Himmlische Leidenschaft

von ihrer Furcht erkennen. Reglos beobachtete sie und Lola, wie zwei große, dünne Männer auf rotbraunen Maultieren, die so mager und zäh wie Eselshasen waren, in den Ranchhof ritten.
    »Sie sind ja nur zu zweit«, sagte Sarah leise.
    Lola grunzte. »Ich kann auch zählen.«
    »Wo ist der dritte geblieben?«
    »Hält sich zurück, schätze ich.« Sie schenkte Sarah ein schnelles, zahnlückiges Lächeln. »Auf die Weise kann ein Mann leicht erschossen werden.«
    Sarah lächelte matt. Die Vorstellung, wie sich jemand heimlich von hinten an sie anschlich, war alles andere als beruhigend.
    Wie Ute es ihr beigebracht hatte, bewegte sie sich in einem stumpfen Winkel von Lola fort, damit sich ihre Schußbereiche nicht überlappten. Lola wich ebenfalls ein paar Schritte zur Seite.
    Zumindest haben wir das Blockhaus im Rücken, dachte Sarah grimmig.
    Die von der Sonne ausgeblichenen, ungeschickt zurechtgesägten Holzbalken waren zwar kein großer Schutz, aber immer noch besser als gar nichts.
    »Tja, die Burschen da sind eindeutig Culpeppers«, sagte Lola nach einem Moment.
    »Woher weißt du das?«
    »Die Jungs haben eine Vorliebe für große, rotbraune Maultiere.«'
    Beide Frauen beobachteten schweigend, wie sich die roten Maultiere von dem ähnlich roten Hintergrund der zerklüfteten Felsen lösten, die das Tal wie eine Mauer umgaben. Auf eine Viertelmeile Entfernung wirkten die Reiter so staubig und verblaßt wie Salbeigestrüpp im Hochsommer.
    »Ich wüßte gerne, welche Culpeppers das sind. Ob Ab dabei ist?« fragte Sarah.
    »Das kann ich von hier aus nicht erkennen. Ute sagt, daß fünf von den Teufeln im Spring Canyon hausen.«
    Sarah holte scharf Luft. Sie beugte sich vor und starrte angestrengt zum Fuß der Felsen hinüber.
    Sie konnte trotzdem nur zwei Reiter sehen.
    »Siehst du den dritten irgendwo?« wollte Lola wissen.
    »Nein.«
    »Ich wünschte, du würdest dich nicht immer so aufregen, wenn ich Tabak kaue. Tabakkauen wirkt ausgesprochen beruhigend, und ich könnte jetzt wirklich einen Priem gebrauchen.«
    »Dann kau um Gottes willen«, erwiderte Sarah. »Jetzt ist nicht die richtige Zeit für Salonmanieren.«
    Lola holte einen Tabakpriem aus ihrer Hemdtasche hervor, riß ein Stück mit den Zähnen ab und stopfte den Rest wieder in ihre Tasche.
    »Ich bin dir sehr verbunden«, griente sie.
    »Keine Ursache. Nur spuck bitte nicht auf die frischgewaschene Wäsche.«
    Lola lachte trotz des dicken Tabakpriems, der ihre Wange ausbeulte, ohne die näherkommenden Reiter eine Sekunde aus den Augen zu lassen.
    Sarah beobachtete die beiden Reiter ebenfalls scharf, während sie ein stummes Gebet zum Himmel schickte, daß sie es irgendwie versäumt hatten, sich mit dem dritten abzusprechen.
    Vielleicht ist Ab derjenige, der zurückgeblieben ist, um ihren Rücken zu decken, dachte sie hoffnungsvoll.
    Sie legte wirklich keinen Wert darauf, Ab Culpepper auch nur einen Zentimeter näher zu sein als an dem Abend, als sie in der flachen
    Höhle oberhalb des Banditentreffpunkts gelegen und ihre Unterhaltung belauscht hatte. Das Versprechen von Brutalität in seiner Stimme, als er Moody befohlen hatte, keine Überfälle mehr in der Nähe ihres Lagers zu verüben, jagte ihr selbst in der Erinnerung noch einen kalten Schauder über den Rücken.
    »Nur gut, daß die Culpeppers Moody nicht trauen«, sagte sie jetzt. »Ich wette, Ab ist zurückgeblieben, um ein Auge auf ihn zu behalten.«
    Lola lachte. Aber es war kein warmes Lachen.
    »Kein Wesen, das auch nur halbwegs bei Verstand ist, würde Moody trauen«, sagte die alte Frau. »Er würde selbst seiner zahnlosen Großmutter noch das Eiergeld klauen und auf dem Grab seiner Mutter tanzen.«
    »Du klingst, als ob du ihn kennst.«
    »Er hat mir einmal den Verdienst einer ganzen Nacht abgegaunert. Unten in Mexiko. Natürlich war ich damals noch etliche Jahre jünger. Hatte nicht mehr Ahnung als ein Floh von den betrügerischen Tricks solcher Halunken.«
    Sarah lächelte leicht. Sie konnte sich nicht vorstellen, daß es jetzt noch irgend jemandem gelingen würde, Lola übers Ohr zu hauen.
    Die beiden rotbraunen Maultiere waren inzwischen nur noch knapp sechzig Meter entfernt. Ihr langbeiniger Gang wirkte auf den ersten Blick gemächlich, was jedoch täuschte, denn sie legten sehr schnell eine weite Strecke zurück.
    »Du übernimmst das Reden«, sagte Lola. »Wenn es zu einer Schießerei kommt, flitzt du ins Haus und überläßt mir die beiden.«
    »Ich denke gar nicht dran, einfach