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Hinter der Tür

Hinter der Tür

Titel: Hinter der Tür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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»Entschuldigst du mich mal einen Augenblick?«
    »Natürlich.« Als sie ihn in die Tasche greifen sah, fuhr sie fort: »Sag bloß, du mußt auf der Herrentoilette blechen! In diesem vornehmen Laden?«
    »Nein«, sagte er. »Ich muß mal telefonieren.«
    »Geschäftlich?«
    »Nein. Um ehrlich zu sein – ich rufe ein hübsches blondes Mädchen an, um sie zu fragen, was sie zu ihrer Entschuldigung vorzubringen hat.« Gail lächelte, als er den Tisch verließ; nichts hilft einem besser aus der Klemme als die Wahrheit, überlegte Steve.
    Cecilias Stimme klang bedauernd, als sie sich am Telefon meldete.
    »Ich weiß«, sagte er. »Du hast noch immer nichts. Naja, bleib dran, mein Schatz; es ist wichtig.«
    »Liebling, ich habe doch noch gar nichts gesagt! Ich habe tatsächlich etwas über deinen Freund erfahren – aber ich glaube, du wirst dich nicht gerade darüber freuen.«
    »Was soll das?«
    »O je«, sagte sie. »Man überbringt ja so ungern schlechte Nachrichten. Nennt man uns nicht Vorboten des Bösen oder etwas ähnlich Unschönes?«
    »Sissy, sagst du mir bitte endlich, was du weißt?«
    »Er ist tot. Gilbert Swann ist tot, mein Schatz. War er ein guter Freund von dir?«
    »Nein«, sagte Steve und hatte das Gefühl, die Telefonzelle sinke wie ein Fahrstuhl in den Weinkeller. »Ich kenne den Mann überhaupt nicht. Weißt du, wie lange das her ist?«
    »Sechs Monate. Er und sein Sohn Piers wurden in der Schweiz von einem Erdrutsch oder so getötet, in Zürich. Hör mal, Darling, ich an deiner Stelle wäre in so einem Augenblick nicht gern allein. Soll ich nicht mal vorbeikommen und dir die heiße Stirn kühlen?«

6
    I ch weiß wirklich nicht, warum ich weine«, sagte Gail und befeuchtete Steves Hemdtasche mit ihren Tränen. »Es ist nur so traurig! Verstehst du das?«
    »Klar«, sagte er beruhigend, streichelte ihr das Haar und nutzte ihren Gefühlszustand, um sie enger an sich zu ziehen, als sie es normalerweise zuließ. »Ich begreife nur nicht, warum du nicht offiziell davon verständigt wurdest.«
    »Wahrscheinlich hat niemand daran gedacht. Onkel Swann und sein Sohn haben so lange in Europa gelebt- alle ihre Freunde waren drüben. Es hat wohl keiner geahnt, daß er eine Nichte in den Staaten hatte. Wie bist du denn darauf gekommen?«
    »Durch eine Routinesache«, sagte er beiläufig. »Die Bank hatte eine Rückfrage wegen des Datums auf einem Dokument oder so. Dabei erfuhr sie von dem Unfall.«
    Ihre Tränen wurden jetzt durch leichtes Schniefen abgelöst. Sie verließ das Sofa und machte sich auf die Suche nach einem Taschentuch.
    »Sehr nett«, sagte Steve.
    »Was?«
    »Wie du dir das Naschen putzt. Ich bin sehr empfänglich für solche Sachen – wie ein Mädchen niest oder hustet oder lacht. Ich war mal fast mit einem Mädchen verlobt, aber dann erkältete sie sich, und ich hörte sie niesen und husten. Brr! Ich wußte sofort – das konnte ich nicht den Rest meines Lebens ertragen.«
    »Du versuchst mich aufzuheitern«, sagte Gail anklagend.
    »Tut mir leid. Erzähl mir mehr über deinen Onkel. Warum hat er überhaupt in England gelebt? Oder war er vielleicht Engländer?«
    »Nein«, erwiderte Gail. »Die Familie meines Vaters kam zwar ursprünglich aus England, aber das war vor mehreren Generationen.«
    »Dann war Swann also der Bruder deines Vaters?«
    »Ja. Ich weiß sehr wenig über ihn, außer daß er wohl eine Art Snob war. Antiquar, Englandfreund, sehr korrekt, nicht sehr liebenswert. Er verabscheute dieses Land. Ich weiß noch – in einem alten Brief an meinen Vater nannte er Amerika einen einzigen großen Hot- dog-Verkaufsstand, umgeben von dicken Menschen in Familienkutschen …«
    »Würde es dich kränken, wenn ich schlecht von einem Toten rede? Ich glaube nicht, daß mir Onkel Swann gefallen hätte.«
    »Ich habe ihn auch nicht gemocht«, sagte Gail. »Obwohl ich ihn nur einmal getroffen habe.«
    »Als deine Mutter starb.«
    »Ja. Wahrscheinlich war er auch im Lande, als mein Vater in Korea fiel. Ich erinnere mich nicht mehr. Aber er kam zurück, als meine Mutter – als sie starb – und sorgte für das Begräbnis und so weiter. Er brachte seinen Sohn mit, Piers. Ein unangenehmes Kind. Ich haßte ihn auch.«
    »Und doch«, sagte Steve leise, »ist mein Hemd voller Tränen.«
    »Ich konnte nicht anders – ich mußte weinen. Siehst du nicht, daß ich nun überhaupt niemanden mehr habe? Keinen einzigen lebenden Verwandten auf der
    Welt?«
    »Bist du ganz sicher? Ich wette, wenn du eine

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