Himmlische Leidenschaft
und machte sich daran, das Lasso durchzuschneiden, das Case im Sattel festhielt.
Als die letzten Schnüre durchtrennt waren, kam Conner vom Bachufer heraufgelaufen. Er war ein magerer, hochaufgeschossener, schlaksiger Fünfzehnjähriger, der den Eindruck machte, als ob er erst noch in seinen Körper hineinwachsen müßte.
»Was ist denn los, Schwester?« verlangte er zu wissen.
»Sieh selbst«, sagte sie und wies mit einer Handbewegung auf den blutüberströmten Reiter. »Die Culpeppers müssen ihn erwischt haben.«
Case begann, seitwärts aus dem Sattel zu rutschen. Conner ächzte, als er Ute half, das enorme Gewicht des bewußtlosen Mannes aufzufangen.
»Verdammte Pest, was’n das für’n Brocken!«
»Du sollst nicht fluchen«, sagte sie automatisch. »Und außerdem heißt es, was ist denn das und nicht, was’n das.«
»Wirst du mir jetzt eine Lektion in Grammatik erteilen, oder willst du dem Mann helfen?« gab ihr jüngerer Bruder unfreundlich zurück.
»Ich kann beides gleichzeitig tun«, fauchte sie. »Bringt Case ins Haus und legt ihn auf mein Bett.«
»Case, wie?« fragte Conner spitz.
Er packte die großen, blutbeschmierten Stiefel und richtete sich unter dem Gewicht auf. Ute packte Case an den Schultern. Gemeinsam trugen sie ihn ins Haus.
»Ist dies der Typ, der dich neulich nachts nach Hause begleitet hat?« fragte Conner.
»Ja«, erwiderte Sarah abgelenkt. Dann, verdutzt: »Woher weißt du das?«
»Ich habe ihn gesehen.«
»Wieso hast du zu der nachtschlafenden Zeit noch nicht im Bett gelegen?«
»Wenn Ute weg ist, wache ich beim leisesten Geräusch auf«, sagte Conner schlicht.
Ob Conner auch beobachtet hat, wie Case mich geküßt hat ? fragte sie sich.
»Lola!« rief sie laut. »Himmel noch mal, wo bleibst du denn?«
»Nur die Ruhe, Mädchen. Bin ja schon unterwegs. Ein paar von uns sind nicht mehr so rüstig wie andere.«
Die Worte kamen aus der Richtung der Weidenhütte, wo sich Ute und Lola häuslich eingerichtet hatten.
»Legt ihn auf mein Bett«, wies Sarah die beiden Männer an.
Conner blickte skeptisch von dem blutüberströmten Mann auf das blütenweiße Bettzeug seiner Schwester.
»Worauf wartest du denn noch!« fauchte sie.
»Na sag schon«, murmelte er. »Wer hat ein Wiesel in dein Hühnerhaus gesetzt?«
Sie ließen Case vorsichtig auf das Bettzeug nieder, das auf einer Pritsche aus geflochtenen Schilfgräsern lag.
»Hol frisches Wasser aus dem Bach«, wies Sarah Conner an. »Ute, nimm die frischgewaschenen Lappen von der Wäscheleine und bring sie her.«
Beide beeilten sich, ihr zu gehorchen. Wenn Sarah diesen grimmigen Glanz in den Augen hatte, war es besser, einfach Befehle entgegenzunehmen, als sich noch lange mit ihr herumzustreiten.
Sie kniete sich neben Case. So vorsichtig, wie sie konnte, zog sie ihm Stiefel und Socken aus. Obwohl er keinen Laut von sich gab, wußte sie, daß er noch lebte, weil noch immer Blut aus seinen Wunden sickerte. Wenn das Herz eines Mannes zu schlagen aufhörte, kam auch jede Blutung zum Stillstand.
Zuviel Blut, dachte sie erschrocken, als sie die Schlüpfrigkeit der Stiefel fühlte. Er hat viel zuviel Blut verloren!
Sie löste den Kinnriemen seines Hutes und warf ihn auf eine aus Weidenzweigen geflochtene Truhe. Mit schnellen, geschickten Handgriffen knöpfte sie sein Hemd auf und schälte es von seinem reglosen Körper; dann verfuhr sie auf die gleiche Weise mit seinem Unterhemd.
Behutsam tastete sie seine Brust mit den Fingerspitzen ab, um nach irgendwelchen Wunden unter dem verkrusteten Blut zu suchen. Sie fand keine bis auf die eine, die sie bereits auf der Innenseite seines rechten Arms bemerkt hatte.
Nur eine oberflächliche Schußwunde, dachte sie erleichtert. Sie blutet stark, aber ansonsten hat sie keinen allzu großen Schaden angerichtet.
Sie hakte seinen Gürtel auf. Dann schob sie seine Hose und Unterwäsche über seine Hüften herunter, während sie sich bei jedem Zentimeter des Weges vor dem fürchtete, was sie möglicherweise entdecken würde.
Bitte, Gott, mach, daß es keine Bauchschußwunde ist, betete sie stumm.
Das einzige Blut auf seinem Unterleib war von der Streifschußverletzung an seinem Arm heruntergelaufen.
Sarah stieß erleichtert den angehaltenen Atem aus. Mit großer Vorsicht streifte sie die Hosen weiter an seinen Beinen hinunter.
Beim Anblick der Verletzungen an seinem Oberschenkel krampfte sich ihr Magen abrupt zu einem Knoten zusammen.
»Junge, Junge, ich muß schon sagen, das nenne ich
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