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Himmelstal

Himmelstal

Titel: Himmelstal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Hermanson
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glaubte er, im Haus eines älteren Kollegen zu sein, den er einmal in Brüssel besucht hatte. Als er kurz darauf auf die Buchrücken im Regal an der anderen Seite des Zimmers starrte, war er sich ganz sicher, dass sie seinem Großvater, dem Sprachprofessor, gehörten und dass er, wenn er das Zimmer verließ, auf den Götaväg in Uppsala treten würde.
    »Du siehst müde aus«, bemerkte Doktor Fischer. »Ich bin eine richtige Nachteule, und um diese Zeit bin ich immer am muntersten. Ich vergesse leicht, dass nicht alle so sind.«
    »Ich hätte nichts dagegen, in meine Hütte zurückzugehen. Was Sie erzählen, verwirrt mich, Herr Doktor. Ich muss das erst verdauen«, antwortete Daniel.
    Der Doktor nickte.
    »Das ist verständlich. Wir werden dieses Gespräch gleich beenden. Das auf deine Initiative zurückgeht. Nicht meine«, fügte er hinzu und zeigte lächelnd mit dem Finger auf Daniel.
    Dann bemerkte er, dass die Teetasse leer war, und stand auf.
    »Soll ich dir auch noch etwas Tee nachschenken?«
    »Nein danke.«
    Als Doktor Fischer in der Küche verschwunden war, ging Daniel mit raschen Schritten zur Tür. Er drückte die Klinke herunter, es war abgeschlossen. Doktor Fischer redete weiter aus der Küche:
    »Da Gisela Obermann sich um Max gekümmert hatte, musste sie sich natürlich auch um dich kümmern. Eine eigenartige Frau. Als sie mit ihren Dummheiten über multiple Persönlichkeiten ankam, musste ich natürlich übernehmen. Sie hatte dich irgendwie liebgewonnen und darüber den professionellen Auftrag vergessen.«
    Als Doktor Fischer wieder auftauchte, war Daniel gerade wieder zu seinem Stuhl zurückgekehrt.
    »Gisela ist viel zu schwach für die Arbeit in Himmelstal, und in letzter Zeit war sie ausgebrannt und nervös. Ich hätte sie schon vor langer Zeit nach Hause schicken sollen, aber sie hat ihr Leben nicht im Griff und weiß nicht, wohin. Ich hoffe wirklich, dass sie etwas findet«, sagte Doktor Fischer und setzte sich.
    »Und Max?«, fragte Daniel. »Wo ist der? Ist er hier im Tal?«
    »Hier?«
    Karl Fischer lachte laut auf.
    »O nein. Der kommt nicht freiwillig hierher zurück, da kannst du sicher sein. Ich habe keine Ahnung, wo er ist.«
    »Aber ich habe seine Stimme auf der Mailbox gehört«, wandte Daniel ein. »Und mit dem Handy kann man keine Gespräche von außerhalb empfangen. Er muss hier gewesen sein, wenn er mich anrufen konnte.«
    »Ich habe diese Mitteilungen aufgenommen, bevor er Himmelstal verließ. Und noch ein paar mehr, so dass ich immer die passende parat hatte. Max sagte, du würdest dein Handy nur hin und wieder anmachen, um Mitteilungen zu lesen und die Mailbox abzuhören.«
    Daniel starrte ihn fassungslos an.
    »Warum haben Sie das getan?«
    »Weil du, du musst schon entschuldigen, ein ziemlich langweiliges Studienobjekt warst. Abgesehen von dem Ausbruchversuch, mit dem ich natürlich gerechnet habe, hast du dich tadellos benommen. Du bist fast nie irgendwohin gegangen, du hattest nur mit deiner ›Grille‹ Umgang, wie unser phantasievoller Doktor Pierce sie nennt. Du wurdest nur einmal gewalttätig und auch nur, um einen wehrlosen, gefolterten Bewohner zu verteidigen, wodurch du dir bei den meisten meiner gutgläubigen Kollegen einen Heldenstatus erworben hast und die arme Gisela Obermann auf dumme Gedanken gebracht hast. Ich habe dich in die Krankenabteilung bringen lassen und ein paar Tests gemacht, alle sehr enttäuschend. Das MRT zeigte keinerlei Abweichungen der Hirnaktivität bei emotionaler Stimulierung. Dein Gehirn arbeitete überhaupt nicht wie ein Psychopathengehirn, das Emotionen verarbeitet, als seien es rationale Denkprozesse. Und auch mein Praxistest mit dem Brand widerlegte meine Theorie total.«
    »Test? Es war also nicht Markos Zigarette im Bett, die den Brand verursacht hat?«
    Karl Fischer machte eine Handbewegung.
    »Ich habe ein wenig nachgeholfen. Stärkere Schlaftabletten als sonst, eine Zigarette in seinem Bett, als er schlief. Eine Rauchmaschine aus dem Theater ließ das Ganze schlimmer aussehen, als es war. Du hast dich wie ein echter Pfadfinder benommen. Eine große Enttäuschung, wie gesagt. Ich habe dich also zu Keller kommen lassen, um zu sehen, ob dort etwas passiert. Bei Adrian Keller passiert eigentlich immer etwas.«
    »Waren Sie bei Keller?«
    Der Doktor nickte fröhlich.
    »Ja, natürlich. Kowalski und Sørensen haben mich hingefahren. Ich kenne die Herren gut. Sie unterstützen mich bei meinen Forschungen, und ich helfe ihnen bei anderen

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