Hinterhalt
Hand unter das Badelaken, um das Glas auf seinem Oberschenkel zu platzieren. Danny stöhnte auf. Er setzte sein Glas an die Lippen und nahm einen großen Schluck.
»Du bist verkrampft«, sagte Carol mit sanfter Stimme und vergrub ihre Fingernägel in seiner Beinbehaarung. »Ich massier dir den Rücken. Möchtest du das?«
Danny lachte plötzlich und legte sich auf den Bauch. »Du bist toll«, sagte er.
Carol massierte ihn den Rücken hinauf bis zu den Schulterblättern. Es gab einiges bei ihm zu massieren, und alles war weich und schwabbelig. Er seufzte und ließ sich hin und wieder zur Seite rollen, um einen Schluck zu nehmen. Als sie den Eindruck hatte, dass er langsam das Interesse verlor, streifte sie betont ihre Strümpfe ab, so dass er es hören konnte. Danny antwortete mit einem leisen Grunzen, dann nahm er noch einen Schluck und räkelte sich wohlig.
Zehn Minuten später wurde er schläfrig. Zwanzig Minuten später war er eingeschlafen. Er hatte einige Milliliter Scopolamin Hydrobromid verabreicht bekommen, ein Bestandteil von Tabletten gegen Reisekrankheit, und das garantierte einen Tiefschlaf für die nächsten zwanzig Stunden. Nach dem Aufwachen würde er sich benebelt fühlen und zu nichts zu gebrauchen sein.
Carol machte sich an die Arbeit. Sie wusch die Gläser ab und entfernte ihre Fingerabdrücke von sämtlichen Oberflächen im Zimmer. Dann nahm sie Danny Ring und Armbanduhr ab und sammelte die Manschettenknöpfe, das Feuerzeug und die Goldkettchen ein, die er auf dem Nachttisch abgelegt hatte. Sie nahm das Geld aus der Brieftasche: Fast dreitausend Dollar — nicht schlecht, aber auch nicht überwältigend.
In seinem Koffer fand sich nichts Wertvolles. Seine Toilettentasche war voll gepackt mit irgendwelchen Shampoo- und Duschgelproben. Doch im Wandschrank, neben einem Paar Hausslippern, fand sie eine Aktentasche. Mit einem Taschentuch packte sie den Griff, holte die Tasche aus dem Schrank und öffnete sie auf dem Bett.
Und hatte in diesem Augenblick ihre Fahrkarte aus dem Dreck.
NEUNZEHN
Anna Reid hatte in einem Hotel in Logan City ein Hotelzimmer für Wyatt reservieren lassen. Doch kaum hatte sie ihn dort abgesetzt, checkte er aus und fuhr mit dem Bus zurück nach Brisbane. Dort zahlte er im Voraus zwei Übernachtungen im YMCA, zwei im Victoria Hotel an der Astor Terrace, und er meldete sich telefonisch für zwei Nächte in einem Motel in Surfers Paradise an. Es gehörte zu Wyatts Praktiken, sich mehr als ein Schlupfloch zu sichern und sein Lager niemals dort aufzuschlagen, wo er einen Job am Laufen hatte.
Also eine für ihn übliche Vorsichtsmaßnahme, nur gab es diesmal einen ganz konkreten Grund dafür. Solange er nicht sicher sein konnte, dass Anna Reid allein arbeitete und ihn nicht linken wollte, musste jeglicher Kontakt mit ihr zu seinen Bedingungen geknüpft werden.
Zwei Tage unternahm er überhaupt nichts. Am Samstag begann er, sich mit den Örtlichkeiten vertraut zu machen. Er schloss sich einer Touristengruppe an, die mit dem Bus die Gegend erkunden wollte: zwanzig Japaner, ein paar Schweden, ein Rentnerehepaar aus Perth und er. Punkt neun Uhr war Abfahrt, und der Morgen verging mit einer Stadtrundfahrt durch Brisbane und den nahe gelegenen Vororten mit Stopp am Gabba, dem Cricket-Spielfeld in Woolloongabba, einem Aufenthalt bei der Fourex Brauerei, Kaffeepause am Mt. Coottha und Mittagessen an der South Bank. Das Rentnerehepaar hatte sich mittlerweile seiner angenommen. Sie fürchteten sich vor Ausländern. Der Mann sprach nur von den Schlitzaugen, wenn er sich auf die Japaner bezog; Wyatt schloss daraus, dass er während des Zweiten Weltkriegs der Armee angehört hatte. Die Frau ließ kein gutes Haar an den Schwedinnen, murmelte ständig etwas über deren Akzent und freizügige Bekleidung, die schwieligen und noch dazu ungewaschenen Füße und die strahlend weißen Zähne. Wyatt ließ alles über sich ergehen. Er sah zum Fenster hinaus oder saß schweigend an irgendwelchen Kiosktischen und genoss die warme Sonne. Er dachte an Anna Reid und einen gewissen Banktresor, in dem für ein Wochenende annähernd zwei Millionen Dollar in bar lagen.
Brisbane selbst war schwer abzustecken. Es gab keine besonderen Charakteristika. Sollte es hier noch Gebäude aus der Kolonialzeit geben, hatte er sie nicht zu Gesicht bekommen. Der Bus raste über das verknotete Schnellstraßennetz, das sich über die Ufer des Flusses spannte. Sie überquerten dabei eine Brücke nach der anderen und
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