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Himmelstal

Himmelstal

Titel: Himmelstal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Hermanson
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Daniel, aber er war sich nicht sicher, ob die Worte tatsächlich über seine Lippen kamen. Sein Bewusstsein kam
und ging wie der Strom in einem Gerät mit schwacher Batterie.
    Einen kurzen Moment lang hatte er ein überirdisches Erlebnis und sah den Transporter von oben, wie er auf seiner elliptischen Bahn durch das enge, winterliche Tal kreiste. Immer im Kreis, mit einem kurzen Stopp am Krankengebäude und wieder weiter im Kreis. Ein Karussell, das ihn in die Klinik zurückbrachte. Da fing alles wieder an. Es gab keinen Weg hinaus. Es gab vielleicht gar keine Welt außerhalb des Tals. Hatte nie eine gegeben.
    »Nur um die Wunde zu versorgen«, sagte Corinne und berührte vorsichtig seinen Kopf. »Ich komme mit dir. Mein Gott, bin ich glücklich, dich zu sehen. Wir haben wie die Wahnsinnigen nach dir gesucht. Die Wachen hätten dich nie gefunden, wenn sie nicht die rote Fahne im weißen Schnee gesehen hätten.«
    »Die Fahne?«, sagte Daniel erstaunt. »Ach, das war Toms Unterhemd mit meinem Blut. Er hat es an ein Stück Armierungseisen gebunden und durch eine Spalte gedrückt. Ich dachte, er ist verrückt.«
    »Natürlich ist er verrückt. Aber er hat dir das Leben gerettet«, sagte Corinne und rieb sich an seinem Hals wie eine Katze.

 
    59  In der Gästesuite des alten Hauptgebäudes lagen Daniel und Corinne zum ersten Mal zusammen in einem Doppelbett.
    »Bist du sicher, dass wir morgen abreisen können? Wir beide?«, sagte Daniel.
    Corinne lag an seiner Schulter. Vor den hohen Fenstern mit den Samtvorhängen fielen Schneeflocken so groß wie Daunen durch die Dunkelheit.
    »Niemand wird uns aufhalten«, sagte sie. »Sie haben kein Recht dazu. Doktor Pierce hat alle deine Angaben aus Schweden bekommen, und du sollst so schnell wie möglich hier raus. Hat er das bei eurem Gespräch nicht gesagt?«
    »Er sagte, sie würden einen Ermittlungsausschuss in Bezug auf Fischers Tätigkeit einsetzen und sie müssten später noch einmal mit mir reden. Aber dann sollen sie zu mir kommen«, sagte Daniel und schlug mit der Faust auf die Matratze. »Wenn ich aus Himmelstal draußen bin, werde ich nie wieder einen Fuß hierher setzen. Und ich will weg sein, bevor Max kommt.«
    »Das wirst du.«
    Sie strich mit der Hand über seine Wange und die Schläfe und über das Pflaster, das die Stiche auf seinem rasierten Kopf verbarg.
    »Ich freue mich so, hier wegzukommen«, flüsterte sie.
    »Ich verstehe nicht, wie du freiwillig hier bleiben konntest«, sagte Daniel. »Was hat dich gelockt?«
    »Die Spannung, glaube ich. Mein Vater war Bergsteiger. Es liegt im Blut.«
    »Und die Macht? Wie war es, das Gehirn eines anderen Menschen zu manipulieren?«
    »Das war … faszinierend«, sagte sie zögernd.
    »Das kann ich mir vorstellen. Einen bösen Menschen in einen guten zu verwandeln. Gott zu spielen.«
    »Ja. Ein bisschen so war es.«
    Sie kuschelte sich in seinen Arm, sie lagen schweigend nebeneinander und sahen zu, wie die Flocken fielen.
    »Wie gut kanntest du Mattias Block?«, fragte Daniel.
    Er spürte, dass etwas mit ihrem Körper passierte, als er den Namen aussprach.
    »Er war der Studienkollege, mit dem ich am liebsten zusammen war. Wir wurden Freunde«, sagte sie mit schwacher Stimme, als würde die Erinnerung sie quälen.
    »Nur Freunde?«
    Sie seufzte.
    »Du bist doch nicht eifersüchtig auf einen toten Mann? Wir waren ineinander verliebt. Aber Liebesbeziehungen zwischen Grillen waren streng verboten. Als wir ins Tal gelassen wurden, um unseren Auftrag zu erfüllen, hatten wir keinerlei Kontakt mehr. Ich kann es Doktor Pierce nicht verzeihen, dass er Mattias ein so gefährliches Objekt wie Adrian Keller zugeteilt hat. Er war die falsche Person dafür.«
    »Und Max? Hat er versucht, dich zu verführen?«
    »Natürlich.«
    »Aber du hast ihn mit dem Armband zurückgehalten?«
    »Ja. Wenn er zu nahe kam, dann … drück.«
    Sie streckte den Arm aus und drückte mit dem Zeigefinger der anderen Hand gegen das Handgelenk, als würde sie auf einen Knopf drücken. Aber das war nur Spaß, es gab kein Armband mehr.
    »Er selbst behauptete, es seien meine Sommersprossen. Wenn er sie sah, verging ihm die Lust.«
    »Das muss Spaß gemacht haben, so mit einem Mann zu spielen.«
    Corinne stützte sich auf den Ellbogen und küsste ihn leicht.
    »Das ist der Wunschtraum jeder Frau«, flüsterte sie und fuhr mit dem Finger über sein Kinn, den Hals und den Brustkorb. »Begehrt zu werden, aber anzuhalten, wann man will. Eine

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