrohung wirkungslos abprallte. Die Soldaten schrumpften vor ihren Augen, bis sie so klein und winzig waren wie Zwerge.
    »Sie sind schwanger?«, fragte der Offizier. Unsicher wich er ihrem Blick aus. Offenbar spürte er, dass er gegen diese Kraft in ihr nicht ankam. Er sicherte sein Gewehr und hängte es sich über die Schulter. »Los Männer! Zurück zum Wagen!«
    Kaum waren die Soldaten in der Dunkelheit verschwunden, verriegelte Laura das Tor und eilte zurück in die Wohnung. Als sie die Treppe hinauflief, ging oben das Licht an. Gott sei Dank, Harry war keinen Moment zu früh aufgewacht!
    Bei dem Gedanken an ihn bekam sie solche Lust, als hätte sie seit einem Jahr mit keinem Mann mehr geschlafen. Eilig öffnete sie die Knöpfe ihres Kleides und streifte es von den Schultern. Kein Zentimeter Stoff sollte ihren Leib bedecken.
    Als sie in die Schlafkammer kam, erstarrte sie. Auf dem Bett lag Pepe, der Briefträger, vollkommen nackt, und grunzte sie an.
    Laura spürte, wie ihre Knie weich wurden, und griff nach dem Türpfosten. Doch ihre Hand ging ins Leere.
    Dann wurde ihr schwarz vor Augen, und sie sank zu Boden.
    20
    »Wie oft haben Sie Ihre Frau betrogen?«
    Ein paar Dutzend Häftlinge hatten sich in der Katakombe versammelt, um die Schlaflosigkeit mit dem Wahrheitsspiel zu vertreiben. Seit die Lagerleitung die Kontaktsperre verhängt hatte, war das Spiel zum beliebtesten Zeitvertreib der Gefangenen geworden. Bei keiner anderen Tätigkeit ließ sich die eigene Misere besser vergessen! Nacht für Nacht ließen sie die Flasche in der Katakombe kreisen, um sich gegenseitig die geheimsten Geheimnisse abzupressen. Wer beim Lügen erwischt wurde, bekam zwei Tage Latrinendienst. Doch auch ohne Androhung solcher Strafe sprudelte die Wahrheit aus den Männern nur so hervor. Unter dem Zwang, im Lager die intimsten Besorgungen in aller Öffentlichkeit zu verrichten, hatten sie sich ihre Scham längst abgewöhnt. Sogar Erich Hirngiebel zögerte nur kurz, als der Flaschenhals auf ihn zeigte.
    »Zwe i … zweimal habe ich an meiner Frau gesündigt«, gestand er. »Einmal als junger Gemeindepfarrer mit einer Organistin, und einmal in Tübingen mit einer Doktorandin.«
    »Oho! Worüber hat die Dame denn promoviert?«
    »Über Gnade und Vergebung im Neuen Testament. Eine ganz vorzügliche Arbeit übrigens. Summa cum laude .«
    »Amen!«, rief Wilfried Kümmerich, der Tierstimmenimitator, und klatschte in die Hände. »So soll es sein!«
    Unter dem Applaus seiner Kameraden lief Erich Hirngiebel puterrot an. Eilig nahm er die Flasche und ließ sie abermals kreisen. Alle waren gespannt, wer als Nächster an die Reihe kam. Nur Harry

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