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Himmelstal

Himmelstal

Titel: Himmelstal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Hermanson
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Jacke.
    Daniel betrachtete ihn verblüfft. Er hatte kein Auto kommen gehört. Wie war Karl Fischer hierhergekommen? Der Kleidung nach zu schließen, war er zu Fuß gekommen. Er hatte sogar einen Wanderstock in der Hand, sah Daniel jetzt.
    »Habe ich Ihre Nummer angerufen?«, fragte er zutiefst verwirrt.
    »Ja, sicher, was willst du von mir? Es ist eine Weile her, dass wir uns gesprochen haben, aber ich war sehr beschäftigt mit einer Gruppe von Gastforschern. Nun, jetzt treffen wir uns jedenfalls.« Doktor Fischer kam mit raschen Schritten und schwingendem Wanderstab näher. »Was treibt dich in diesen Teil des Tals? Hast du vielleicht Adrian besucht? Ich wollte selbst bei ihm hereinschauen. Nun, was hast du auf dem Herzen, mein Freund?«
    »Da hängt etwas … ich meine jemand hängt da oben«, sagte Daniel mit undeutlicher Stimme und zeigte in die Baumkrone.
    »Wirklich?«
    Karl Fischer hielt die Hand über die Augen und spähte in den Baum.
    »Nein so was aber auch! Ist das nicht Mattias Block?«, rief er aus, in einem Ton, als hätte er einen alten Studienfreund auf der Straße getroffen. »Endlich haben wir ihn gefunden!«
     
    Als Daniel zusammen mit Doktor Fischer wieder zu Kellers Haus kam, standen Kowalski und Sørensen neben dem Auto, im Begriff, wegzufahren. Keller war im Gehege
und war mit den Falken beschäftigt. Daniel verspürte einen leichten Schwindel. Der Anblick des Toten hatte ihn schockiert, aber gleichzeitig war er erleichtert, dass es nicht sein Bruder war.
    »Guten Morgen, meine Herren«, sagte Karl Fischer. »Unser Freund hier hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass einer unserer Bewohner sich ganz in der Nähe befindet. Er scheint das Pech gehabt zu haben, in eine deiner Fallen getreten zu sein, Adrian. Es muss eine Weile her sein. Hast du nichts gemerkt?«
    Adrian Keller beschäftigte sich weiter mit den Falken und gab keine Antwort.
    »Wir müssen den Armen natürlich herunterholen. Ich werde ein paar Wachen herschicken. Ja. Das war es dann wohl.«
    Er wandte sich an Kowalski und Sørensen.
    »Hätten die Herren vielleicht die Freundlichkeit, mich und Max ins Dorf zurückzufahren?«
    Der schwarze Mercedes rollte langsam die kurvige Straße ins Tal hinunter. Sørensen saß am Steuer, Karl Fischer neben ihm. Daniel und Kowalski saßen auf der Rückbank. Kowalski verströmte den durchdringenden Duft eines Rasierwassers, würzig und blumig, fast feminin. Daniel schielte zu ihm hinüber. Kowalski schaute mit unbewegtem Gesicht geradeaus, die Hände über einer flachen Mappe gefaltet, die, wie Daniel vermutete, die Tütchen mit dem Kokain enthielt.
    »Ist das nicht merkwürdig«, rief Karl Fischer begeistert. Er hatte sich nicht angeschnallt und drehte sich zur Rückbank um. »Wir sind so festgelegt in unserem Sehen. Wo hat man nicht gesucht! Überall im Tal. Aber nach oben zu schauen, auf den Gedanken kommt man nicht, oder?«

 
    46  Das Mädchen in der Rezeption lächelte Daniel an.
    »Womit kann ich dienen?«
    Es war die Hostess mit der schwarzen Brille, die Dienst an der Rezeption hatte, als Max verschwand.
    »Die Morgenpatrouille hat mich wissen lassen, dass gestern mein Bruder zurückgekommen ist. Er hat hier in der Rezeption nach mir gefragt. Hast du ihn begrüßt?«
    »Nein, Sofie hatte gestern Dienst. Aber es gibt irgendwo eine Nachricht.«
    Daniel wartete gespannt, während sie hinter dem Tresen nach etwas suchte.
    »Hier. Genau.«
    Sie hatte einen Zettel gefunden, der an eine Pinnwand gesteckt war. Sie schob die Brille zurecht und las laut:
    » Max Brants Bruder zu Besuch. Erreicht Max nicht. Max bitten, mit der Rezeption Kontakt aufzunehmen. Die Mitteilung ist nicht unterzeichnet. Aber Sofie muss sie geschrieben haben. Sie hat ab zwei Uhr Dienst. Komm dann wieder.«
     
    Gerade als Daniel das Hauptgebäude verließ, kam ein Patrouillenauto aufs Klinikgelände zugefahren. Es blieb vor dem Krankengebäude stehen, und noch ehe die Wachen die Türen öffnen konnten, war eine kleine Gruppe Bewohner herbeigeströmt. Kurz zuvor war der Park noch fast leer gewesen, und jetzt waren ungefähr fünfzehn Personen da und starrten auf die Türen des Transporters und die Bahre, die herausgeholt wurde.
    Er hatte es schon öfter gesehen. Wenn ein Verletzter oder Toter gebracht wurde, waren die ersten Zuschauer bereits da, und es wurden schnell mehr, angelockt wie die Fliegen von einem Duft. Und immer wusste einer,
was passiert war und wer der Verletzte oder Tote war, auch wenn der Körper, wie

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