Himmelssucher - Roman
Tages!«, rief Mirza aus. »Bereit für das große Ereignis?«
»Jetzt schon«, scherzte Sunil und hielt eine Zigarette hoch. »Naveed? Auch eine gefääällig?«
Vater schüttelte den Kopf.
Sunil nickte und zündete sich die Zigarette an. »Naveed Shah, Mirza Hassan.«
»Wir haben uns schon vorgestellt«, sagte Mirza.
Sunil sah zur Rezeption und stieß Rauch aus. Imam Souhef und Ghaleb Chatha standen dort und sahen zu uns herüber. Souhefs beachtliche Leibesfülle war in eine prächtige Galabiya gehüllt, Chatha trug eine maßgeschneiderte Nehru-Jacke.
Sunil hob den Finger, um anzuzeigen, dass er gleich zu ihnen kommen würde. »Alsooo … die jungen Gelehrten haben sich schon keeennengelernt?«, sagte er und sah zu Farhaz und mir.
Farhaz starrte ihn nur verständnislos an.
Unter den Rauchwölkchen, die er ausatmete, erklärte Sunil: »Ich habe dir doch von Hayat erzählt, Behta . Er studiert, um wie du zu einem Haaafiz zu werden.«
Ich konnte spüren, wie es Vater riss. Verstohlen sah ich zu ihm. Er betrachtete Sunil mit unverhohlener Verachtung.
»Bessere Muslime, als wir jemals sein werden«, scherzte Mirza.
»Falsch«, sagte Vater plötzlich. »Der Junge hat seine Studien aufgegeben.« Er drehte sich zu mir hin. Ich zuckte zusammen, als rechnete ich mit einem Schlag von ihm. Sunil blieb das nicht verborgen.
»In der Tat, bessere Muslime, als wir jemals sein werden«, sagte Sunil leise und sah Vater dabei fest in die Augen. »Sie warten auf mich«, sagte er schließlich und blies Rauch aus. »Wir müssen noch das Zimmer für die Nikah herrichten.«
»Ah! Viel Glück!«, sagte Mirza ganz aufgeregt.
»Wenn wir uns das nächste Mal sehen, werde ich verheeeeiratet sein«, sagte Sunil, drehte sich um und ging an die Rezeption zu Ghaleb und Souhef.
»Es wird einem ganz warm ums Herz, wenn man nur daran denkt, dass so was überhaupt möglich ist«, sagte Mirza, während er Sunil nachblickte. »Ein Wunder, nach allem, was er durchgemacht hat … einfach ein Wunder. Mashallah! Mashallah! «
Vater konnte nur mit Mühe an sich halten. Er wandte den Blick ab.
»Und in welcher Beziehung stehen Sie zur Familie?«, fragte Mirza.
Vater machte keinerlei Anstalten, seinen Widerwillen zu verbergen. »Freunde der Braut.«
»Verstehe.« Ich konnte nicht sagen, ob Mirza beflissentlich bemüht war, Vaters Verhalten auszublenden, oder ob er es gar nicht bemerkte. Aber so oder so, er schien ein freundlicher Mensch zu sein. »Ist das nicht eine wunderbare Geschichte! Nach allem, was sie durchgemacht hat. Und der Junge hat jetzt einen tollen Vater!«
Vater zuckte nur mit den Achseln und grunzte Unverständliches.
»Entschuldigen Sie, meine Herren«, hörten wir von einem jungen blonden Mann in Smoking und weißen Handschuhen. »Wir erwarten eine ganze Menge von euch Leuten, wir hätten es gern, wenn die Lobby frei bleibt. Zum Empfangssaal geht es hier entlang.«
Vater rührte sich nicht, sondern starrte dem jungen Mann nur in die Augen. »Eine ganze Menge von uns Leuten ?Was wollen Sie damit sagen, wenn Sie die Frage erlauben?«
»Sir, verbessern Sie mich, wenn ich mich irre … aber Sie gehören zur Chatha-Ali-Hochzeitsgesellschaft, oder?«
»Das stimmt.«
»Zum Empfangssaal geht es hier entlang, Sir«, sagte der junge Mann nur. Der Trotz in seiner Stimme war nicht zu überhören. »Erlauben Sie mir, Ihnen den Weg zu zeigen.«
»Nur zu, junger Mann«, schaltete sich Mirza fröhlich dazwischen und trat vor, um sich zwischen Vater und dem Hotelangestellten im Smoking zu schieben.
»Können Sie Hayat mitnehmen?«, fragte Vater Mirza. »Ich muss nach draußen.«
»Kein Problem, Doktor- Sahib .«
»Wenn deine Mutter fragt, wo ich stecke«, sagte Vater zu mir, »dann sag ihr, dass ich ein paar Telefonate führen muss.«
»Okay«, antwortete ich.
Ich sah zu Farhaz. Er starrte mich an. Ich versuchte, genauso zurückzustarren, aber es gelang mir nicht.
»Los, gehen wir, Jungs«, sagte Mirza und klopfte mir auf die Schulter.
Der Kronleuchter-Ballsaal des Atwater Hotel war ziemlich beeindruckend. Betrat man den Raum durch die sechs Meter hohen Mahagoni-Doppeltüren, hing er einem direkt vor der Nase: der riesige Kronleuchter, der wie ein sonnendurchfluteter Diamant funkelte und den Saal mit seinem Licht erfüllte.
Wie die Türen und der Großteil der Schnitzereien im Hotel bestanden die Wandpaneele im Raum aus dunklem Mahagoni, der Boden war ein helleres Ulmenparkett. Zwei Reihen mit jeweils einem Dutzend Tische
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