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Himmelssucher - Roman

Himmelssucher - Roman

Titel: Himmelssucher - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: carl's books Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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…«, sagte Souhef zum dritten Mal und fuhr mit seiner Ansprache fort, »fallen die Sünden des Paares durch den Zwischenraum zwischen ihren Fingern. Die Liebe zwischen Ehemann und Ehefrau ist eine große Läuterung.«
    Mutter sah mich, als ich mich ihrem Tisch näherte. Souhefs Rede schenkte sie nicht die geringste Beachtung. »Wo ist dein Vater?«, fragte sie.
    »Ich weiß es nicht. Ich habe überall gesucht.«
    »Der Mistkerl«, murmelte sie. »Dieser Mistkerl … Gut. Setz dich zu deinen Onkel Rafiq«, sagte sie und scheuchte mich fort.
    Souhef auf dem Podium sprach weiter: »Unser Prophet, Friede sei mit ihm, sagte einst, kommt ein Mann mit Freude nach Hause, nimmt Allah seine Glückseligkeit zum Anlass, einen Engel zu erschaffen, welcher bis zum Tag des Gerichts zugunsten des Mannes Gebete der Vergebung sprechen wird. Das ist die Wahrheit, Brüder! Mögen wir unsere Frauen lieben. Und möge Liebe sein zwischen unserer glücklichen Braut und ihrem Bräutigam.«
    Es gab herzlichen Applaus.
    Auf dem Weg zurück zur Männerseite bemerkte ich, dass Sunil mich beobachtete. Er beugte sich zu Souhef und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Daraufhin sah auch Souhef zu mir. Erneut trat er auf dem Podium nach vorn.
    »Bruder Sunil hat mich daran erinnert, dass wir heute mit der Anwesenheit zweier sehr besonderer junger Männer beehrt werden: Farhaz Hassan und Hayat Shah.«
    Als ich meinen Namen hörte, blieb ich stehen.
    »Beide sind sehr pflichtbewusste junge Muslime, und ich denke mir, wir sollten ihre Hingabe an unseren Din ehren, indem wir sie kurz auf die Bühne bitten. Farhaz? Hayat?«
    »Du auch, Hayat«, ermutigte mich Souhef und winkte mich zu sich heran. »Komm schon.«
    Ich folgte Farhaz und stolperte hinter ihm die Stufen zum Podium hinauf. Ich sah zu Mutter, die in die Ferne starrte und vor sich hin murmelte, dann zu Mina. Mit unbewegtem Gesichtsausdruck sah sie mich an. Ich lächelte ihr zu, aber ihre Miene änderte sich keinen Deut.
    Farhaz stellte sich neben Souhef, und ich stellte mich neben Farhaz. »Diese beiden jungen Männer sind wahrhaftig besser als wir. Farhaz ist erst fünfzehn Jahre alt, trotzdem ist er schon ein richtiger Hafiz. Und Hayat … Wie alt bist du, Hayat?«
    »Zwölf«, sagte ich mit zittriger Stimme.
    »Zwölf. Und wie weit bist du im heiligen Koran?«
    »Elf Dschuz.«
    »Mashallah« , erwiderte Souhef.
    Donnernder Applaus erschallte.
    »In der Nikah Chutbah findet sich eine Passage aus der Sure An-Nisa, und unser Bräutigam hatte den wunderbaren Vorschlag, dass unsere jungen Männer uns ein wenig daraus vortragen könnten. Wie klingt das, Jungs?«
    »Wunderbar«, erwiderte Farhaz mit einem Achselzucken.
    Nervös wandte ich mich an Farhaz. »An-Nisa? Welche ist das?«
    »Fängt am Ende der vierten Dschuz an.«
    Ich kannte die offizielle Einteilung der einzelnen Dschuz nicht. Um meine Fortschritte einzuschätzen, hatte ich ein eigenes System entwickelt, um die Zahl der von mir auswendig gelernten Seiten durch dreißig zu teilen.
    »Wie lautet die Nummer der Sure?«, flüsterte ich.
    Farhaz sah mich genervt an. »Es ist die vierte. Kennst du sie oder kennst du sie nicht?«
    Ich nickte erleichtert. Ich kannte sie. Aber nur nach ihrem übersetzten Titel: »Die Frauen«.
    Souhef reichte Farhaz das Mikrofon. Er räusperte sich und schloss die Augen. Und nach einem kurzem Schweigen brachte er das Mikro an die Lippen:
    Ya ’ayyuha an-nasu attaqu rabbakuma al-ladhi
khalaqakum …
    Ich war wie vom Donner gerührt. Ich hatte keine Ahnung, dass er den Koran auf Arabisch konnte. Die Laute – der Rhythmus der Sätze, die langen Vokale, die abrupten Pausen und verschluckten Konsonanten – kamen mit gebieterischer Wucht aus den Lautsprechern.
    … min nafsin wa idatin wa khalaqa minh zawjah wa baththa minhum rijl an kathr an wa nis’an wa attaq …
    Ich schrumpfte immer weiter in mich zusammen. Du hast dich in ihm getäuscht , dachte ich, während ich ihm ehrfürchtig zuhörte. Das ist besser als dein lächerlicher Traum mit dem Propheten. Ich sah zu Imam Souhef. Er lächelte. Sunil hinter ihm strahlte vor Stolz. Auch Mina sah zu, aber mit unbestimmter Miene. Farhaz hielt inne. Ich sah weg, und mein Blick schweifte zum Eingang.
    Und dort, gegen die Doppeltür gelehnt, stand Vater. Er hatte die Arme verschränkt und starrte mich unumwunden an.
    Souhef trat vor und nahm Farhaz das Mikrofon ab. »Wunderbar«, sagte er. Lauter Applaus folgte. Farhaz strahlte.
    Souhef wandte sich nun an mich. »Hayat?

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