Himmlische Träume: Die Fortsetzung des Weltbestsellers "Chocolat" (German Edition)
tranken und die Leute draußen auf der Straße begutachteten. Sie redeten beide nicht mit mir, aber ich merkte, dass sie Rosette nicht aus den Augen ließen. Meine Tochter war unter den Tisch gekrabbelt, um mit Bam zu spielen, und gurrte leise vor sich hin. Kurz fragte ich mich, ob Joséphine vielleicht ihretwegen so komisch war? Manche Leute können nicht gut damit umgehen, wenn jemand anders ist, und dass Joline und Bénédicte die Kleine befremdlich fanden, war nicht zu übersehen.
Oder hat Joséphines Verhalten mit Rosettes Vater zu tun?
Ich hielt den beiden Damen die Trüffelschachtel hin. »Hier, versucht doch mal meine hypocrites. Ich wette, sie schmecken euch.«
Joline wehrte irritiert ab. »Ich … ich esse keine Schokolade.«
Bénédicte warf mir einen hochnäsigen Blick zu. Sie ist eine verblühte Blondine mit einem zuckrigen Lächeln und zu vielen Klunkern, die sich für Caro Clairmonts legitime Nachfolgerin hält. »Ich glaube, hier gibt es nicht viele Frauen, die Pralinen essen«, bemerkte sie. »Man muss schließlich auf die Linie achten, stimmt’s?«
»Ja, das stimmt«, erwiderte ich lächelnd.
Ein galliges Grün flammte um sie auf. Unter dem Tisch begann Rosette in ihrer seltsamen Vogelstimme zu singen.
»Was für ein süßes kleines Mädchen«, sülzte Bénédicte. »Nur schade, dass sie nicht spricht.«
»Ach, manchmal spricht sie schon«, erklärte ich. »Sie wartet eben, bis sie wirklich etwas zu sagen hat. Was leider nicht bei allen Menschen der Fall ist.«
»Entschuldigen Sie, Madame.« Eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und sah Charles Lévy. Er wohnt in der Rue des Francs Bourgeois, ganz in der Nähe von Reynaud, und ist ein freundlicher alter Mann, immer korrekt und aufmerksam. Neben ihm stand Henriette Moisson, eine alte Dame, die ich noch aus den Tagen der Chocolaterie kannte. In der Hand hielt sie ein rosa Katzenhalsband mit einer herzförmigen Metallmarke. Sie wirkte verwirrt und ängstlich.
»Vielleicht können Sie uns helfen«, sagte Charles. »Wir sind auf der Suche nach Monsieur le Curé.«
Joline warf ein: »Aber heute ist Mittwoch. Mittwochs hat er doch frei.«
Charles Lévy sah sie missbilligend an. »Nein, nicht Père Henri«, sagte er. »Ich suche Curé Reynaud.«
Joline zog die gezupften Augenbrauen hoch. »Reynaud? Was wollen Sie denn von dem? Jeder weiß doch, dass er verrückt ist.«
»Er wirkte eigentlich ganz vernünftig, als ich ihn am Sonntag gesehen habe«, sagte ich.
»Tja, Caro war gestern bei ihm. Sie sagt, er hatte ganz eindeutig einen Nervenzusammenbruch. Das war ja nur eine Frage der Zeit, und man konnte es kommen sehen. Er ist einfach der Typ dafür.«
Charles ignorierte sie und wandte sich wieder an mich. »Sie sind doch mit Monsieur le Curé befreundet, oder? Ich habe ihn um Rat gefragt, weil ich Probleme habe mit meinem Kater Otto, den Madame Moisson mehr oder weniger adoptiert hat. Ich mag meinen Kater sehr. Aber Curé Reynaud meinte, dass Madame Moisson ihn vielleicht dringender braucht als ich. Aber jetzt ist Otto verschwunden, und Madame Moisson hat mich im Verdacht.«
Henriette schaute ihn wütend an. »Mein Tati würde niemals weglaufen.«
»Er ist eine Katze, und Katzen laufen nun mal gerne weg. Und wenn Sie ihn beim richtigen Namen rufen würden …«
»Otto! Das ist doch ein Name für einen boche«, bemerkte Henriette abfällig.
»Mein Großvater war Deutscher«, erklärte Charles.
Henriette schnaubte verächtlich. »Kein Wunder, dass der Kater nicht bei Ihnen bleiben will. Als Nächstes wollen Sie mir noch weismachen, dass er sich das hier selbst abgenommen hat.« Sie hielt ihm das rosarote Halsband unter die Nase. Ich konnte erkennen, dass in das kleine Metallherz TATI eingraviert war.
»Das habe ich am Fluss gefunden«, erklärte sie. »Mein Tati liebt sein Halsband.«
»Am Fluss?« Ich runzelte die Stirn. »Ist Otto – oder Tati – ein schwarzer Kater mit einem winzigen weißen Fleck neben der Nase?«
»Dann haben Sie ihn gesehen!«, rief Charles.
»Ich glaube, ja. Aber in Les Marauds heißt er Hazrat und frisst besonders gern Kokosmakronen.«
Henriette schrie entsetzt: »Nein! In Les Marauds! Bei den Maghrebinern! Nicht einmal ein Kater ist vor denen sicher! Die machen Katzenkebab aus meinem Tati!«
Ich versicherte ihr, dass Tati dort ein hochgeschätzter Gast war, und versprach, mehr über ihn herauszufinden. Das beruhigte Henriette nicht ganz, aber eine Trüffel nahm sie jetzt doch an. Charles schloss sich
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