Himmelstal
Welt.«
»Wenn Sie keinen Chip in meinem Gehirn finden, glauben Sie mir dann?«, fragte Daniel, während sie auf den Lift warteten.
Doktor Fischers Blick drückte verletzten Stolz aus.
»Ich beschäftige mich nicht mit Glauben, mein Freund, ich betreibe Wissenschaft. Wenn du keinen Chip hast, dann kannst du nicht die Person sein, die wir operiert haben, nicht wahr?«
Sie betraten den Lift. Doktor Fischer drückte auf den Knopf, und sie sausten in der durchsichtigen Röhre nach
unten. Auf der einen Seite glitten in raschem Tempo die Stockwerke vorbei, und auf der anderen tauchte schließlich der glänzende Steinboden der Eingangshalle auf. Daniel konnte die Wache sehen, die an einer Säule lehnte.
Aber statt anzuhalten, fuhr der Lift zu seinem großen Erstaunen noch weiter nach unten. Durch den Boden der Eingangshalle hindurch. Es war jetzt keine durchsichtige Glasröhre mehr, sondern ein dunkler Schacht, der Aufzugkorb wurde von einer kleinen Lampe erleuchtet, die er im hellen Licht der Eingangshalle nicht bemerkt hatte.
Etwas lief falsch hier. Die Röntgenabteilung war, soweit Daniel sich erinnerte, im Erdgeschoss. Da hätten sie aussteigen und dem langen Korridor ins Gebäude folgen müssen.
Er schaute Doktor Fischer erstaunt an, aber noch bevor er eine Frage formulieren konnte, blieb der Lift stehen.
Doktor Fischer hielt ihm die Tür auf.
50 Frisch gebohnerter Kunststoffboden glänzte im Licht der Neonröhren.
»Wir müssen ein Stück durch die Tunnelgänge gehen«, sagte Doktor Fischer und ging schnellen Schrittes voran durch den Gang, der sich bald teilte.
»Wohin gehen wir?«, fragte Daniel erstaunt.
»In mein Zimmer.«
»Waren wir nicht gerade in Ihrem Zimmer? In der Ärzteetage?«
Der Doktor schien es plötzlich ziemlich eilig zu haben, Daniel musste fast laufen, um mit ihm Schritt zu halten. Unter ihnen flatterten ihre Spiegelbilder wie verwischte Gespenster über den glatten Boden.
»Ich habe noch ein Zimmer. Wir nehmen eine Abkürzung. Jetzt sind wir unter dem Park. Hier rechts« – ohne stehen zu bleiben, deutete Fischer um die Ecke – »kommst du in die Bibliothek. Man kann alle Gebäude der Klinik durch das Tunnelsystem erreichen. Natürlich nur, wenn man die Türcodes kennt. Im Winter ist das sehr praktisch. Aber es dient vor allem unserer Sicherheit, wie du bestimmt verstehst.«
Das erklärte, warum man die Ärzte so selten im Freien sah.
Sie gingen weiter durch den Gang, der sich immer wieder teilte. Es gab Treppen und Stahltüren, die mit Buchstaben und Ziffern gekennzeichnet waren. Daniel vermutete, dass ein Gang auch zum Wohnareal der Ärzte führte. Nur einmal, an einem sonnigen Morgen, hatte er eine Gruppe Ärzte durch den Park zum Krankengebäude gehen sehen. Es war offensichtlich, dass sie sonst einen anderen Weg benutzten.
»So, hier wären wir«, sagte Doktor Fischer plötzlich
und drückte einen Code neben einer Stahltür. Dahinter war ein kleiner Raum, und dann kam eine weitere Tür, die Doktor Fischer mit einem normalen Schlüssel öffnete.
»Darf ich dir eine Tasse Tee anbieten?«, fragte er.
Viele kleine Lampen gingen gleichzeitig an verschiedenen Stellen im Zimmer an. Sie befanden sich in einem ziemlich großen Zimmer mit vielen Möbeln und orientalischen Teppichen. An den Wänden waren Bücherregale und Bilder, in einer Ecke stand ein schmales Bett mit einem roten Überwurf. Das Zimmer war so gemütlich und so angenehm beleuchtet, dass man fast vergaß, dass es fensterlos war und unterirdisch lag. Daniel ließ den Blick über den Sekretär mit Intarsien gleiten, über das ordentlich gemachte Bett und die Strickjacke mit Lederflicken am Ellbogen, die über einem Stuhl hing. Es gab keinen Zweifel: dies war das Zuhause von Karl Fischer.
Aber auch ein Arbeitszimmer. Ein großer Schreibtisch mit einem Computer stand in den Raum hinein, und das Regal daneben war voller Ordner und Zeitschriften. Das erklärte, warum das Zimmer des Doktors in der Ärzteetage so kahl und unpersönlich war: er benutzte es nur selten. Seine eigentliche Arbeit fand in dieser unter der Erde gelegenen Wohnung statt.
Der Doktor ging zum Schreibtisch und machte den Computer an. Während der hochfuhr, ging er in die kleine Küche. Daniel hörte Wasser laufen.
»Ich habe einen indischen Tee, den ich wirklich empfehlen kann«, rief Fischer. »Ich trinke immer Tee, wenn ich mich entspannen möchte. Nimmst du Milch in den Tee?«
»Nein danke.«
Der Wasserkocher rauschte, und Doktor
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