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Hinter der Nacht (German Edition)

Hinter der Nacht (German Edition)

Titel: Hinter der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Walter
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geringsten Zweifel daran gehabt.“
    „Aber wieso?
Hast du – ich meine, es gibt da ja Möglichkeiten…“
    „Du meinst,
einen Vaterschaftstest? Hätte ich machen können, sicher. Aber glaub mir, das
ist nicht nötig. Claire hätte mich nie belügen können. Das weiß ich einfach.“
    Normalerweise
hätte ich den Kopf geschüttelt über soviel Naivität. Er wäre schließlich nicht
der erste Mann, dem man ein Kuckuckskind untergeschoben hätte, auch wenn er mit
Sicherheit der erste wäre, bei dem das so plump zum Erfolg geführt hätte. Aber
aus mir selbst unerfindlichen Gründen war ich trotzdem bereit zu glauben, dass
er ausgerechnet in diesem Punkt nicht nur davon überzeugt war, die Wahrheit zu
sagen, sondern dass sie es wirklich war. Für ihn und alle anderen waren nur
drei Monate vergangen, aber für Claire waren es scheinbar mehr gewesen. Wie bei
mir. Nur – warum? Was war an ihr – und an mir – so Besonderes, dass so etwas
sein konnte?
    Natürlich kannte
ich ähnliche Fälle. Aus Geschichten, wie Raphael es gesagt hatte. Geschichten
gab es genügend, in denen die Zeit für Einzelne anders zu verlaufen schien als
für die Allgemeinheit. Harry Potter zum Beispiel. Der benutzte einen
Zeitumwandler, um gemeinsam mit seiner Busenfreundin Hermine die Welt
(beziehungsweise Hogwarts , was ja fast das gleiche ist) zu retten. Bei Star
Trek verhalf der Warp- Antrieb der Menschheit zum ersten Kontakt in
der Vergangenheit, C. S. Lewis schickte seine Helden mittels Zauberringen,
-schränken etc. nach Narnia, und wenn sie nach Stunden, Tagen oder Wochen
zurückkamen, war in ihrer eigenen Welt keine Sekunde vergangen, im Herrn der
Ringe machte der Zauberring gleich auch noch unsichtbar… (Jaja, ich kannte
sie wirklich alle!)Aber – konnten diese Geschichten wirklich etwas mit
mirzu tun haben? Oder mit Claire? Wer war diese Frau?
     
    Auf einmal wurde
mir schwindelig.
    „Clarissa!“ Zwei
Paar Arme streckten sich mir gleichzeitig entgegen und bewahrten mich vor einer
unsanften Landung auf dem Boden.
    „Du Arme! Du
musst ja völlig erschöpft sein. Und verhungert! Und ich halte dich mit diesen
alten Geschichten auf.“ Auf einmal war Raphael ganz der besorgte Gastgeber. „ Sorry .
Ich hab ganz vergessen, dass du ja gerade erst aus dem Krankenhaus entlassen
worden bist! Ich glaube, du brauchst erstmal Ruhe. Und was zu essen.“
    Ich winkte ab.
Ich würde jetzt keinen Bissen runterkriegen. „Ich glaub, ich leg mich etwas
hin. Tut mir leid“, murmelte ich.
    „Kein Problem.“
Mike sprang auf. „Ich bring dich nach oben.“
    Ich wollte
ablehnen, aber beim Aufstehen merkte ich, dass meine Beine wirklich ziemlich
wackelig waren. Also stütze ich mich auf seinen Arm, und mit vereinten Kräften
beförderte er mich in mein Zimmer. Dort schaffte ich es gerade noch, meine
Schuhe abzustreifen, und dann kippte ich auf mein Bett.
    Doch obwohl ich
todmüde war, konnte ich nicht einschlafen. Raphaels Geschichte spukte in meinem
Kopf herum. Irgendetwas störte mich daran, auch wenn ich es nicht festmachen
konnte. Es war nur so ein Gefühl. Wie ein Splitter, der tief unter der Haut saß
und der sich nun langsam immer mehr in mein Bewusstsein schob. Es dauerte eine
geraume Weile, bis ich darauf kam. Dann jedoch stand ich trotz meiner
Erschöpfung noch einmal auf und schleppte mich zu meinem Schreibtisch. Nachdem
ich alle Schubladen durchwühlt hatte, förderte ich endlich einen zerknitterten,
vergilbten Zettel zutage.
    Erst, als ich
wieder im Bett lag, strich ich ihn vorsichtig glatt und las ihn dann noch
einmal. Es war Raphaels Gedicht, das ich hinter dem Mädchen im Nebel gefunden (und immer noch nicht zurückgebracht) hatte. Ich war mir sicher, dass
es mit seiner Geschichte zu tun hatte. Und einiges, was mir bislang ein Rätsel
gewesen war, war vor diesem Hintergrund plötzlich leichter verständlich.
    Verloren –
gefunden – verloren – gesucht – nicht gefunden – erschienen: Diese Worte
beschrieben in Minimalform, aber durchaus treffend seine Beziehung zu Claire. Verschwunden gehörte wohl auch noch dazu, und geliebt sowieso. Mit dem Mittelteil
konnte ich immer noch nichts anfangen, vor allem dieses mathematische vervierfacht und halbiert . Aber was mich wirklich störte – der Splitter – war der
Schluss. Natürlich verstand ich Claire und Michael. Aber wer um
Himmels Willen war Ariel ?
    Irgendetwas an
Raphaels Geschichte fehlte. Und ich nahm mir fest vor, ihn bei nächster
Gelegenheit möglichst unauffällig

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