Himmlische Leidenschaft
sympathisch.
»Sie sind herzlich zum Abendessen eingeladen«, erklärte sie, wobei sie Hunter und Morgan abwechselnd anlächelte. »Hirschgulasch und Maisbrot, sobald ich noch einen Schub Teig geknetet habe.«
»Das ist sehr freundlich von Ihnen, Mrs. Kennedy«, erwiderte Hunter.
»Danke, Ma’am«, sagte Morgan inbrünstig. »Wir ernähren uns schon so lange von Schiffszwieback und Wasser, daß mein Magen glaubt, meine Kehle wäre durchgeschnitten.«
»Schiffszwieback und Wasser?« fragte sie erstaunt.
»Wir waren in Eile«, erklärte Hunter knapp: »Ein herumreisender Cowboy hatte mir erzählt, daß Case tot sei.«
Ihre Augen weiteten sich, und ihr Herz zog sich schmerzlich zusammen bei dem Gedanken an die Hölle, die Hunter durchgemacht haben mußte.
»Sie armer Mann«, sagte sie. »Kein Wunder, daß Sie so erschöpft aussehen. Glauben Sie mir, ich weiß, wie es ist, seine engsten Verwandten zu verlieren.«
Hunter war gerührt über das aufrichtige Mitgefühl in Sarahs nebelgrauen Augen.
»Sie sind eine sehr freundliche und gütige Frau, Mrs. Kennedy«, erwiderte er.
»Da würde Ihr Bruder Ihnen sicher widersprechen«, erklärte sie gepreßt. »Und, bitte, nennen Sie mich doch Sarah. Ich bin schon länger verwitwet, als ich verheiratet war. Ich habe den Namen Kennedy nie sonderlich gerne getragen.«
»Sarah«, sagte Hunter lächelnd. »Nennen Sie mich Hunter.«
Sie erwiderte sein Lächeln. Ihr Lächeln war wie ihre Stimme -weiblich, großzügig und einladend auf eine Art und Weise, die nicht im geringsten kokett war.
»Du kannst dir deinen mädchenhaften Charme für jemand anderen aufsparen«, warf Case säuerlich ein. »Hunter ist mit einer großartigen Frau verheiratet.«
Sarah warf Case einen Seitenblick aus schmalen, zornsprühenden Augen zu.
»Ich habe sogar noch weniger mädchenhaften Charme, als du Manieren hast«, gab sie spitz zurück, »und das bedeutet, daß es noch nicht einmal für das Frühstück einer Ameise ausreicht.«
Morgan und Hunter lachten laut.
Case murmelte etwas Unfreundliches vor sich hin.
Sarah schenkte Hunter ein Lächeln. »Sie sind sein älterer Bruder, richtig?«
Er nickte.
»Es sieht aus, als hätten Sie ebensoviel Glück damit gehabt, ihm Manieren beizubringen, wie ich mit meinem kleinen Bruder«, erklärte sie.
Hunter verbarg sein Lächeln, indem er mit einer Hand über seinen glatten, schwarzen Schnurrbart strich.
»Wir hatten hin und wieder unsere handgreiflichen Auseinandersetzungen«, gestand er.
»Das kann ich mir lebhaft vorstellen«, meinte sie. »Aber Sie waren zumindest groß und stark genug, um Ihren kleinen Bruder ordentlich übers Knie zu legen. Conner ist erst fünfzehn und schon so kräftig, daß ich zweimal in ihn hineinpasse.«
»Fast dreimal«, bemerkte Case. »Der Junge frißt wie eine Heuschreckenplage.«
»Während du natürlich«, gab sie zurück, »den Appetit eines zierlichen kleinen Vögelchens hast.«
Morgan hüstelte, um sein Lachen zu kaschieren.
Hunter machte sich noch nicht einmal die Mühe, seine Belustigung über die scharfzüngige Witwe zu verbergen. Er warf einfach den Kopf in den Nacken und lachte laut heraus.
»Ich schätze, ich kann mir wohl die Mühe sparen, hier oben noch weiter Wache zu stehen«, sagte Case vergrämt. »Euer albernes Ge-wieher genügt vollauf, um die Culpepper-Maultiere abzuschrecken.«
Kopfschüttelnd schlang Hunter einen Arm um Cases Schultern und drückte ihn fest an sich, während er noch immer laut lachte.
Case lächelte nicht, aber seine Züge wurden deutlich weicher, als er die Umarmung seines Bruders erwiderte.
Die offenkundige Zuneigung zwischen den beiden Brüdern entlockte Sarah ein Lächeln, obwohl sich ihr gleichzeitig die Kehle zuschnürte, als eine Traurigkeit in ihr aufstieg, die sie bis zu diesem Augenblick immer wieder verdrängt hatte.
Eines Tages wird Conner mich verlassen und sein eigenes Leben führen, dachte sie.
Doch mit der Traurigkeit kam auch ein gewisses Maß an Frieden.
Und so sollte es auch sein. Ich habe ihn nicht großgezogen, damit er mir Gesellschaft leistet. Aber, ach Gott, ich werde schrecklich einsam ohne ihn sein.
»Soll ich die Pferde holen, Herr Oberst?« fragte Morgan.
»Laß nur, ich komme mit«, erwiderte Hunter. »Sechs sind eine ganz schöne Handvoll.«
»Sechs?« fragte Sarah, bestürzt über den Gedanken, so viele Männer beköstigen zu müssen. »Sind Sie zu mehreren?«
»Nein, Ma’am«, erklärte Morgan. »Wir wollten unsere Pferde auf dem
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