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Himmelssucher - Roman

Himmelssucher - Roman

Titel: Himmelssucher - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: carl's books Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Also bat sie Mutter darum.
    Mutter rief die Chathas an und hinterließ eine entsprechende Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Aber Najat rief nicht zurück. Einen Tag darauf brachte Mina die Angelegenheit gegenüber Najat zur Sprache, was für diese die Gelegenheit war, ein Zeichen zu setzen: Ungläubige wie die Buledis hätten bei der Hochzeit nichts verloren (es war schon schlimm genug, dass Naveed anwesend sein würde), und wenn Minas »Freundin« – damit meinte sie Mutter – es nicht gefiel, würde »niemand sie zum Kommen zwingen«. Mina war entsetzt. Es kostete sie ihre ganze Willenskraft, Najat nicht offen ihre Meinung zu sagen.
    Auch Mutter war aufrichtig entsetzt, als sie erfuhr, was Najat gesagt hatte. Trotzdem riet sie Mina weiterhin, den Mund zu halten. Es wäre zwecklos, wiederholte sie, Schlachten zu schlagen, die man nur verlieren konnte. Daher und um das, was sie so eifrig predigte, auch in die Tat umzusetzen, beschloss Mutter, an Thanksgiving zu Hause zu bleiben und nicht zum Fest bei den Chathas zu gehen – der für den ganzen Tag angesetzten Feier, bei der Mina und ihre Mutter die Kleider und den Schmuck anprobieren konnten, die Najat für die Nikah hatte anfertigen lassen. Minas Hände würden mit Mustern aus Henna versehen, und die Alis sollten zum ersten Mal den weitverzweigten Chatha-Clan kennenlernen, der von außerhalb für die Zeremonie angereist kam. Mina wollte nicht, dass Mutter zu Hause blieb, aber Mutter hatte es für sich so entschieden.
    »Es wird das Beste sein«, beteuerte sie. »Es geht mir gut damit.«
    Beim Frühstück an Thanksgiving aber ging es Mutter gar nicht gut. Sie sah völlig abgekämpft aus. Und während wir uns alle an Rabias wunderbaren und unnachahmlichen Parathas gütlich taten – die von Mutter waren gut, aber Rabias waren einfach sagenhaft –, kam Mina abermals auf das Thema zu sprechen.
    »Überleg es dir noch mal, Bhaj . Ich weiß, wie gern du dabei sein würdest. Ich hätte dich auch gern dabei. Solange keiner mit irgendwelchen Diskussionen anfängt – und du musst dir noch nicht mal wegen Sunil Sorgen machen. Er wird nicht da sein. Er ist mit Ghaleb im Hotel, um sich noch um ein paar Dinge zu kümmern …«
    »Warum nicht, Muneer?«, sagte Rabia, als sie mit einem neuen Teller dampfenden, gebutterten Brots vom Herd zurückkehrte. »Es wäre nur recht so. Du solltest dabei sein.«
    »Meiner Meinung nach ist das keine gute Idee«, verkündete Rafiq, griff über den Tisch und nahm sich ein frisches Paratha. »Überhaupt keine gute Idee.«
    »Warum nicht?«, fragte Mina.
    »Ja. Warum nicht?«, schloss sich Rabia an.
    »Er hat recht«, murmelte Mutter, bevor Rafiq etwas darauf erwidern konnte.
    Rafiq wandte sich an Mutter. » Bethi «, begann er mit sanfter Stimme. »Ich weiß, wie sehr es dich quält. Es quält mich auch. Meine eigenen Söhne sind nicht hier. Wie, glaubst du, geht es mir damit? Aber so ist es nun mal im Leben. Solche Dinge geschehen eben. Dabei ist es aber nicht unbedingt so wichtig, was das für Dinge sind, sondern wie wir mit ihnen umgehen.« Freundlich betrachtete er Mutter. »Du weißt, Rabia und ich lieben dich wie unsere eigene Tochter. Du bist mir wie eine eigene Tochter. Du gehörst zur Familie. Das weißt du.« Mutter bekam feuchte Augen. »Ich muss dir nicht sagen, wie kompliziert diese Dinge sind. Das weißt du aus eigener Erfahrung. Tun wir also, was am besten ist. Sorgen wir dafür, dass unser liebes Kind endlich zur Ruhe kommt und glücklich ist. Und wenn wir das erreicht haben, wenden wir uns diesen anderen Dingen zu. Nicht wahr?«
    Mutter nickte und hatte immer noch mit ihrer Rührseligkeit zu kämpfen. Mina ihr gegenüber am Tisch weinte. » Bhaj «, entfuhr es ihr, sie streckte die Arme aus und drückte Mutters Hände.
    Als sie sich in die Augen sahen, war bei Mutter kein Halten mehr.
    »Meine Damen, bitte«, sagte Rafiq. »Wir sollten feiern und lachen, aber nicht weinen.«
    Sein Kommentar verhallte ungehört, da nun auch seine Frau in Tränen ausbrach.
    Mina stand auf und umarmte Mutter. Rabia tat das Gleiche. Und in der Umarmung der beiden Frauen ließ Mutter nun ihrem ganzen Kummer freien Lauf, sie schluchzte und heulte und wehklagte.
    Imran, aufgeschreckt, fing ebenfalls zu weinen an. Rafiq tröstete daraufhin seinen Enkelsohn. »Deine Tante Muneer ist doch nur ein bisschen traurig«, sagte er und klang dabei, als hätte er selbst einen Kloß im Hals.
    Ich sah mir das alles an und war dabei der Einzige im ganzen Haus,

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