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Himmelstal

Himmelstal

Titel: Himmelstal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Hermanson
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Gruppe von Abhängigen den zwei, drei Dealern ein luxuriöses Leben garantiert.«
    »Wer sind die Dealer? Der Typ in der Lederweste?«
    »Er ist nur ein kleiner Dealer. Aber im Westen des Tals liegen auf der rechten Seite ein paar wirklich schöne Häuser. Die Leute, die da wohnen, haben keine größeren Jobs. Die müssen andere Einkünfte haben.«
    »Wer wohnt denn dort?«
    »Kowalski wohnt in der Villa ganz oben am Hang. Sørensen wohnt ein Stück weiter unten.«
    Kowalski und Sørensen waren die Männer, die am Swimmingpool Karten spielten.
    »Aber wie bekommen sie das Zeug hier herein?«
    »Gute Frage. Alle, die ins Tal kommen, werden genauestens untersucht. Eigentlich dürfte es gar nicht möglich sein.«
    »Weiß die Klinikleitung, dass es hier Drogen gibt?«
    »Natürlich.«
    »Warum greifen sie nicht ein?«
    Corinne schaute ihn erstaunt an.
    »Um was zu tun? Die Polizei rufen? Die Schuldigen verurteilen lassen? Sie bestrafen? Sie sind bereits verurteilt und bestraft. Sie befinden sich jetzt jenseits von Gerichten und Gefängnissen. Es gibt keine Instanz mehr. Himmelstal ist die Endstation. Es bleibt nur noch, sachlich und wissenschaftlich zu untersuchen, was passiert.«
    »Man studiert also den Drogenhandel, aber man unterbindet ihn nicht?«, rief Daniel erregt aus.
    Corinne wickelte das letzte Stück der Baumwollbinde um ihre Hand und steckte sie fest.
    »Selbstverständlich will man die Drogen nicht haben. Aber nun sind sie da, und da muss man sie in die Forschungen integrieren. Wer wird Dealer, wer wird Zwischenhändler, wer kauft. Wer wird reich bei dem Geschäft und wer arm. Was für Zahlungsmittel gibt es: Geld, Waren, Dienste, Prostitution. Es gibt hier einen Soziologen, Brian Jenkins, der mit dem roten Bart, du weißt schon, der interessiert sich für solche Dinge.«
    »Welche Methoden verwendet er für seine Forschungen? Steht er daneben und macht sich Notizen, wenn sie ihre Geschäfte machen?«, fragte Daniel und begann wieder, in die Pedale zu treten.
    »Er bestellt alle Bewohner in sein Arbeitszimmer. Er redet mit dem Personal. Sammelt Informationen. Hier und dort. Manche Bewohner sind sehr mitteilsam, wenn sie glauben, dass ihnen das Vorteile bringt.«
    »Petzer?«
    »Ich glaube, man nennt sie Informanten.«
    »Was bringt es einem, wenn man Informationen liefert?«
    Corinne zog Boxhandschuhe an.
    »Man bekommt ein goldenes Sternchen im Buch. Es ist von Vorteil, beim Forscherteam beliebt zu sein.«
    »Aber von Kowalski und Sørensen bekommt man wohl kaum ein Goldsternchen?«
    »Man kann es eben nicht allen recht machen. Lass uns weitermachen, bevor uns kalt wird.«
    Corinne begann, mit leichten Schlägen einen Sandsack zu bearbeiten. Daniel schaute fasziniert zu. Sie wechselte von einem Fuß auf den anderen und erhöhte die Geschwindigkeit. Der Ball prallte rhythmisch gegen die Holzplatte, das Armband mit den bunten Steinen schlug an den Rand des Handschuhs.
    »Was ist denn mit dir? Hast du noch nie eine Frau boxen sehen?«
    »Aber keine trug dabei ein Armband.«
    Sie boxte weiter. Daniel kämpfte immer noch auf dem Trainingsrad.
    »Willst du auch mal?«, fragte sie nach einer Weile.
    Er stieg vom Rad, und nun umwickelte sie auch seine Hände und zog ihm die Handschuhe an, die noch feucht von ihrem Schweiß waren. Daniel kam sich vor wie ein Kind, dem seine Mutter die Fäustlinge anzieht, bevor es hinaus in den Schnee zum Spielen geht.
    Sie zeigte ihm die Schläge: Jab, Rechte, linker Haken und Uppercut.
    »Wer hat dir beigebracht zu boxen?«, fragte er.
    »Ich habe ein wenig trainiert, bevor ich herkam. Aber eigentlich habe ich es mir selbst beigebracht. Hier gibt es einige, von denen ich etwas lernen könnte. Aber ich will von niemandem abhängig werden. Dass ich hier trainiere, ist mein kleines Geheimnis. Das ist besser so.«
    Daniel schlug auf den Ball, duckte sich, als er auf ihn zukam, und schlug noch einmal.
    »Halt«, sagte Corinne. »Schlag mir den Ball nicht kaputt. Es war schwierig genug, ihn zu bekommen, und die Klinikleitung wird mir keinen neuen besorgen. Leich
ter. So, ja. Und der Körper muss dem Schlag folgen. Gut.«
    Er kämpfte, fand einen Rhythmus, aber es war viel anstrengender, als er dachte, und er gab nach kurzer Zeit auf.
    »Du hast Talent«, sagte Corinne. »Bitte die Klinikleitung um ein Paar Boxhandschuhe. Dann können wir zusammen trainieren.«
    Daniel lachte. Er war außer Atem. Sein T-Shirt war durchgeschwitzt.
    »Stört es deine Nachbarn nicht, wenn du trainierst?

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