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Hinter blinden Fenstern

Hinter blinden Fenstern

Titel: Hinter blinden Fenstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Kann sein, daß ich mich verhört habe, ist auch schon eine Weile her.«
    »In welchem Zusammenhang hat er die Frau erwähnt?«
    »Zusammenhang? Ich glaub, die war hier, die hat bei uns eingekauft, und ich stand zufällig mit Herrn Gregorian zusammen, da hat er sie die Rolltreppe runterfahren sehen. Oder rauffahren? Nageln Sie mich nicht fest. Er hat jedenfalls recht freundlich von ihr gesprochen. Komisch, daß ich gedacht hab, sie wäre seine Frau.«
    »Dann wäre er ihr vielleicht hinterhergegangen«, sagte Fischer.
    »Vielleicht, ja. Vielleicht hat er sich nicht getraut, weil er ja im Dienst war und ich dabeistand. Er hat womöglich gedacht, ich würde denken, er geht im Dienst einer privaten Beschäftigung nach.«
    »Schätzen Sie ihn so ein?«
    »Ich weiß nicht. Schwer zu sagen. Wie schätzt man jemanden ein? Wie gesagt: Sie sehen sein Hemd und wissen nicht, was drunter ist.«
    An das Aussehen der Frau konnte Alfons Grandauer sich nicht erinnern, auch nicht an den Tag. Er vermutete, es war in der Weihnachtszeit, an einem Nachmittag, »an dem die Hütte bis zum Anschlag voll war«. Wenn der Geschäftsführer sich nicht täuschte, dann habe Gregorian von der Frau »in den höchsten Tönen« gesprochen – einzelne Worte wußte er nicht mehr –, und es habe nicht so geklungen, als sei die Frau nur eine flüchtige Bekannte oder eine Schwärmerei.
    Der einzige Frauenname, den Fischer in den Notizen des Detektivs fand, lautete Vera Roberts. Fischer hatte zunächst angenommen, er hätte etwas übersehen, woraufhin er die Hefte und Kalender noch einmal Seite für Seite überprüfte. Doch außer Vera entdeckte er keinen Hinweis auf eine weitere Frau, nicht einmal als Partnerin eines Mannes, dessen Adresse oder Telefonnummer in den Unterlagen auftauchte.
    Vera Roberts war einundsiebzig und lebte in einem Seniorenheim in Sendling. Von Gregorian hatte sie anscheinend seit mehr als zehn Jahren nichts mehr gehört.
    »Wenn ich ehrlich bin«, sagte sie mit leiser Stimme am Telefon, »habe ich befürchtet, daß er schon unter der Erde ist.«
    »Ist er krank?« fragte Fischer.
    »Im Gemüt.«
    Im Hintergrund hörte Fischer Musik aus dem Radio und die Stimme einer Ansagerin, die Hörerwünsche erfüllte, nicht für Schlager oder Volksmusikstücke, sondern für Rock- und Popsongs.
    »Er hat’s nicht leicht gehabt, wissen Sie, Herr Dings …«
    »Fischer.«
    »Fischer. Kennen Sie Fishermen’s Friends? Die zum Lutschen? Ich nehm die gern, da bin ich die einzige hier. Die anderen Frauen behaupten, ihnen würde von den Pastillen das Gebiß schmelzen, na ja. Der Bert, er hat’s nicht leicht gehabt, und er hat sich’s nicht leicht gemacht. Ich glaube, er hat sich selbst gern angeklagt. Er hat nicht gejammert, damit Sie mich nicht mißverstehen, Herr Dings … Fischer, er hat sich Vorwürfe gemacht, wegen früher. Wegen seiner Familie, seinem Vater halt.«
    »Kannten Sie seinen Vater, Frau Roberts?«
    »Nein. Er hat mir von ihm erzählt. Wenn er mal geredet hat. Der Vater war sehr streng mit ihm, einmal hat er ihm die Hand gebrochen, er hat so heftig zugeschlagen, daß der Knochen gesplittert ist. Was genau passiert ist, weiß ich nicht. Er hat immer nur Andeutungen gemacht. Wenn überhaupt. Wir haben uns aus den Augen verloren, schon lang. Er ist verschwunden, sagen Sie? Wundert mich nicht, wenn ich ehrlich sein darf. Er war sowieso nie richtig da. Schönes Lied. Der Mann hat eine Stimme.«
    Fischer hörte die wuchtig orchestrierte Melodie einer Rockballade, den Sänger kannte er nicht. »Wo war er denn, wenn er nicht da war?«
    »In sich, würde ich vermuten. Er war auch immer wahnsinnig dünn.« Offenbar lauschte sie der Musik. »Und er hinkte. Und trotzdem bewarb er sich bei einem Sicherheitsdienst und wurde Detektiv. Er hat sich halt was eingeredet, sein Leben lang.«
    »Was hat er sich eingeredet?«
    Nach ein paar Takten sagte Vera Roberts: »Wahrscheinlich hat er sich eingeredet, daß er jemand andres ist. Aber wer, das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen. Wie sind Sie denn auf mich gekommen? Bert und ich waren vor fünfunddreißig Jahren ein Paar, und auch nur ungefähr zwei Jahre. Brutto. Und danach haben wir uns höchstens einmal im Jahr getroffen, meistens ziemlich verkrampft. Vor allem von seiner Seite aus. Und mein Mann war auch nicht gerade von den Treffen begeistert, aber ich hab mir nie was dreinreden lassen.«
    »Sie waren zwei Jahre brutto mit Bert zusammen«, sagte Fischer. »Was bedeutet

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