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Himmlische Träume: Die Fortsetzung des Weltbestsellers "Chocolat" (German Edition)

Himmlische Träume: Die Fortsetzung des Weltbestsellers "Chocolat" (German Edition)

Titel: Himmlische Träume: Die Fortsetzung des Weltbestsellers "Chocolat" (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Harris
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weit genug weg war, dass mich niemand erkannte. Ein klarer Schnitt, sagte ich mir. Keine Erklärungen, kein Abschied. Nicht einmal von Vianne oder Joséphine –
    Vor allem nicht von Joséphine.
    Ich beendete mein Frühstück. Höchste Zeit aufzubrechen.
    Ich spülte das Geschirr. Ich goss meine Pflanzen. Zog das Bett ab. Ich streifte Stiefel und Regenmantel über. Mit dem noch intakten Träger hängte ich den Rucksack über die Schulter. Machte das Licht aus.
    Ich sagte: »Tschüs.«
    Dann trat ich hinaus in die Dunkelheit.

Die Skorpion-Königin

1

    Mittwoch, 25. August
    In Les Marauds hielt ich mich an die kleinen Seitenstraßen. Ich hatte ganz vergessen, wie früh die Menschen hier aufstehen. Am ganzen Boulevard waren die Fenster bereits hell erleuchtet: warme, farbige Lichtquadrate in Gelb, Rot, Blau und Grün. So fühlt sich das also an, wenn man ein Außenseiter ist, dachte ich. Irgendwie gefiel es mir. Der Gedanke war schon fast romantisch. Ein Außenseiter sein heißt vielleicht bloß, dass man die Dinge von außen betrachtet. Ich schaute auf die Uhr: Punkt fünf. Bald würde der Ruf des Muezzins erklingen. Da wollte ich eigentlich schon weg sein aus Les Marauds. Ich ließ den Boulevard und das Gym links liegen und folgte einem Gässchen zum alten Anlegesteg. Dort waren zur Zeit der Flussratten immer die Boote vertäut, aber heute benutzt ihn niemand mehr. Neben dem Fluss verläuft ein Treidelpfad, den die Leute früher benutzten, um die Kähne flussaufwärts zu ziehen. Ich wusste, wenn ich diesem Pfad weit genug folgte, kam ich nach Pont-le-Saôul, wo ich in den Bus nach Agen steigen konnte, und von da aus weiter –
    Nach Paris? London? Rom?
    Unzählige Straßen, die mich immer weiter weg von zu Hause führten und sich in jede Ecke der Landkarte erstreckten, wie ein Spinnennetz.
    Ich versuchte, nicht zu viel darüber nachzudenken, was ich machte. Einen Schritt nach dem anderen, sagte ich mir. Einen Fuß vor den anderen setzen. Mir fiel auf, dass der Fluss wieder gestiegen war. Wenn das so weitergeht, tritt das Wasser über die Ufer und überschwemmt den Boulevard des Marauds, dachte ich. An Überschwemmungen ist Les Marauds natürlich gewöhnt. Die Häuser direkt am Fluss stehen alle auf Stelzen, um besser mit den wechselnden Pegelständen des Tannes zurechtzukommen, aber die Häuser sind sehr alt. Ihr Holz ist ausgebleicht und hat sich verzogen. Manche Balken haben zur Verstärkung Metallstreben bekommen, die inzwischen auch verrostet und verrottet sind. Mit jedem Jahr nähern sich die Häuser dem Verfall. Sie zu renovieren würde ein Vermögen kosten. Irgendwann, vielleicht an einem Wintertag, werden die Streben nachgeben, und die windschiefe Häuserreihe, die den Boulevard des Marauds bildet, kracht in den Tannes, ein Haus reißt das andere mit, wie die Steine bei einem tödlichen Dominospiel, und übrig bleiben nur ein Haufen Holz und ein paar Brocken Putz.
    Wäre das wirklich so schlimm?
    Jedenfalls ist das nicht mehr mein Problem, père. Ich bin fertig mit Lansquenet. Ich weiß jetzt, was ich tun muss. Soll der Fluss das Übrige tun.
    Da bemerkte ich ein Hausboot, das am Steg vertäut war. Weit genug entfernt von der Strömung, ans Ufer geschmiegt wie ein Schlafender in seine Ellbeuge. Flusszigeuner? Bestimmt nicht. Ihre Zeit ist schon lange vorbei. Aber ich sah, dass Rauch aus dem Schornstein aufstieg – Rauch oder Dampf, da war ich mir nicht ganz sicher. Durch das Fenster schimmerte warmes Licht. Es war also jemand zu Hause.
    Instinktiv suchte ich Schutz hinter den Bäumen zwischen Fluss und Boulevard, denn ich wollte ja nicht gesehen werden. Egal, wer in dem Boot wohnte, ich hatte nichts mehr mit ihm zu schaffen. Ich musste mir einen anderen Weg zum Treidelpfad suchen.
    Aber gerade als ich hinter die Bäume getreten war, kam mit schnellen Schritten eine schlanke Gestalt in meine Richtung, ganz in Schwarz, mit einem Schleier über dem Gesicht. Man sollte meinen, dass man die Frauen unmöglich auseinanderhalten kann, aber ich erkannte sie an ihren Bewegungen: Es war Sonia Bencharki.
    Sie wäre fast mit mir zusammengestoßen, als ich mein Versteck hinter den Bäumen verließ. Weil sie so gerannt war, atmete sie stoßweise, und ihre Augen über dem Schleier wurden riesengroß vor Schreck. Ich fürchtete, sie könnte schreien, und sagte: »Keine Angst, Sonia. Ich bin’s, Francis Reynaud.«
    Aber mein Beruhigungsversuch half nichts. Im Gegenteil. Doch sie stieß nur einen leisen, erstickten Schrei

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