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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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wiedereröffnet.«
    So, so, dachte Alan. In diesem Streit zwischen Sheriff und Bischof hat zur Abwechslung einmal der Sheriff obsiegt …
    Die Halle von Helmsby Castle war nahezu verwaist; alle Bewohner nutzten das trockene Frühlingswetter für die Arbeit im Freien. Nur Miriam saß nah am Fenster an dem großen Stickrahmen und arbeitete an einem feinen weißen Tuch, in welches sie indes keine Heiligenbilder, sondern ein filigranes Rankenmuster stickte. Zu ihren Füßen spielte der vierjährige Aaron mit einem Holzschiff im Stroh, und auf dem Tisch in ihrer Reichweite lag ein winziger Säugling in einem Weidenkörbchen und schlief.
    Becket verneigte sich höflich. »Lady Miriam.«
    Sie erhob sich mit einem Lächeln. »Master Becket. Was für eine Überraschung.«
    Er zeigte auf den Korb. »Wozu darf ich Euch gratulieren? Sohn oder Tochter?«
    »Judith«, stellte Alan vor, trat zu seiner Frau und legte ihr einen Arm um die Taille.
    »Sie ist eine Schönheit«, befand Becket.
    Aaron war aufgesprungen und hatte sich artig vor ihrem Gast verbeugt. »Sie sieht aus wie eine Trockenpflaume«, widersprach er mit einem abschätzigen Blick auf seine kleine Schwester.
    »Das ist nicht sehr charmant, junger Mann«, rügte Becket und hatte sichtlich Mühe, ein Grinsen zu unterdrücken.
    »Nicht Charme, sondern Aufrichtigkeit ist Aarons große Tugend«, erklärte Alan und strich dem Jungen über den dunklen Schopf.
    Denn sein Sohn sagte nichts als die Wahrheit. Judith war erst eine Woche alt, und ihr Gesicht trug unverändert die Spuren des harten Kampfes, der ihre Geburt gewesen war. Auch die Schwangerschaft war beschwerlich gewesen, genau wie bei Aaron. Doch Miriam hatte sich rasch erholt und ihre Pflichten im Haus wieder aufgenommen. Sie war eine gesunde junge Frau, und die blasse Zerbrechlichkeit, die ihr früher zu eigen gewesen war, war verschwunden. Das Leben auf dem Land lag ihr nicht nur, es bekam ihr auch gut.
    »Agatha, lauf und hol die Amme, sei so gut«, bat sie.
    Die Kleine verschwand Richtung Treppe, kam wenig später mit der jungen Magd zurück, die die Kinder hütete und Judith stillte, und während sie ihre Schützlinge hinausführte, betrat Miriam die Estrade und schenkte Wein in drei Becher. Alan und Becket schlossen sich ihr an.
    Der Gast kostete und tat einen Seufzer des Wohlbehagens. »Dein Keller ist der beste in East Anglia, Alan.«
    Alan nahm selbst einen Zug und konzentrierte sich auf den Geschmack des leichten Weißweins. Dann nickte er zufrieden.
    »Vom Rhein?«, tippte Becket.
    Alan schüttelte mit einem geheimnisvollen kleinen Lächeln den Kopf. »Aus Blackmore.«
    »Du willst mir einen Bären aufbinden.«
    »Das würde ich nie wagen.«
    »Aber dieser Wein schmeckt hervorragend !«
    »Hm. Mit der Hilfe meines vielseitig gebildeten Schwiegervaters haben wir die Traube veredelt.«
    Becket schüttelte den Kopf. »Nicht zu fassen.« Er sah sich in dem leeren Raum um, der an diesem sonnigen Tag lichtdurchflutet war. »Es ist still hier ohne deine Großmutter.«
    Eine Fieberepidemie war im Advent über East Anglia hereingebrochen, und der schwarze Geselle mit der Sense hatte eine reiche Ernte gehabt. Lady Matilda war eine der Ersten gewesen, die er geholt hatte, und anlässlich ihrer Beerdigung hatte Alan zum ersten Mal seit seiner Exkommunikation wieder seine Kirche betreten. Weder hatte die Erde gebebt, noch hatte King Edmund ihn hinausgeworfen. Seither ging Alan wieder täglich zur Messe. Gab es anlässlich hoher Feste eine allgemeine Kommunion, konnte er nicht teilnehmen, denn die Sakramente waren ihm verwehrt, aber es war eine große Erleichterung, überhaupt wieder in einem Gotteshaus zu sein. Es kam ihm immer vor wie ein Abschiedsgeschenk seiner Großmutter.
    »Ja, sie fehlt uns sehr«, antwortete Miriam ihrem Gast. »Seid Ihr hungrig, Master Becket? Kann ich Euch ein wenig Brot und Käse holen?«
    »Nein, vielen Dank. Der Koch des Bischofs von Norwich war so beglückt über das Ende der Fastenzeit, dass er mich heute früh mit Eierkuchen vollgestopft hat.«
    »Aber ihr bleibt zum Essen, hoffe ich?«
    »Da sag ich nie Nein, wie Ihr wisst, Madame. Wenn nur mehr Christen wüssten, wie köstlich koscheres Essen sein kann, würde das allerhand zur Verständigung zwischen uns und euch beitragen, will mir scheinen. Da fällt mir ein: Die … Schwierigkeiten im Hospital Eures Vaters sind beigelegt. Als er nach der Schließung durch den Bischof seine schweren Fälle zur Burg brachte, um sie dem Sheriff in

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