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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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stattdessen.
    Das Weib des Pfarrers kam mit einem halben Dutzend Kindern aus der Kate neben dem Kirchlein gelaufen, schrie genauso schrill wie zuvor Gunda, zögerte aber keinen Augenblick, mitsamt ihrer Brut näher zu kommen.
    Wulfric fuhr sich mit dem Ärmel über die Augen. »Robert, schau uns doch an. Wir sind älter geworden. Genau wie du. Wir sind echt, ganz gleich, was sie euch erzählt haben.« Er streckte dem Pfarrer die Hand entgegen. »Hier, fass mich an, Vater Edgar, dann merkst du, dass ich aus Fleisch und Blut bin.«
    Der Geistliche trat kopfschüttelnd einen Schritt zurück. »Das könnte dir so passen.«
    Aus allen Häusern kamen nun Menschen auf den grasbewachsenen Dorfplatz geströmt und umringten die bizarre Schar. Sie tuschelten nervös. Man konnte hören, dass sie sich fürchteten. Losian blickte sich um. Es waren über dreißig. Und sie waren gefährlich.
    »Wenn ich Euch beweise, dass diese beiden Männer aus Fleisch und Blut sind, was sagt Ihr dann, Vater?«, fragte er.
    »Deine feinen Reden kannst du dir sparen«, bekam er zur Antwort. »Wie willst du mir das beweisen?«
    »Indem ich dir zeige, dass sie bluten können. Weder Geister noch Dämonen können bluten, richtig?«
    Vater Edgar stemmte die Hände in die Seiten und sah ihn mit verengten Augen an. »Aber ich habe von finsteren Mächten gehört, die sich der Leiber der Toten bedienen und sie auf Erden wandeln lassen, um ihre bösen Werke zu tun. Können diese Leiber bluten, frage ich mich?«
    »Wie du sicher weißt, Bruder, ist eine solche Inbesitznahme der Toten nur unter Wasser möglich«, warf King Edmund ein. »Allein die Leiber ertrunkener Seeleute und Fischer sind davon betroffen, und wir sind uns doch wohl einig, dass diese beiden hier nicht wie Ertrunkene aussehen, oder?«
    Der Geistliche sah ihn an. »Und du bist …?«
    »Er ist der Hirte unserer Gemeinschaft«, erklärte Simon hastig, der offenbar dachte, jetzt sei nicht der beste Moment, um diesen Bauern zu offenbaren, dass einer von ihnen sich für einen toten Märtyrer hielt.
    »Nun, frommer Hirte«, spottete der Dorfpfarrer. »Wie dem auch sein mag. Die heiligen Brüder von St. Pancras haben uns wissen lassen, dass diese beiden hier tot sind. Wieso sollte ich dir mehr Glauben schenken als ihnen? Waren diese Zwillinge nicht seit jeher eine Beleidigung des göttlichen Plans? Eine abscheuliche Ausgeburt, wie nur die Hölle sie hervorbringen kann?«
    »Ach ja?«, fragte Thurgar. »Aber warst du nicht derjenige, der immer gesagt hat, sie bringen uns Glück? War es nicht dein Vorschlag, sie nach St. Pancras zu schicken? Und haben die Schotten sich nicht zwei Wochen später nach Norden zurückgezogen?«
    »Es war das Glück des Teufels, sag ich dir«, knurrte der Pfarrer. »Sieh dir an, in welcher Gesellschaft sie hier auftauchen nach all den Jahren: ein Schwachsinniger, ein Irrer an einer Kette, zwei verlotterte normannische Halsabschneider und …« Er brach ab, offenbar unsicher, wie er Luke und King Edmund titulieren sollte. »Ich sage, wir jagen sie davon. Sicher ist sicher.«
    »Und ich sage, Schande über dich, Vater Edgar«, entgegnete Thurgar wütend. »Ich sehe hier zwei lebendige Männer, die meine Vettern sind. Und sie sind für das Wohl dieses Dorfes ins Ungewisse gezogen. Was ist das für ein Willkommen, das wir ihnen bereiten?«
    »Weg mit ihnen!«, schrie Vater Edgars Frau. »Sie werden noch Missernten und Hagelschlag über uns bringen, wenn wir sie hier dulden! Mein Vater hat immer gesagt, mit denen stimmt etwas nicht, und er hatte recht!« Sie riss plötzlich den Arm zurück und ließ einen Gegenstand hervorschnellen, den sie anscheinend schon länger in der Hand hielt. Es war ein faustgroßer Stein, und er traf Wulfric an der Schläfe.
    Der taumelte zur Seite, weil er den Angriff nicht hatte kommen sehen, und zerrte seinen Bruder mit. Aber sie fielen nicht. Wulfric hob die Hand an den Kopf, fuhr mit zwei Fingern über das kleine blutige Rinnsal und hielt sie Vater Edgar zur Begutachtung hin – anscheinend die Ruhe selbst. »Da, Blut. Siehst du?«
    Der Pfarrer brummte und schaute gar nicht hin.
    Ein zweiter Stein flog.
    Losian konnte nicht ausmachen, wer ihn geworfen hatte. Er schob Simon und Oswald hinter sich, aber da sie von den Dörflern umringt waren, konnte er sie nicht schützen.
    Ein Sonnenstrahl brach hervor, tauchte Kirche und Dorfplatz in helles Frühlingslicht, aber er besänftigte die Gemüter nicht.
    »Packt euch«, knurrte Robert, hob die Axt und

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