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Hintergangen

Hintergangen

Titel: Hintergangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Abbott
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bebender Stimme.
    »Schon gut, Officer. Sagen Sie mir nur, was passiert ist.«
    »Wir haben versucht, die wilden Tiere am Tor im Zaum zu halten, Euer Ladyschaft. Bis man es Ihnen gesagt hat, besteht Nachrichtensperre, und die wissen, dass sie nichts sagen sollen. Die haben doch nichts gesagt, oder?«
    »Genug. Genug, damit ich weiß, dass es sehr ernst ist. Sagen Sie es mir.«
    »Wir sollten vielleicht reingehen und warten, bis die leitenden Polizeibeamten hier sind.«
    Laura wollte es einfach hinter sich bringen und dann so schnell wie möglich allein sein. Sie versuchte ihre wachsende Panik unter Kontrolle zu halten.
    »Es geht um meinen Mann, habe ich recht? Sonst hätte er mich doch angerufen. Hat er aber nicht. Die Wahrheit kann nicht schlimmer sein als das, was ich hier ahne, also sagen Sie es mir um Gottes willen doch einfach gleich. Bitte.«
    Der junge Polizist holte tief Luft.
    »Also, ich weiß bloß … es tut mir wirklich leid, Lady Fletcher, dass ich Ihnen das sagen muss … aber Ihr Gatte wurde heute in Ihrem Haus in London tot aufgefunden. Das ist sicher sehr schlimm für Sie, kann ich mir denken. Möchten Sie reingehen? Das wäre bestimmt das Beste.«
    Laura traute sich nicht zu sprechen. Sie starrte den Polizisten bloß ein paar Sekunden stumm an, drehte ihm dann den Rücken zu und ging ohne ein Wort auf das Haus zu. Es war zwar nicht seine Schuld, doch konnte sie jetzt den Gedanken nicht ertragen, dass jemand da war. Indem sie sich zwang, einen Fuß vor den anderen zu setzen, stieg sie die Stufen zur Haustür empor. Es kam ihr so vor, als befände sie sich außerhalb ihres Körpers und schaute hinunter auf eine Vorführung – noch dazu eine schlechte. Offenkundig hatte der Polizist nicht gewusst, was er sagen sollte, und sie war unsicher, wie sie sich verhalten sollte. Ein Schrei lauerte direkt unter der Oberfläche, doch irgendetwas in ihr hinderte ihn daran hervorzubrechen. Sie durfte noch nicht schlappmachen.
    Als sie die oberste Stufe erreichte, hörte sie ein unerfreuliches Geräusch. Die Presse vor dem Tor war zwar nicht zu sehen, doch kündigte ein gleichmäßig pochender, an Lautstärke zunehmender Ton das rasche Näherkommen eines Hubschraubers an. Als sie den Schlüssel ins Haustürschloss steckte, tauchte zu ihrem Entsetzen ein riesiger Scheinwerfer über ihr das gesamte Anwesen in grelles Flutlicht und beleuchtete auch sie und den unglückseligen Polizisten. Der Bann war gebrochen.
    Hastig drehte sie den Schlüssel im Schloss und stieß die Tür auf, voller Erleichterung, den aufdringlichen Kameralinsen über ihr entkommen zu sein. Heftig knallte sie die Tür zu und lehnte sich schwer dagegen – erst dann ließ sie den Tränen freien Lauf. In unablässigen Strömen flossen sie ihr über die Wangen, doch ihr Weinen war lautlos. Langsam gaben ihre Beine nach, und sie sank auf den kalten Steinboden, den Rücken immer noch fest gegen die Tür gepresst. Nach vorn gebeugt, die Stirn auf den Knien, die Arme fest um den Kopf gelegt, versuchte sie sich verzweifelt davon abzuhalten, völlig zusammenzubrechen.
    Vor ihrem inneren Auge sah sie Bilder von Hugo und wie er ausgesehen hatte, als sie ihm zum ersten Mal begegnet war, wie attraktiv und selbstsicher. Und sie war heiter wie ein Schmetterling gewesen, war unbeschwert durchs Leben gehuscht, hatte ihre Arbeit geliebt, ihre Familie und ihre Freunde. Wie hatte es nur so enden können?
    Die stummen Tränen verwandelten sich in tiefe, gequälte Schluchzer der Reue, und eine Viertelstunde später saß sie immer noch zusammengekauert neben der Tür. Dann drang ihr das unverkennbare Geräusch eines die Auffahrt heraufrasenden Wagens ins Bewusstsein. Die Tür ging auf, noch bevor der Wagen ganz zum Stehen gekommen war. Sie hörte, wie gedämpfte Stimmen mit dem Polizisten berieten, konnte die einzelnen Wörter aber nicht ausmachen. Hastig zog sie ein durchweichtes Taschentuch aus dem Ärmel – eine Angewohnheit, von der sie sich nie hatte lösen können, obwohl Hugo es immer als den Gipfel der Gewöhnlichkeit erachtet hatte – und wischte sich die Tränen ab. Dann stand sie etwas wackelig auf, und bevor die Neuankömmlinge die Klingel betätigen konnten, öffnete sie die Tür.
    Vor ihr stand ein Mann, um die vierzig, wie sie vermutete, in Lederjacke, schwarzem T-Shirt und Jeans. Dass er hochgewachsen war, mit dunkelblondem, leicht strubbeligem Haar, bemerkte sie nebenbei. Was für ein Aussehen sie bei einem leitenden Polizeibeamten erwartet

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