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Himmelssucher - Roman

Himmelssucher - Roman

Titel: Himmelssucher - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: carl's books Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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überbrücken. Bald darauf spürte ich seine Tränen an meinem Hals.
    »Siehst du es nicht?«, weinte er. »Siehst du es nicht? Siehst du es nicht?«
    Ich antwortete nicht darauf, sondern hielt ihn nur fest. Mehr schien er nicht zu brauchen.
    Mina und Sunil erschienen am Morgen nach der Hochzeit, um die Sachen in ihrem Zimmer für die Möbelleute zusammenzupacken. Sie wirkte unglücklich. Ein eng anliegender Hidschab umrahmte ihr Gesicht, sie hatte den Blick gesenkt, als wollte sie nichts sehen und nicht gesehen werden. Wir tranken alle zusammen Tee, daraufhin verschwanden Sunil und Mina im Zimmer oben und verschlossen hinter sich die Tür.
    Auch Rabia und Rafiq packten in meinem Zimmer ihre Sachen. Sie wollten für die Dauer ihres restlichen Amerikaaufenthalts bei ihrer Tochter und ihrem neuen Schwiegersohn im Haus der Chathas wohnen. Ich ging mit Imran ins Fernsehzimmer. Wir saßen auf der Couch, Imran kuschelte sich an mich, während wir uns Familie Feuerstein und Scooby - Doo ansahen. Irgendwann kam Mina herein.
    »Imran, gefällt es dir bei deinem großen Bhaiya ?«
    Imran nickte eifrig, drückte sich an mich und umarmte mich.
    Ich hielt ihn ganz fest. Dann fing ich an zu weinen.
    »Warum weinst du, Bhai-Jaan ?«, fragte er.
    »Ich war dir kein besonders guter großer Bruder«, sagte ich.
    »Doch, das bist du. Du bist mein großer Bruder«, sagte er fröhlich und drückte sich noch fester an mich.
    Mina umarmte mich. »Schon gut, Hayat. Wir machen alle Fehler.«
    »Ich will nicht, dass du gehst«, flehte ich.
    »Ich weiß, Behta «, sagte sie leise. »Sei gut zu deiner Mutter«, flüsterte sie mir zu. »Du bist alles, was sie hat. Kümmere dich um sie.«
    »Okay«, sagte ich unter Tränen. Lange hielten wir uns daraufhin fest.
    Dann ließ sie los, auch ihre Augen schimmerten feucht. »Ich war gestern so stolz auf dich.«
    »Weswegen?«
    »Wegen deines Vortrags.«
    Ich sah weg. Mina nahm mich am Kinn und drehte mein Gesicht zu ihr.
    »Was ist, Behta ?«
    »Warum hast du mir nicht gesagt, dass ich ihn auf Arabisch lernen muss?«
    Sie war verwirrt. »Aber das musst du doch nicht …«
    »Das hat der Imam gesagt.«
    Mina schüttelte den Kopf. »Was habe ich dir immer gesagt? Die innere Einstellung . Auf die kommt es Allah an. Nicht auf die Sprache, die du sprichst.«
    »Aber der Imam sagt, wenn ich ihn nicht auf Arabisch kann, bin ich kein Hafiz.«
    Sie lächelte. »Es ist nicht wichtig, ob du ein Hafiz bist. Wichtig ist, wie wahrhaftig du glaubst. Nicht, welchen Namen du dem gibst.«
    Ich wusste nicht, was ich damit anfangen sollte. Schließlich hatte sie mir gesagt, dass es nichts Größeres gebe, als ein Hafiz zu werden. Bestürzt sah ich weg.
    Erneut drehte sie meinen Kopf zu sich. »Komm, verabschiede dich von deinem Onkel«, sagte sie mit einem Lächeln.
    Mina führte Imran und mich ins Wohnzimmer, wo Rafiq und Rabia sich von meinen Eltern verabschiedeten. Imran sprang Vater in die Arme. Sunil lächelte, als er mich sah. »Ich bin stolz auf dich, Beehhta . Mach weiter so.«
    Mina ging zu Mutter, und als sie sich umarmten, herrschte mit einem Mal zähes Schweigen im Raum. Wir standen um sie herum, während sie sich in den Armen lagen und schnieften und sich gegenseitig flüsternd um Verzeihung baten. Sie mussten sich gut ein Dutzend Mal geküsst haben. Rabia war tief bewegt. Genau wie Vater.
    Sunil wirkte ungehalten.
    »Kommt schon, Mädels. Wird nicht das letzte Mal sein, dass ihr euch seht«, sagte Rafiq, nachdem er einen Blick mit Sunil getauscht hatte. »Gehen wir.«
    »Lass sie, Rafiq«, blaffte Rabia.
    Rafiq wandte sich an mich. »Okay, Behta !«, sagte er und streckte mir die Hand hin. »Du bist ein vernünftiger junger Mann. Ich freue mich schon darauf, von dir mal Großes zu hören.«
    Ich war mir nicht ganz sicher, wovon er sprach. »Gut«, sagte ich und schüttelte ihm die Hand.
    Endlich ließen Mina und Mutter einander los, und Mina wandte sich an Vater – der immer noch Imran auf dem Arm hatte –, um sich von ihm zu verabschieden. Sie wagte es nicht, Vater zu berühren; nicht in Sunils Gegenwart. Sie legte die Hand ans Herz und beugte leicht den Kopf.
    »Danke für alles, Naveed- Bhai .«
    Sunil trat vor und streckte die Arme nach Imran aus. Während der Übergabe schmatzte Imran Vater einen Kuss auf die Wange. »Ich hab dich lieb, Onkel«, sagte er. Die Frauen hätten fast wieder zu weinen begonnen, als sie das hörten. Mutter biss sich auf die Lippen. Mit dem Jungen auf dem Arm trat Sunil vor

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