Himmelskinder
Zeit garantiert ruhig.«
Meiners und König verstanden nichts, gingen aber ohne Weiteres mit. Vor dem Präsidium sagte Masur etwas von Vorsichtsmaßnahmen. Sie gingen über die Straße und bogen an der nächsten Ecke in die Schillingstraße ein. Ein paar Meter weiter lag das griechische Restaurant, in dem sie hin und wieder ihre Mittagspause verbrachten.
Alvermann informierte über die neuen Entwicklungen. Auf den Namen des Richters reagierten Meiners und König mit Skepsis. Meiners hielt es für möglich, dass der Junge sich irrte. Und Aussagen von Prostituierten, ob man sich darauf verlassen wolle? Immerhin ging es um einen Richter mit einwandfreiem Ruf.
Masur wies ihn auf die verschwundenen Akten hin und auf die Verlegung Nieheims. Ob das nicht für sich spreche?
»Die Akten hat Bulleken verschlampt oder du, das kommt doch nicht so selten vor, oder? Und die Verlegung von Nieheim – ja Himmel, ist das nicht ein wenig zu viel Verschwörungstheorie?«
König wandte sich an ihren Kollegen:
»Meiners, du denkst in Schablonen.«
Meiners hatte offenbar Probleme, das zu verdauen, und giftete zurück:
»Immerhin denke ich und bestehe nicht nur aus Gefühlsduseleien.«
»Deshalb sind wir in der Lage, gute Arbeit zu machen. Weil wir unterschiedlich denken und handeln«, beschied Alvermann mürrisch.
»Amen«, setzte Masur obendrauf und fuhr fort:
»Als das Himmelskind gefunden wurde, ging es mir wie Alvermann, die 99er-Sache geisterte mir sofort durch den Kopf. Und jetzt bin ich mir sicher, dass genau die Kamarilla von damals wieder aktiv ist. Ich weiß nicht, wo das Gesindel sich die letzten Jahre verkrochen hat, aber jetzt sind sie auf jeden Fall zurück, und es hat sich nichts geändert. Wir müssen diesmal auf Maßnahmen zurückgreifen, mit denen sie nicht rechnen, die auch nicht legal sind.«
Das war eine klare Aussage. Niemand sagte etwas dagegen. Sie nickten, und Masur sprach weiter:
»Akustische Wohnraumüberwachung und Peilsender ohne Rückendeckung. Wir sollten auch die van Laack nicht mit einbeziehen. Was machen wir, wenn sie dagegen ist? Dann werden wir trotzdem überwachen, und das ist richtig übel. Chef, was meinst du?«
Alvermann sah seine Kollegen an. Er hatte erst ihre Meinung hören und sie nicht beeinflussen wollen.
»Ich sehe keine andere Möglichkeit. Aber wer jetzt aussteigen will, kann das noch tun. Meiners?«
Der grinste in die Runde.
»Ohne mich läuft hier doch gar nichts, Jungs.«
Es war ihnen klar, dass sie ab jetzt neben ihrer Arbeit im Präsidium noch diese zweite, verdeckte Tätigkeit vorantreiben mussten, was mit erheblichem Organisationsaufwand und Mehrarbeit verbunden war. Und mit der Chance auf ein Disziplinarverfahren, wenn nicht mehr. Und es war ihnen auch klar, dass sie ohne richterliche Anordnung die Ergebnisse ihrer Überwachung vor Gericht nicht würden verwenden können. Gerichtsfeste Beweise sollten sich hoffentlich aus ihren eben gefassten Entscheidungen ergeben.
Alvermann wusste, wie dünn das Eis war, auf dem sie sich bewegen würden, und überlegte bis zuletzt, die Entscheidung zu widerrufen.
»Wie verständigen wir uns? Mit unseren Handys?«, fragte Meiners die Kollegen.
Masur nickte und überlegte einen Moment.
»Ja, stimmt. Die Telefone im Präsidium sind auch nicht sicher. Vielleicht übertreiben wir gerade, egal. Ich schlage vor, nur die wichtigsten Infos per Handy. Für Bartholdy gilt ab sofort der Deckname ›Winter‹. Falls das nicht reicht, können wir uns hier jederzeit treffen. Heute ist Freitag – wir sehen uns auf jeden Fall wieder am Montag um achtzehn Uhr, einverstanden?«
»Ich werde Probleme haben, meine Tagesmutter macht da nicht mit. Also muss ich mich ab und zu rausziehen.«
Alvermann beruhigte sie:
»Kein Problem, Johanna, sag vorher Bescheid, wenn es nicht geht. So, jetzt noch die Schichten für das Wochenende.«
»Ich beginne heute bis Samstag früh um acht«, kündigte Meiners an.
»Gut, dann komme ich bis Sonntagabend um zehn. Wir brauchen gute Kameras; besorge ich. Sobald wir ein Foto vorliegen haben, muss Frederik sich das angucken. Und Bulleken muss so schnell wie möglich in die Hütte von Bartho … Winter. Ich denke, er hat alles, was er für die Überwachung braucht«, teilte Masur mit.
Bulleken hatte sich zu BKA -Zeiten bestens ausrüsten können, behauptete er zumindest. Er musste über einen ungeheuren Fundus an technischem Gerät verfügen. Die Gruppe hatte bereits in einem äußerst schwierigen Fall von
Weitere Kostenlose Bücher