Himmlische Leidenschaft
ist ein Gentleman. Es wird ihm nichts ausmachen, zwei Reiter zu tragen.«
»Wenn sie mit jemandem reitet, dann mit mir«, erklärte Case kurz angebunden. Dann, als ihm sein schroffer Ton bewußt wurde, fügte er hinzu: »Bugle Boy sieht erschöpft aus.«
Hunters schwarze Augenbrauen hoben sich. Selbst ein Blinder konnte erkennen, daß sein Bruder sehr fürsorglich der hübschen Witwe gegenüber war.
Manch anderer hätte es vielleicht sogar besitzergreifend genannt.
Cases Pfiff schnitt durch die Luft. Gleich darauf kam Cricket aus seinem Versteck weiter den Pfad hinunter herbeigetrottet. Schweigend band Case die Zügel um den Hals des Hengstes los. Dann drehte er sich um, um Sarah beim Aufsitzen behilflich zu sein.
Sie war verschwunden.
»Sie ist wie eine verbrühte Katze davongelaufen«, sagte Hunter. »Schätze, ihr behagt der Gedanke nicht, vor dir im Sattel zu sitzen.«
Case zuckte die Achseln und redete sich ein, daß er nicht enttäuscht war.
Doch er war es. Er hatte sich danach gesehnt, Sarah wieder in den Armen zu halten und ihren Duft und ihren weichen Körper und ihre Süße zu fühlen.
Sein Hunger nach ihr war ihm inzwischen nur allzu vertraut.
Aber der Schmerz, den er fühlte, weil sie vor ihm davongelaufen war, war etwas völlig Neues für ihn.
So geht es nicht weiter. Wir müssen uns dringend aussprechen, entschied er. Heute abend.
Der Gedanke schickte einen Strahl sinnlicher Erwartung durch seinen Körper.
Nur reden. Mehr nicht.
Er sagte sich dies auf jedem Schritt den Felspfad hinunter. Er war sich jedoch nicht sicher, ob er es auch glaubte.
18. Kapitel
»Es tut mir leid«, sagte Sarah. »Einer wird stehen müssen. Ich habe nicht genug Stühle für alle.«
»Ich habe in letzter Zeit reichlich genug gesessen«, erklärte Hunter lächelnd. »Es macht mir wirklich nichts aus, zur Abwechslung mal im Stehen zu essen.«
Während Sarah das Abendessen servierte, blickte Conner verblüfft von Hunter zu Case und wieder zurück.
»Ihr gleicht euch fast wie ein Ei dem anderen«, meinte er. »Hunters Augen sind zwar grau statt grau-grün, aber wenn man Case rasieren würde und ihn ausnahmsweise mal dazu bringen könnte, daß er lächelt...«
Hunters Lächeln hatte fast etwas Trauriges an sich.
Case lächelte überhaupt nicht.
»Wo bleiben deine Manieren«, murmelte Sarah.
Conner schnitt eine Grimasse.
»Ute hat deinem Bruder gute Manieren im Umgang mit Revolvern beigebracht«, sagte Case neutral.
»Gott sei Dank«, erwiderte sie. »Bei den vielen Schießereien, die hier in letzter Zeit stattfinden, ist es ein Wunder, daß ich ihn nicht an die Leine lege wie einen jungen Hund, der es nicht lassen kann, im Bienenstock herumzuschnüffeln.«
Die Wangenknochen ihres Bruders überzogen sich mit einer brennenden Röte.
»Sachte, sachte, nun übertreib mal nicht gleich«, sagte Case. »Conner ist kein kleines Kind mehr. Er leistet die Arbeit eines Mannes, und er leistet gute Arbeit.«
Sarah wirbelte herum und sah Case zum ersten Mal direkt in die Augen, seit er sie so brüsk weggeschoben und ihr befohlen hatte, sich wieder anzuziehen.
»Conner ist mein Bruder, nicht deiner«, sagte sie bissig. »Halte du dich da raus.«
»Nein.«
Hunters Brauen schossen in die Höhe. Er hatte diesen störrischen Ausdruck schon seit vor dem Krieg nicht mehr auf dem Gesicht seines Bruders gesehen.
»Wie bitte?« fragte sie mit eisiger Höflichkeit.
»Du hast mich gehört«, gab Case zurück. »Conner ist so groß wie ein erwachsener Mann, und er arbeitet so hart wie ein erwachsener Mann. Er braucht nicht jedesmal über deine Schürzenbänder zu stolpern, wenn er versucht, einen selbständigen Schritt zu tun. Gerade jetzt brauchen wir einen Mann, keinen Jungen.«
Sarah erbleichte. Sie öffnete den Mund, bereit, ihm den Kopf abzureißen.
»Ist schon in Ordnung«, sagte Conner hastig zu Case. »Meine Schwester und ich haben eine Menge zusammen durchgemacht. Sie ist es gewöhnt, mich zu bemuttern, und ich bin es gewöhnt, mir Sorgen um sie zu machen.«
Wütend fuhr Sarah zu ihm herum. Als sie die ruhige Selbstbeherrschung in den Augen ihres Bruders sah, verblaßte ihr Zorn. Sie schenkte ihm ein Lächeln, das sich in ein Schluchzen zu verwandeln drohte, und wandte sich dann mit einer abrupten Bewegung dem Topf zu, um das Gulasch umzurühren.
Hunter stieß einen stummen Seufzer der Erleichterung aus.
Case wechselte geflissentlich das Thema.
»Wie geht es Elyssa?« erkundigte er sich.
Ein Lächeln verwandelte
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