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Himmlische Träume: Die Fortsetzung des Weltbestsellers "Chocolat" (German Edition)

Himmlische Träume: Die Fortsetzung des Weltbestsellers "Chocolat" (German Edition)

Titel: Himmlische Träume: Die Fortsetzung des Weltbestsellers "Chocolat" (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Harris
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ging auf, und heraus kamen drei junge Männer, alle Anfang zwanzig. Sie trugen ärmellose T-Shirts und hatten Sporttaschen dabei. Sie grüßten mich nicht, aber sie musterten mich mit dem gleichen irgendwie aggressiven Blick wie schon der Typ in dem kleinen Café. Ich kenne diesen Blick aus Paris, aus unserer Zeit in der Rue de l’Abbesse. Und aus Tanger. Das Wort »aggressiv« trifft die Sache nicht so ganz, wahrscheinlich wäre »trotzig« oder »provozierend« besser. Ja, genau – sie wollen die Person, für die sie mich halten, provozieren. Eine Frau allein, ohne Kopftuch, in Jeans und ärmelloser Bluse. Ich bin anders. Eine andere Spezies. Frauen sind hier nicht willkommen.
    Aber der alte Mahjoubi hat mich freundlich begrüßt – richtig geflirtet hat er mit mir, auf seine Art. Vielleicht ist er einfach schon zu alt, um mich als Frau wahrzunehmen. Vielleicht ist er sich seiner selbst auch zu sicher, um in mir eine Bedrohung zu sehen.
    Die Luft ist ruhig und stickig. Bestimmt kommt bald der Autan. Egal, ob der Schwarze Autan oder der Weiße, ein Windhauch wird allen guttun. Heute ist der achte Tag des Ramadan. Noch sechs Tage bis zum Vollmond. Ich denke an den Mond auf meiner Tarotkarte, an die Frau mit dem Spinnrocken und dem Garn, und ich wüsste gern, wann sie sich zeigen wird. Vielleicht wenn der Wind weht.
    Aber jetzt muss ich mich erst mal um andere Dinge kümmern. Ich verlasse Les Marauds, das immer noch schläft. Aus der Entfernung sieht das Viertel aus wie ein Krokodil, das sich am Ufergelände ausstreckt, den Kopf im Seegras verborgen, und im Schlaf leise zuckt. Sein Rückgrat ist der Boulevard des Marauds, breit und grau mit seinen Pflastersteinen. Die Schnauze bildet die Brücke, die Beine sind die kurzen Gassen, die im rechten Winkel vom Boulevard abgehen. Aber das Auge des Krokodils ist die Moschee, im Moment halb geschlossen, während die Sonne den Halbmond auf dem Minarett aufleuchten lässt. Ist dieses Krokodil gefährlich? Reynaud ist fest davon überzeugt. Aber ich bin nicht wie Francis Reynaud, der jeden Fremden für einen potentiellen Feind hält. Die Männer vor dem Gym sind jung, sie wissen noch nicht, wer sie sind und was ihr Terrain ist. Aber der alte Mann, an den man sich in Les Marauds wendet, Mohammed Mahjoubi, ist da völlig anders. Die Probleme, die Reynaud mit ihm und seinen Leuten hat, könnten mit Humor und Dialogbereitschaft ganz bestimmt gelöst werden. Mahjoubi hat es doch selbst gesagt: Die Menschen sind überall gleich. Wenn man den Lack abkratzt, stößt man immer auf das Gleiche. Das habe ich von meiner Mutter gelernt. Und von all den Orten, die ich »Zuhause« genannt habe. Und jetzt – die Luft ist zäh wie Sirup, und der Tannes fließt so langsam, dass man denken könnte, er schläft –, jetzt gehen Rosette und ich die schmale Straße hinauf, die nach Lansquenet hineinführt, wo alles weiß in der Sonne leuchtet, während die Kirchenglocken zur Morgenmesse läuten und dabei einen solchen Lärm machen, dass sie auch ein schlafendes Krokodil aufwecken könnten.

9

    Mittwoch, 18. August
    Als ich zum Café kam, stand wieder Marie-Ange hinter dem Tresen, kaute Kaugummi, sah fern und machte ein mindestens so muffiges Gesicht wie gestern. Heute hatte sie violetten Lidschatten und violetten Lippenstift aufgetragen, und außerdem hatte sie eine violette Strähne in den Haaren. Ich hoffe, der Typ, dem dieser Glamour gilt, weiß ihre Bemühungen zu schätzen.
    Ich bestellte einen Kaffee und ein Croissant. »Ist Joséphine heute Vormittag da?«
    Das Mädchen musterte mich mit ausdrucksloser Miene. »Ja, klar. Wen soll ich melden?«
    »Vianne Rocher.«
    Bestimmt hatte Joséphine sich verändert – in der Regel ist das ja unvermeidlich. Graue Haare, Lachfältchen. Küsse vom Mund der Zeit. Aber es kann passieren, dass Menschen sich so verändern, dass man sie kaum wiedererkennt. Und als Joséphine Muscat durch den Perlenvorhang ins Café trat, brauchte ich einen Moment, um in der Frau, die vor mir stand, meine alte Freundin wiederzufinden.
    Aber nicht weil sie alt geworden war. Im Gegenteil – ich fand, dass sie jünger aussah als damals. Vor acht Jahren, als ich sie kennengelernt habe, war sie eine eher unattraktive Frau gewesen, jetzt war sie hübsch und selbstsicher. Ihre früher langweilig mittelbraunen Haare hatte sie blond gefärbt und ganz kurz geschnitten. Sie trug ein weißes Leinenkleid, dazu eine bunte Glasperlenkette. Als sie mich auf der Terrasse stehen sah,

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