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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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sie sind nicht wie wir. Sie sind wertlos.«
    »Du täuschst dich«, widersprach Alan. »Haimon hätte genau das Gleiche getan, wenn sie nicht zusammengewachsen wären. Weil sie zwei angelsächsische Bauern sind, die es gewagt haben, einen normannischen Edelmann zu demütigen. Es hatte viel mehr mit Stand zu tun als mit Missbildung. Du unterteilst die Welt nur in Kranke und Gesunde, Simon, und immer läufst du Gefahr, dem Unterschied zu viel Bedeutung beizumessen. Darum räumst du der Fallsucht mehr Macht über dein Leben ein, als sie eigentlich besitzen sollte. Dabei sind die Gesunden doch ebenso wenig Herr über ihr Schicksal, haben ebensolche Schwächen und Selbstzweifel. Gerade du, der so viele finstere Geheimnisse kennt, müsstest das doch eigentlich wissen.«
    Simon erinnerte sich, dass Philippa etwas ganz Ähnliches zu ihm gesagt hatte. Die Fallsucht sei bedeutungslos, hatte sie behauptet. Ihr habt beide keine Ahnung, wovon ihr redet , wollte er einwenden, aber schon in seinem Kopf hörten die Worte sich schwächlich und wehleidig an, also hielt er lieber den Mund. Er legte im Übrigen keinen Wert darauf, sich nach Philippa auch noch mit Alan zu überwerfen.
    Der hatte das Tuch wieder eingetaucht und kühlte Godric die Stirn. Ohne aufzuschauen, fragte er: »Wie ist Haimon gestorben?«
    »Viel zu schnell und zu leicht. Ich habe mein Messer aus dem Stiefel gezogen und ihm ins Herz gerammt.«
    Alan nickte wortlos.
    Simon betrachtete ihn eingehend. »Zürnst du mir?«, fragte er dann. »Scheusal oder nicht, er war dein Cousin.«
    »Im Gegenteil. Ich bin erleichtert, dass du es getan hast, denn ich habe immer befürchtet, ihn eines Tages selbst töten zu müssen. Seit er mir die Wahrheit über den Kreuzfahrermantel gestanden hat, ist das Band zwischen uns zerschnitten, und ich habe aufgehört, den Cousin meiner Kindheit zu vermissen. Sein Tod … berührt mich nicht.«
    »Wieso habe ich dann das Gefühl, dass er dir zu schaffen macht?«, hakte Simon nach. »Ist es … Susanna?« Er sah Alan scharf an, und obwohl der alles daransetzte, nichts preiszugeben, kam Simon ihm auf die Schliche. »Der Gedanke an ihren Kummer erfüllt dich mit Genugtuung«, sagte er langsam. »Und das macht dir zu schaffen, weil es kein besonders netter Zug ist.«
    Alan wandte ihm den Rücken zu, tauchte das Tuch in die Schale und wrang es aus, als wolle er ihm die Gurgel umdrehen. »Manchmal bist du wirklich unheimlich«, knurrte er. »Kein Wunder, dass sie dich Merlin nennen.«
    »Oh, wärmsten Dank. Ich hasse es, wenn sie mich so nennen.«
    »Ich weiß.«
    »Sag mir lieber, was wir mit Eustache de Boulogne tun. Denn verglichen mit Eustache war Haimon ein Schoßhündchen.«
    Alan fuhr fort, Godric die Stirn zu kühlen und Wasser einzuträufeln. »Denkst du, dass König Stephen seinen Sohn kontrollieren kann?«, fragte er nach einer Weile.
    »Derzeit ja. Aber ich weiß nicht, wie lange noch. Ungeduld und Rebellion brodeln in Eustache. Er hält sich für tapferer und gescheiter als sein Vater – vermutlich ist er beides – und ist es müde, an der kurzen Leine gehalten zu werden.«
    »Das ist gut.«
    »Du meinst, Zwietracht zwischen König und Kronprinz schwächt sie und stärkt Henry?«
    »Natürlich.«
    »Trotzdem ist mir nicht wohl bei dem Gedanken, der Kronprinz könnte sich der Kontrolle durch seinen Vater entziehen. Er ist … fürchterlich, Alan.«
    »In den Fens sagen die Leute, er sei schlimmer als Geoffrey de Mandeville.«
    »Mich erinnerte er an Regy.«
    »Was hatte er mit dir vor?«, fragte Alan nicht zum ersten Mal.
    Aber wie jedes Mal zuvor schüttelte Simon den Kopf und schwieg.
    »Blei«, murmelte Godric undeutlich, und seine Lider flackerten.
    Wulfric riss die Augen auf. »Godric?«
    »Gebt ihm … einen Becher Blei zu saufen …«
    Simon und Alan wechselten einen fassungslosen Blick. Dann legte Alan dem Erwachten behutsam die Hand auf die Brust. »Still, Godric. Es hat dich ziemlich erwischt, du darfst dich nicht bewegen.«
    Godric schlug die Augen auf. Sie waren blutunterlaufen, aber nach einer Weile wurde der Blick klarer. Seine linke Hand tastete, bis er die Rechte seines Bruders fand. Er schaute Alan an, dann Simon. »Ein Becher Blei. Es war Haimons Idee. Ich hab gesagt … ich hab gesagt, das sei allemal besser als ein Kreuzfahrermantel und drei Jahre auf der Insel. Und da hat er …« Er blinzelte. »Er hat …«
    »Er hat das Stemmeisen genommen, das in der Nähe lag, und dir mit aller Kraft damit eins über den

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