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Himmelsjäger: Roman (German Edition)

Himmelsjäger: Roman (German Edition)

Titel: Himmelsjäger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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dem Medo-Paket nahm Tananareve den Schmerz, aber ihre Gedanken blieben voller Unruhe.
    Sie wusste, dass sie den anderen kaum eine Hilfe sein konnte, auch wenn die Heilsalbe, mit der Abduss ihren Arm behandelt hatte, schnell wirkte. Und so lag sie in ihrer improvisierten Hängematte, umgeben von den Pflanzen einer fremden Welt, und staunte über die Fülle des Lebens in niedriger Schwerkraft. Da sie nichts tun konnte, musste sie sich auf die Rolle des Beobachters beschränken und versuchen, möglichst viel zu lernen, zum Beispiel die sogenannte TransSprache der Vogel-Leute.
    An der Universität war sie gut mit Sprachen zurechtgekommen, hatte Französisch und Russisch gelernt. Ihre zweite Aufgabe bei der Mission der SunSeeker hatte darin bestanden, die Sprache eventueller fremder Intelligenzen zu analysieren. Dazu bekam sie jetzt bei Memor Gelegenheit. Der Name war eine Annäherung, ein Lautbild aus einigen brummenden, kehligen Geräuschen. Vor dem Aufbruch der SunSeeker hatte sie sich vorgestellt, dass bei der Begegnung mit einem fremden Volk Texte und Aufzeichnungen ausgetauscht wurden, dass man sich systematisch und methodisch daranmachte, eine Kommunikationsbasis zu schaffen. So etwas wie SETI-Botschaften im direkten Austausch an einem metaphorischen Verhandlungstisch.
    Tananareves Gefährten waren abgelenkt. Sie erstellten eine Liste der genießbaren Nahrungsmittel, bauten eine Unterkunft und klassifizierten die Varianten der Vogel-Leute. Es erschienen immer wieder welche in der Nähe, gafften und veränderten die bunt schimmernden Farben ihres Gefieders. Außerdem krächzten sie in einer Sprache, die Memor offenbar für unwichtig hielt – darauf wies sie mit einigen Gesten hin.
    Beth kam zu Tananareve, um mit ihr zu beobachten und den Verband zu wechseln. »Der Strauch dort drüben riecht wie gekochtes Fleisch«, sagte sie. »Seltsam.«
    Sie sahen sich um. Eine Art Ratte, aber groß wie ein Hund und mit breitem Kopf, gelangte bei ihrem Streifzug in ihre Nähe. Die Menschen schienen sie überhaupt nicht zu stören. Beth wies darauf hin, dass sich die hiesigen Tiere nicht vor Menschen fürchteten, weil sie nie Erfahrungen mit ihnen gesammelt hatten. Die Ratte nahm den Fleischgeruch des Strauchs wahr und hielt interessiert inne. Daraufhin öffneten sich plötzlich einige Fruchtkapseln der Pflanze, und speerförmige Samen flogen, bohrten sich in den Leib der Ratte. Sie quiekte und lief fort.
    »Ein Sieg für die Pflanzen«, sagte Beth. »Die Ratte trägt den Samen vermutlich bis zu ihrem Tod.«
    »Und anschließend wächst ein neuer Strauch aus dem Kadaver«, fügte Tananareve hinzu. »Ein schlauer Trick der Evolution.«
    Memor näherte sich schnaubend und knurrend, und fast wären die beiden Frauen vor dem riesigen Geschöpf zurückgewichen. Es sprach, und Tananareve übersetzte: »Ich habe wie ihr einen Fleisch-Zahn.«
    »Äh, sehr erfreut«, sagte Beth.
    »Wir versuchen, Essbares für euch zu finden«, übersetzte Tananareve erneut. Sie dankte Memor, und der Berg aus Fleisch und Federn verbeugte sich zur Seite hin, senkte dabei Arme und Kopf.
    Memor ging mit ihnen in der unangenehm niedrigen Schwerkraft spazieren, deutete dabei mit Kopf und Händen auf interessante Dinge. Für Tananareve fühlte sich die Bewegung gut an, und es half ihr auch, ihre Übersetzungsfähigkeiten zu verbessern. Sie kamen an Pflanzenkolonien vorbei, die offenbar ein Sozialleben entwickelt hatten und ihre Bedürfnisse durch den Austausch von Pollen mitteilten.
    Tananareve sammelte ihren ganzen Mut und fragte: »Wie … gelingt es Ihnen, dies alles … in Gang zu halten? Ihr … Weltschiff?«
    Memor blieb stehen und sah aus großen, ernst blickenden Augen auf sie herab. Sie sprach mit einer Mischung aus unterschiedlich hohen und tiefen Tönen, und Tananareve hörte aufmerksam zu, identifizierte vertraute Tonfolgen und übersetzte. »Schnell lernen, langsam erinnern. Die Schnellen und Kleinen lehren die Langsamen und Großen, indem sie Wandel bringen. Die Großen und Langsamen … ermahnen? … Zwang und Beständigkeit. Schnell bekommt Aufmerksamkeit; Langsam hat Macht. Ein stabiles System braucht zweimal … ich meine, beides. Es gibt eine große Regel: Stabilität ist alles.«
    Bei den letzten Worten klang die Stimme wie das Klappern von Steinen in einem Krug. Wie das Klappern von sehr großen Steinen in einem riesigen Krug.
    »Wie alt ist diese … Welt?«, fragte Beth.
    Tananareve übersetzte und erschauerte. »Wir haben nicht dieselben

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