Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hinter verschlossenen Türen

Titel: Hinter verschlossenen Türen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
Vom Netzwerk:
sterben.«
    »Ich vermochte keinen Laut zu erwidern. Sie schlug die Hände vor das Gesicht. Gott, stöhnte sie, muß es dahin mit mir kommen? Aber eine von uns soll glücklich sein, und es gibt kein anderes Mittel. Schnell öffnete sie eine Schublade ihrer Kommode und nahm ein Kästchen heraus, in welchem sie, wie ich wußte, ihren Schmuck bewahrte. Ich begriff nicht, was sie vorhatte.«
    »Es war Torheit von mir, nur an die Möglichkeit zu denken, fuhr sie voll Bitterkeit fort, mein Herz ist gebrochen, der Nerv meines Lebens zerstört. Wie hätte ich mein altes Dasein wieder aufnehmen, den zerrissenen Faden von neuem knüpfen sollen? Ich vermag es nicht. Meine Seele ist in wildem Aufruhr, ich leide hoffnungslose Qual. Jammer und Elend wäre mein Los gewesen und auch dein Glück hätte ich zerstört. Ich kann die Last nicht tragen.«
    »Ihre Worte waren mir unverständlich, ich sah, daß sieetwas aus dem Kasten nahm, ich glaubte, es sei ein Edelstein, Aber schon hatte sie das Fläschchen an die Lippen gesetzt. Die furchtbare Frage ist entschieden, sprach sie dumpf.«
    »Genofeva, schrie ich, und eilte zu ihr, was hast du getan? Ich sah ihre Wangen erbleichen: der Tod trat ihr ins Antlitz. Verwirrt blickte sie mich an.«
    »Ich weiß nicht, stöhnte sie, vielleicht habe ich alles verdorben; ich glaubte, ich würde die Straße noch erreichen, aber das Gift wirkt zu schnell – Sie hielt sich nur mühsam aufrecht.«
    »Mit einem Sprung war ich an der Tür; ich wollte Hilfe holen, aber sie rief mich zurück: Die Rolle, die Rolle, keuchte sie verzweifelnd, die Rolle in meiner Tasche. – Ich nahm sie heraus, um sie ihr zu reichen. Sie ist für ihn – für Molesworth. Verbirg sie, und wenn du kannst, gib sie ihm.«
    »Kaum wissend, was ich tat, steckte ich sie zwischen die Kissen des Sofas; mir schwindelte, das Zimmer schien sich mit mir im Kreise zu drehen, ich fühlte mich dem Wahnsinn nahe. In meinen Armen fing ich Genofeva auf, als sie umsinken wollte. Decke mich zu, murmelte sie; du gehe hinab, nichts darf deiner Trauung im Wege stehen. Eine – von – uns – muß – glücklich – werden.«
    »Ich glaubte, es sei alles vorüber, aber noch einmal öffnete sie die Lippen: Sage ihm – Julius – meine – letzten – Worte – er – soll – dein – Glück – nicht – stören. Er – soll – dir – helfen –«
    »Weiter sprach sie nicht; während ich noch überlegte, was ein Mensch in meiner entsetzlichen Lage tun könne, war ihr Atem entflohen. Ich starrte sie wie versteinert an – alles Leben war von ihr gewichen; sie lag ganz still und regungslos da.«
    »Allmählich erwachte ich zum Bewußtsein dessen, wasgeschehen war. Eine unnatürliche Ruhe überkam mich. Sie war tot, und die letzten Worte der Sterbenden klangen mir noch im Ohr wie ein Befehl: Die Hochzeit solle stattfinden. Ich solle zur Trauung hinabgehen.«
    »Würde es mir möglich sein? Mir schien, als hätte ich die Kraft dazu. Wenn ich nur nicht mehr das Totenantlitz mit den gebrochenen Augen zu sehen brauchte. Ich mußte es vor meinen Blicken verbergen. Wie ich vermochte, die Leiche in den Alkoven zu schaffen, weiß ich heute noch nicht. Als ich die Kleider darüber gehäuft hatte, welche ich vorher in der Eile des Ankleidens auf die Erde geworfen, stand ich scheinbar allein an der Stätte des Grausens.«
    »Ich horchte, ob ich kein Geräusch vernähme, dann warf ich einen Blick in den Spiegel. Mein Antlitz war farblos, mein Schleier in Unordnung; ich mußte ihn abnehmen und von neuem aufstecken. Kaum war ich fertig, so klopfte es an die Tür: der Bräutigam kam, mich zur Hochzeit zu holen.«
    »Als während der Trauung der entsetzliche Schrei ertönte, hatte ich zuerst nur e inen Gedanken: die Feier durfte nicht gestört werden, es galt vor allem, sie zu Ende zu führen. Sobald aber mein Ehebund mit Doktor Kameron geschlossen war, kam das Entsetzen über mich. Ich trachtete nur danach, aus dem Kreis der Gäste zu entfliehen, um zu ergründen, was der Schrei bedeute. Ueber mir wähnte ich Schritte zu vernehmen. Genofeva mußte wieder zum Leben erwacht sein, denn kein anderer Mensch konnte das Zimmer betreten haben, zu dem ich den Schlüssel bei mir trug. Meine Blicke irrten durch die offene Tür nach der Vorhalle, da sah ich die Gestalt eines Mannes, dessen Erscheinen meine Hoffnung neu belebte. Julius Molesworth mußte mir helfen!«
    »Es gelang mir, mich zu entfernen, den Festsaal zuverlassen. Ich stand dem unerwarteten Ankömmling allein

Weitere Kostenlose Bücher