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Himmelsfern

Himmelsfern

Titel: Himmelsfern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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Handy versuchen? Ach, sollte er doch. Er konnte ruhig erfahren, dass ich die Knasti-Nummer satthatte. Den Blick auf den Boden gerichtet, trottete ich weiter und versuchte, dem schlechten Gewissen zum Trotz die warme Sommerluft zu genießen.
    Als der Rüdenfels in mein Blickfeld kam, verspürte ich ein jähes Déjà-vu von der Durchschlagskraft einer Abrissbirne. Ich nahm kaum mehr als Konturen wahr. Eine schlanke Silhouette, die sich an die massige Statue schmiegte. Schwarzes Haar, das über den grauen Stein strich.
    Marlon.
    Mir war klar, dass ich umdrehen und verschwinden sollte, solange er mich noch nicht gesehen hatte. Alles andere war unvernünftig; nein, es war dumm, idiotisch. Ich musste gehen. Aber, verdammt sollte ich sein, es wollte mir einfach nicht gelingen. Wie in Trance bewegte ich mich weiter auf ihn zu. Ich biss mir heftig auf die Innenseite der Unterlippe, als mir bewusst wurde, dass er mich schon wieder dazu brachte, Dinge zu tun, die ich nicht tun wollte.
    Mit verschränkten Armen blieb ich vor der Statue stehen. Marlon hatte mich inzwischen bemerkt, ließ von dem Hundedenkmal ab, blieb aber auf dem Sockel sitzen, sodass ich fast zwei Meter zu ihm aufschauen musste. Die Partie um sein rechtes Auge war in verschiedenen Facetten von Blau bis hellem Lila verfärbt, auf der linken Seite des Kinns prangte ebenfalls ein verblassendes Hämatom.
    Â»Du gehst also wieder allein raus?«, fragte er. Mir schoss Blut in die Wangen. Woher wusste er von meinem Hausarrest? Er konnte doch nicht wirklich meine Mails gelesen haben? Mir fehlten die Worte, um auf seine Frage etwas zu erwidern.
    Â»Was tust du hier?«, presste ich eine gefühlte Ewigkeit später hervor. Meine Stimme klang vollkommen kraftlos und entlockte Marlon ein unglückliches Lächeln. Der Wind spielte mit unseren Haaren, doch während mir meine strähnig ins Gesicht gepustet wurden, bewegten sich seine nur sanft, als würde die Brise ihn liebkosen, mich aber ärgern wollen.
    Â»Ich muss eine Weile hierbleiben«, antwortete er und ich verstand augenblicklich, dass er mit hier nicht das Denkmal, die Gegend oder die Stadt meinte, sondern meine Nähe. Darum wusste er, dass ich das Haus nicht allein verlassen hatte. Er beobachtete mich, der Mistkerl schien mich regelrecht zu observieren.
    Â»Kontrollierst du, ob ich dich verpfeife? Keine Angst, das tue ich schon nicht. Du kannst also aufhören, mich zu stalken.« Wollte ich das? Oder wollte ich mit ihm reden, ihm all das sagen, was ich bis heute nur hatte aufschreiben können? Konnte ich das? Ich wollte ihn zum Teufel wünschen. Wollte stärker sein als seine Psychospielchen. Ich nahm all meinen Mut zusammen. »Ich habe bisher kein Wort über dich verloren, aber ich muss dich ernsthaft warnen. Meine Geduld ist am Ende. Wenn du mich weiter belästigst, werde ich nicht länger schweigen.«
    Zu meiner tiefsten Befriedigung zuckte ich nicht einmal zusammen, als Marlon vom Sockel des Denkmals sprang und, beinahe lautlos, so dicht neben mir landete, dass ich den Luftzug spürte. Ich erwiderte den Blick seiner schwarzen Psychopathenaugen kühl und sah das hauchfeine Zucken seiner Lippen, das auf Unruhe hinwies.
    Â»Ich würde gerne mit dir reden. Gehen wir ein Stück?«
    Entschieden schüttelte ich den Kopf. »Ich muss mich langsam auf den Heimweg machen.« Außerdem habe ich kein Interesse, mit dir zu reden, solange du manipulative Antworten gibst. Ich schreibe dir heute Nacht.
    Â»Ich muss in dieselbe Richtung. Bitte. Es ist mir wichtig.«
    Ich stemmte die Hände in die Hüften und bewegte mich nicht von der Stelle. »Rede! Ich höre.«
    Marlon trat einen Schritt zurück, bis er am Steinsockel lehnte. Sein Hinterkopf berührte den Stein und mit den Fingern fuhr er die filigranen Zweige der Kletterpflanze nach, die sich daran emporrankte.
    Â»Ich würde dich gerne um etwas bitten. Darf ich?« Er neigte das Gesicht zur Seite, als lauschte er einer Stimme im Stein. Wieder konnte ich mich nicht gegen die Neugier wehren, was er da machte. Ich zuckte mit den Schultern, eine halbherzige Antwort auf seine Frage.
    Â»Erzähl mir die Geschichte dieses Denkmals.«
    Damit hatte ich nicht gerechnet. Doch ich war entschlossen, mich nicht mehr von ihm vorführen zu lassen. »Gut. Aber dann erklärst du mir, warum du das wissen willst, was du hier tust und warum du ständig an Steinen

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