Hinter Geschlossenen Lidern
glitzernden
Kristallen die Vergangenheit aufschimmern.
“Ich war damals noch klein und habe nichts kapiert, als
sich meine Eltern trennten, aber Vater hat es mir später
erklärt. Gleich nach der High School hat er Lisa geheiratet,
weil er sie so geliebt hat, wie man nur sein erstes Mädchen
lieben kann, wie er es ausdrückte.
Trotzdem lief es schief. Als meine Schwester und ich geboren wurden, haben sie sich nur noch gestritten. Mutter wollte ihn nicht mehr sehen und irgendwann musste er sie aufgeben. Aber er hat gelitten wie ein Hund.
Um nicht ganz zugrunde zu gehen, hat er schließlich den Kontakt zu ihr und auch zu uns abgebrochen und ist weggezogen. Er wollte nicht ständig an uns erinnert werden. Trotzdem ist er nie über meine Mutter hinweggekommen und keine seiner neuen Beziehungen hat länger gehalten als ein paar Monate. Kommt dir das irgendwie bekannt vor?”
“Hm. Und? Hat die Geschichte ein Happy End?“
“Warte es ab. Jedenfalls war es für uns eine schwere Zeit. Ich dachte, es läge an mir, dass Vater nicht wiederkam. Ich fragte mich, was ich falsch gemacht hatte. Und da gibt es ja immer so einiges, was ein Typ wie ich ausfressen kann.“ Er zwinkerte mir zu.
„Jedenfalls rief Mutter ihn dann irgendwann doch an. Annika, meine kleine Schwester, war von einem Schulbus angefahren worden und obwohl Vater uns immer etwas schickte, hatte Mum nicht genug Geld für die notwendigen Operationen. Es war ein komisches Gefühl, ihn nach so langer Zeit wiederzusehen. Erst war er mir fremd, doch dann erinnerte ich mich wieder an seinen Geruch nach Pfeifentabak und Motorenöl, für mich noch immer der Inbegriff von Geborgenheit.“ Er grinste. „Sandro riecht übrigens fast genauso, abends raucht er hin und wieder eine Pfeife, wenn wir gemütlich zusammensitzen.“
„Kurt, komm endlich zur Sachte. Warum erzählst du mir das alles?“
„Du wirst schon sehen, nur nicht so ungeduldig. Vater sagte mir später, damals hätte er so viel Schiss gehabt, Mutter wiederzusehen, dass er ihr zuerst nicht mal in die Augen sehen konnte. Sie war noch schöner geworden, als er sie in Erinnerung hatte und er konnte vor lauter Nervosität kaum atmen in ihrer Nähe. Obwohl sie inzwischen einen Freund hatte, kamen sie sich über die Sorge um Annika näher. Irgendwann küsste sie ihn und er sagt, es war, als wäre er nie weg gewesen. Sie landeten im Bett und es war toll, aber irgendetwas fehlte ihm.
Erst Tage später merkte er, dass er sie in Wirklichkeit gar nicht mehr liebte. Sein Gefühl für sie hatte nur in seiner Erinnerung fortbestanden. Er sagte, dass ihn jetzt plötzlich Dinge an ihr störten, die er früher kaum bemerkt hatte. Jedenfalls reiste er ab, als Annika wieder gesund war, und das leichteren Herzens, als er es sich hatte vorstellen können.
Für mich ging damals eine ganze Welt in die Brüche, wo ich doch gerade erst wieder Hoffnung geschöpft hatte. Aber für die beiden gab es eben kein Zurück mehr. Jetzt haben sie ein gutes Verhältnis miteinander. Vater ist uns regelmäßig besuchen gekommen und das war natürlich viel besser als vorher, wo er sich nie hatte blicken lassen. Das wichtigste war aber, dass sein Herz endlich frei war für eine neue Liebe. Er ist längst wieder verheiratet und es geht ihm gut.“
„Soll heißen …?“
Kurt nickte. „Ich glaube, das weißt du. Vielleicht musstest du erst noch einmal zurückschauen, Braden wiedersehen, um ihn vergessen zu können.“
Ich wollte protestieren. Es war eine Riesendummheit gewesen, Braden auf den Leim zu gehen. Doch dann … ich war ja wirklich froh, ihm nun nicht mehr hinterherzutrauern, mich endlich nicht mehr fragen zu müssen, was gewesen wäre, wenn Braden und ich zusammengeblieben wären. Unbewusst hatte ich jeden Mann mit ihm verglichen und jetzt war ich von ihm geheilt, denn auch er selbst hatte diesem Vergleich nicht standgehalten.
“Es war seltsam, der Moment, in dem mir klar wurde, dass ich Braden nicht mehr liebte. Es war wie ein Bruch mit der Vergangenheit. Leider geht es mir mit Clive noch viel schlimmer als vorher mit Braden.”
“Ist echt hart, das alles zwei Mal durchmachen zu müssen. Du hast immer noch keine Nachricht von ihm?“
„Nein und ich glaube auch nicht, dass ich je über ihn hinwegkomme so wie über Braden. Wir waren zuerst Freunde. Nur die Liebe macht blind. Ich habe mir über Clive nie irgendwelche Illusionen gemacht. Freundschaft und Vertrauen – zwischen uns stimmt einfach alles, verstehst du? Ich liebe ihn so, wie
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