Himmelspfade - Engel weisen uns den Weg
Kaum hatte ich den kleinen Feldweg erreicht, spazierte der Engel Michael neben mir her. Er war so groß wie immer, hatte dieses Mal aber gewellte dunkle Haare, die er unordentlich nach hinten gebunden hatte. Er trug einen schweren Mantel und Gummistiefel, und man hätte ihn leicht für einen Bauern halten können, der auf den Feldern arbeitete. Ich freute mich, ihn zu sehen. Er nahm mich bei der Hand. Es fällt mir sehr schwer, zu beschreiben, wie es ist, wenn ein Engel einen bei der Hand nimmt, aber man verspürt eine unglaubliche innere Ruhe und tiefe Liebe. Ich wandte mich Michael zu und sah ihn an. »Ich wünschte, du könntest mich ewig an der Hand halten«, sagte ich.
Michael erwiderte nichts darauf. Stattdessen sagte er: »Ich glaube, es ist an der Zeit, dass du mit Megan nach Johnstown ziehst, Lorna.«
Überrascht sah ich ihn an. »Aber wir haben doch noch kein oberes Stockwerk und keine Fenster. Außerdem gibt es noch keinen Strom und nicht einmal eine Toilette. Wir müssen dazu auf die Felder gehen. Und es ist bitterkalt! Wie soll ich da mit einem kleinen Kind allein zurechtkommen?«
Michael strahlte mich an und sagte: »Ich möchte, dass du in ein paar Tagen mit dem Handwerker sprichst, Lorna. Bitte ihn darum, oben ein Zimmer für euch herzurichten. Er soll zusätzliche Bretter über die Balken legen, damit euch nichts passiert, und er soll provisorische Fenster einsetzen. Außerdem sollte er eine Tür einbauen, die ihr abschließen könnt. Ich fürchte, er wird noch keine Treppe anfertigen können, deshalb müsst ihr eine Leiter benutzen. Wenn du jeden Tag dort bist, wird es auch mit der Arbeit am Haus schneller vorangehen.«
Als wir auf einer Eisenbahnbrücke stehen blieben, brach gerade die Sonne durch die Wolken. Ich wandte mich Michael zu, der mich noch immer an der Hand hielt. »Ich habe Angst, Michael! Wir haben noch keinen Strom und kein Licht. Es steht auch kein anderes Haus an der kleinen Straße, deshalb gibt es noch nicht einmal eine Straßenbeleuchtung. In der Nacht ist es dort stockfinster.«
»Hab keine Angst, Lorna. Denke immer daran, dass die Engel bei dir sind. Wenn du Angst hast, ruf mich einfach. Dann werde ich sofort an deiner Seite sein. Aber jetzt wollen wir sehen, dass du nach Hause kommst, bevor es wieder anfängt zu regnen.«
Ich dachte über Michaels Worte nach. »Ich kann erst umziehen, wenn Ruth ihre Prüfungen hinter sich hat.«
»Mach dir keine Sorgen«, erwiderte Michael lächelnd. »Sie ist in ein paar Wochen fertig, und genauso lange wird Eddie auch für die anstehenden Arbeiten brauchen.«
Im Gehen erklärte er weiter, meine Freunde, die Brennans, hätten ein paar Dinge, die ich gut gebrauchen könne. Ich fragte ihn, worum es sich dabei handelte.
»Nun Lorna, zum Beispiel um ein Zelt und eine Luftmatratze«, antwortete Michael. »Du wirst in dem Raum im oberen Stockwerk in einem Zelt wohnen.«
Ich sah ihn völlig perplex an. »In einem Zelt?« In diesem Moment fing es heftig an zu regnen, und das Bauernhaus kam in Sicht. Da verschwand Michael wieder. Ich rannte den Weg hinauf und war froh, als ich das Haus erreichte und aus dem Regen und der Kälte herauskam. Christopher kochte Wasser auf unserem kleinen Campingkocher, und wir tranken eine Tasse Tee und aßen etwas Brot dazu.
Am Montagmorgen rief ich Eddie an und sagte ihm, was ich wollte. Ein paar Tage später trafen Megan und ich ihn in Johnstown. Dort besprachen wir die weitere Planung, um das Haus bewohnbar zu machen. Eddie war skeptisch. »Wollen Sie allen Ernstes einziehen, bevor das Haus fertig ist? Es gibt Ratten hier. Haben Sie keine Angst vor ihnen?« Ich wusste, dass es im Haus Ratten gab, denn ich hatte schon welche gesehen. Eines Tages saßen Christopher und ich auf einem Balken und aßen unsere Sandwiches, da kamen drei Ratten zu uns, stellten sich auf die Hinterbeine und wollten Futter! Der alte Mann, der in dem Haus gewohnt hatte, hatte die Ratten immer gefüttert. Er hatte sie wohl als Haustiere gehalten. Eddie bot mir an, sie zu vergiften, aber das wollte ich nicht. Ich sagte ihm, er solle einfach nur das obere Zimmer bewohnbar machen, ich würde die Ratten schon vertreiben und hoffen, dass die Botschaft ankam.
Als er uns an diesem Tag verließ, sagte Eddie: »Sie sind eine mutige Frau!«
Später trug ich Megan zum Auto, schnallte sie in ihrem Kindersitz fest und gab ihr ein Malbuch und ein paar Stifte. Ich sagte ihr, ich wolle nur noch einmal nachsehen, ob wir auch nichts im Haus vergessen
Weitere Kostenlose Bücher