Himmelssöhne - Das Erbe der Asaru (German Edition)
sich Pablo vom Tresen ab, ging die paar Schritte zurück zur Bank und setzte sich neben Grace.
„Grundsätzlich gibt es keine Probleme“, flüsterte er,
„wir dürfen mit einem Boot den Rio Dulce hinauffahren. Wird aber kein Kinderspiel, dieser Fluss ist unberechenbar. Da gibt es immer wieder seichte Passagen und an engen Stellen auch Stromschnellen. Wir brauchen dafür einen sehr erfahrenen Mann, der die Tücken dieses Flusses genau kennt.“
„Finden wir so einen?“
„Selbstverständlich, das ist kein Problem. Aber da gibt es noch etwas.“
„Und was? Gibt es denn Schwierigkeiten?“
„Tja, ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen das erklären soll. Sie bekommen natürlich diese Erlaubnis, das kann aber eine Weile dauern. Allerdings könnte man die Sache beschleunigen. Sie müssten …“
„Ich weiß!“, fiel ihm Grace ins Wort. „Ich könnte die Bearbeitungszeit mit einer finanziellen Zuwendung erheblich vorantreiben. Emilia hat mir genau erklärt, wie das hier funktioniert. Na gut, wenn es denn sein soll …!“
Sie standen auf und gingen zurück zum Tresen. Grace holte ihre Geldbörse aus der Tasche, während Pablo schon mal den Antrag zur Genehmigung ausfüllte. Sie rückte nahe an ihn heran.
„Wie viel soll ich ihm geben?“
„Ich würde mit 150 Peso anfangen.“
„150 Peso? Das sind 50 Dollar!“
Pablo schwieg, zuckte nur mit den Schultern.
Grace legte das Geld missmutig auf den Schreibtisch. Wie schon erwartet griff sich der Beamte die Scheine und steckte sie anstandslos ein. Dann nahm er den Antrag, las ihn durch und steckte ihn in die obere Hälfte des Stapels Akten, der rechts von ihm lag. Er hatte ihn absichtlich so platziert, dass noch eine kleine Ecke herauslugte. Ohne ein Wort zu verlieren, grinste er die beiden an und begann mit einer völlig anderen Schreibarbeit.
„Noch mal 100 Peso!“, sagte Pablo.
Grace schüttelte den Kopf, holte das Geld heraus und legte es abermals auf den Tisch. „Ganz schön gierig, der Kerl!“, hauchte sie Pablo ins Ohr.
Der Schein verschwand wieder in der Hemdtasche und der Antrag wanderte ein Stück aufwärts, allerdings lag noch ein kleiner Packen obenauf.
Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
Grace riss das Gesuch aus dem Stapel und knallte es auf den Schreibtisch. Lose Blätter flatterten durchs Büro. Der grimmige Gesichtsausdruck verriet ihren Zorn. Dann griff sie in ihre Geldbörse, nahm ein Bündel Scheine heraus und pfefferte es wütend obendrauf. Jetzt setzte sie alles auf eine Karte. Ihr stechender Blick traf den verdutzten Beamten wie ein Blitz. Er saß da, regungslos, völlig überrumpelt.
Grace beugte sich weit über den Tresen und brüllte ihm ins Gesicht: „So, mein Lieber! Das mit dem Boot können Sie vergessen! Ich habe meine Pläne geändert, wir möchten mit einem Flugzeug zu unserem Ziel! Es gibt auch Wasserflugzeuge! Also?“
Mit so viel Kühnheit hatte der Beamte nicht gerechnet, starrte zuerst Grace, dann Pablo an. Er nahm den Antrag zur Hand, ersetzte das Wort Wasserfahrzeug durch Wasserflugzeug , stempelte ihn ab und setzte seine Unterschrift darunter. Dann hielt er Grace das Dokument entgegen. Diese schnappte begierig danach, faltete es zusammen und steckte es in ihre Tasche.
„Einen schönen Tag wünsche ich Ihnen noch!“, raunte sie, wandte sich ab und stürmte auf den Ausgang zu. Dabei warf sie ihren Freunden einen grimmigen Blick zu. „Los, gehen wir!“
Jack und Willy sahen sich kurz an, erhoben sich und eilten ihr nach, Pablo völlig verblüfft hinter ihnen her.
Vor dem Gebäude blieb Grace stehen, lehnte sich rücklings an die Eingangstür, streckte den Kopf nach oben und atmete tief durch.
Pablo sah zu ihr auf. „Dem haben Sies aber gezeigt, alle Achtung! Sie haben vielleicht ein Temperament! Der kann sich jetzt wahrscheinlich gar nicht entscheiden, ob er das Geld tatsächlich einstecken soll. Wie viel war das eigentlich?“
„Keine Ahnung, ist mir auch völlig egal! Ganz ehrlich! Das dürften so um die 500 Peso gewesen sein. Ich habs da drin einfach nicht mehr ausgehalten, dieser schmierige Typ hätte mich fast zur Weißglut gebracht. Aber Hauptsache, wir haben jetzt diesen Wisch.“
„Tja, unsere Grace soll man besser nicht ärgern!“, sagte Jack. „Das mit dem Flugzeug war übrigens eine geniale Idee, erspart uns eine Menge Zeit.“
Willy setzte seine Sonnenbrille auf. „Sie wissen doch sicher, wo man hier Flugzeuge chartern kann?“, fragte er
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