Himmelskrieg: Roman (German Edition)
spricht.«
Zhao ergriff das Wort. »Ich kann mir nicht vorstellen, wie es Menschen möglich gewesen sein soll, diese Reivers ›freigelassen‹ zu haben, egal, was sich hinter diesem Terminus verbirgt. Wir sind doch erst seit ein paar Tagen hier und mussten buchstäblich um unser Überleben kämpfen.«
»Und bevor der Hund in das Loch hineinfiel, waren wir in dem Habitat gefangen«, ergänzte Rachel.
Yvonne schüttelte den Kopf. »Unser Freund ist sich aber sehr sicher. Er sagt: ›Ihr habt den Reivers Zugang verschafft.‹ Und mit ›ihr‹ meint er mich und euch.«
»Na schön, dann haben wir unwissentlich Mist gebaut, obwohl ich nicht verstehe, welche Folgen das haben soll«, sagte Pav. »Ich möchte zu den anderen zurückgehen.«
»›Das geht nicht‹«, sagte Yvonne. »›Der Rückweg ist bereits infiziert. Die Reivers müssen eingedämmt werden, und sie dürfen keinen Zugang …‹« Sie zog die Stirn kraus. »In meinem Kopf sehe ich das Bild eines großen weißen Ballons. Das Ding wird ›Vesikel‹ genannt. Ah, ›sie dürfen keinen Zugang zu dem Vesikel bekommen.‹«
Zhao brauchte eine Weile, um Yvonne zu erklären, dass der Architekt von dem Transportmittel sprach, das die Leute aus Houston und Bangalore nach Keanu befördert hatte. »Warum wollen oder brauchen diese Reivers ein Vesikel?«
»Um dieses Schiff verlassen zu können?«, mutmaßte Rachel.
»›Es geht um eine Invasion und eine Infektion‹«, sagte Yvonne. »Ich sehe ein Bild von der Erde. Diese Reivers wollen Keanu übernehmen und dann ein Vesikel benutzen, um die Erde anzugreifen und sie sich untertan zu machen.«
»Aber wir wissen immer noch nicht, was diese Reivers überhaupt sind!«, sagte Pav. Er hatte Kopfschmerzen – vor Hunger, und weil er den ganzen Tag lang – ach was, die letzten vier Tage lang – nichts als Stress gehabt hatte. Nichts als weglaufen, herumgeschubst werden und beinahe sterben vor Angst.
Zhao wandte sich an Yvonne. »Was sehen Sie in Ihrem Kopf, wenn der Architekt das Wort ›Reivers‹ benutzt?«
»Na ja, zuerst sehe ich Käfer. Bösartige, schwarze Käfer, aber sie sind eckig … wie Legosteine. Dann setzen sie sich zusammen, sie assemblieren und verbinden sich zu …« Sie schloss kurz die Augen. »Scheiße, das erklärt natürlich alles. Die Reivers sind keine Käfer, sondern winzige, lebendige Maschinen. Sie dienen als Bausteine für alle möglichen Kreaturen, die komplexer und leistungsfähiger sind als diese kleinen Elemente. Einer dieser Kreaturen sind wir bereits begegnet. Dieser Long Legs, der ungefähr aussieht wie ein Ameisenbär, war ein Zusammenschluss von Reivers.«
»Woher stammen sie?«, fragte Zhao. »Sind sie hier an Ort und Stelle entstanden?«
»›Nein‹«, antwortete Yvonne. Der abwesende Ton, den sie anschlug, zeigte ihnen, dass der Architekt durch sie sprach. »›Sie wurden nicht … von draußen eingesammelt. Sie drangen von selbst hier ein. Sie … können in fast jeder Umgebung leben, unter hohen Druckverhältnissen, im Vakuum. Sie bedienten sich einer anderen Spezies, um hier hereinzukommen, indem sie sich in ihr versteckten.‹«
»Na schön«, sagte Zhao. »Jetzt haben wir eine ungefähre Ahnung von dem Problem. Wie können wir helfen? Dies hier ist das Kontrollzentrum, richtig? Du wolltest, dass wir hierher kommen, nicht wahr?«
»›Euch hierher zu bringen war logisch, ehe die Invasion und Infektion stattfand. Das System ist bereits korrumpiert und versagt. Es gibt nur eine einzige Spezies, die helfen könnte … die Skyphoi.‹«
»Wer sind diese Skyphoi? Yvonne, Sie waren doch auch in dem Museum …«
»Ja, wir haben die Skyphoi gesehen. Es sind die riesigen Gassäcke, die aussehen wie Quallen.«
»Und wo leben sie?«
»Im angrenzenden Habitat.«
»Dann nichts wie hin«, bestimmte Zhao. »Ist das Transportsystem noch sicher?«
»Kein System ist unbeschädigt«, sagte Yvonne. In ihrer normalen Stimme fuhr sie fort: »Ich empfange ganz klar die Botschaft, dass wir diesen Waggon benutzen werden.«
»Wir?«, fragte Pav.
Ehe Yvonne antworten konnte, setzte sich der riesige Architekt in Bewegung.
»Ja, wir alle. Und es geht sofort los.«
»Während wir unterwegs sind«, sagte Rachel, »könnte man da nicht unseren Leuten im Habitat Bescheid geben, dass wir am Leben sind und was wir gerade tun?«
3
GABRIEL
»Ich weiß einfach nicht, was wir mit ihr anfangen sollen«, sagte Harley Drake. Seine Stimme klang müde, und seine Augen waren vor
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