Hinter der Nacht (German Edition)
eine freie Fläche im
Park, etwas abseits des Feuers und in der Nähe einer Straße, in der er auch
geparkt hatte, gesucht, und war damit beschäftigt, Getränke und Essbares
heranzuschleppen. Während Mike ihm dabei half, blieb ich als Wache bei den
bereits abgeladenen Köstlichkeiten, damit niemand auf die Idee kam, dass er
sich hier frei bedienen könnte. Nach und nach trudelten immer mehr bekannte
Gesichter bei mir ein – Mikes Freunde, die diese Stelle offenbar instinktiv,
gelenkt von ihrem Hunger und Durst, gefunden hatten. Während das Feuer nebenan
einen unheimlichen, wild flackernden Lichtschein verbreitete, startete bei uns
Mikes Parallelparty, auf der, den niedrigen Temperaturen zum Trotz, bald eine
aufgekratzte Stimmung herrschte. Nur ich wusste nicht viel mit mir anzufangen.
Ich schlenderte ziellos von einem Ort zum andern und ließ meinen Blick unruhig
umherschweifen.
Irgendwann wurde
es merklich dunkler und kühler, und ich stellte fest, dass das große Feuer
inzwischen fast heruntergebrannt war. Auch der Park hatte sich abseits unserer
Privatparty schon merklich geleert. Wahrscheinlich würden viele lieber in einem
der gemütlichen, warmen Pubs von Inverness weiterfeiern. Ich machte mich auf
einen letzten Rundgang um die Reste des Feuers, das jetzt mehr ein ausladender
schwelender Kohlehaufen war, herum, auch wenn ich nicht ernstlich damit
rechnete, Arik doch noch zu erblicken. Wenn er hätte kommen wollen, hätte er es
sicherlich schon längst getan.
Als ich das
Feuer zu drei Vierteln umrundet hatte, näherte ich mich unserer Gruppe wieder.
Und da sah ich ihn auf einmal. Wie üblich wie aus dem Nichts aufgetaucht stand
er da, nur ein paar Schritte von Mike entfernt, der ihm den Rücken zuwandte.
Mit seinen schwarzen Klamotten wirkte er vor dem verlöschenden Feuer wie ein
Schattenriss, doch ich wusste trotzdem sofort, dass es sich um Arik handelte.
Zunächst war ich
wie erstarrt. Doch dann machte irgendetwas in mir Klick , und ich stürmte
auf ihn zu. Plötzlich war ich von der Angst besessen, er könnte genau so
schnell wieder verschwinden, wie er erschienen war, und dazu wollte ich es auf
keinen Fall kommen lassen.
Als ich nur noch
einen Schritt von ihm entfernt war, drehte er sich unversehens zu mir um und
sah mich mit einem Blick an, der mich mitten in der Bewegung stoppen ließ. „Hau
ab, Clarissa! Lass mich endlich in Ruhe!“ Seine Stimme klang brüchig. Im
nächsten Augenblick war er weg.
Fassungslos
starrte ich auf die Stelle, wo er gerade noch gestanden hatte. Das konnte nicht
sein! Ich schaute hektisch rechts und links, dann umrundete ich noch einmal das
ganze Feuer und schaute jedes Grüppchen zusammenstehender Gäste genau an. Doch
es half nichts. Arik blieb unauffindbar.
Die Enttäuschung
traf mich wie ein Schlag in den Magen. Warum war er überhaupt gekommen, wenn er
mich so unausstehlich fand? Die Antwort war einfach, tröstete mich aber auch
nicht: Ganz offensichtlich nicht wegen mir. So, wie er ja auch am Flughafen
nicht meinetwegen gewesen war, sondern eine – oder zwei – ganz andere Personen
im Blick gehabt hatte.
Doch dann wurde
mir noch etwas anderes klar: Wenn er nicht meinetwegen, sondern wegen Mike oder
Raphael hier war, dann würde er sich sicherlich nicht so einfach geschlagen
geben. Vielleicht war er ja gar nicht richtig verschwunden, wie ich zunächst
gedacht hatte, sondern er hatte sich nur ein Versteck gesucht, von dem aus er
die Gesuchten im Blick behalten könnte, ohne selbst gesehen zu werden?
Schlagartig durchfuhr mich neue Hoffnung. Vielleicht konnte ich ihn ja
wiederfinden. Ich musste nur aufpassen, dass er nicht merkte, dass ich nach ihm
suchte, denn sonst würde ich ihn mit Sicherheit wieder vertreiben. Auf einmal
meinte ich förmlich zu spüren, dass er noch in der Nähe war und uns alle
beobachtete.
Während die
Party weiterging, postierte ich mich auf einer Parkbank unter einem Baum mit
weit herabhängenden Ästen, die ich in der Nähe entdeckte. Von hier müsste man
einen guten Überblick haben, ohne selbst gesehen zu werden.
Eine Zeitlang
bemerkte ich nichts Verdächtiges. Mike stand bei einigen seiner Freunde,
während Raphael momentan nicht zu sehen war. Nach einer Weile tauchte er mit
den Armen voller Flaschen aus Richtung Auto wieder auf, die er dann an die
Herumstehenden verteilte. Er wechselte mal hier und mal da ein paar Worte,
hielt sich aber nirgends länger auf. Ich hatte den Eindruck, dass er sich genauso
verloren fühlte wie
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