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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Frauen und Kindern. Allein begab ich mich in die Hände meiner Feinde. Doch ich war nicht allein, denn Gott war mit mir.«
    Das Weib des Pfarrers schluchzte und rieb sich mit der Linken über die Augen, während sie mit der Rechten ihren Spieß drehte.
    »Sie legten mich in Ketten und brachten mich zu Hinguar, dem schrecklicheren der dänischen Barbaren. ›Gib mir deine Krone, Edmund von East Anglia, und schwöre deinem christlichen Glauben ab. Huldige meinen Göttern Thor und Odin, dann sollst du dein Leben behalten und mir Tribut zahlen.‹
    ›Nimm meine Krone, sie ist irdischer Tand und bedeutet mir nichts‹, erwiderte ich darauf. ›Aber niemals werde ich deinen heidnischen Götzen huldigen.‹
    Da befahl der Wüterich Hinguar, mich an einen Baum zu binden und mit Peitschenhieben zu peinigen, bis ich mich von unserem Herrn Jesus Christus lossagte.«
    Ein entsetztes Keuchen hallte durch das Kirchlein, obwohl Simon sicher war, all diese Menschen hier waren mit dem Martyrium des heiligen Königs hinreichend vertraut.
    Edmund ließ den Blick durch den Raum schweifen, und das Leuchten eines wahren Auserwählten war in seinen Augen. Dann kehrte er ihnen mit einem Mal den Rücken, öffnete die Kordel am Halsausschnitt seiner Kutte und schlüpfte aus den Ärmeln, sodass das Gewand bis auf die Hüften herabfiel, wo der Gürtel es hielt.
    Simon stockte der Atem. »Jesus, erbarme dich …«, entfuhr es ihm. Er hatte noch niemals solche Narben gesehen. Irgendwer musste diesen bedauernswerten Irren einmal geprügelt haben, bis das Fleisch in Fetzen hing.
    »Seht nur, meine Freunde, wie sie diesen armen Leib geschunden haben!«, rief Edmund und hob die Hände beschwörend gen Himmel. »Aber das war noch nicht alles.« Er wandte sich um. »Kommt und seht. Kommt nur näher, habt keine Furcht.«
    Nicht nur die Frauen von Gilham weinten, als sie Edmunds Oberkörper von vorn sahen. Ein paar standen auf und traten zögernd näher. Aber Simon hatte scharfe Augen und sah es auch so.
    »Als ich mich immer noch weigerte, den Herrn zu verleugnen, befahl Hinguar seinen Kriegern, mich anders herum an den Baum zu binden. Meine Beine wollten mich nicht mehr tragen, doch sie fesselten mich an den Stamm, sodass die Stricke mich aufrecht hielten. Und da nahm Hinguar seinen Bogen, und all seine Mannen ergriffen ihre Bögen, und sie schossen mit ihren Pfeilen auf diese fleischliche Hülle, bis sie gespickt wie ein Igel war.«
    Fassungslos starrte Simon auf Brust, Bauch und Arme, die mit vernarbten Dellen von der Größe eines Pennys überzogen waren. Er beugte sich zu Losian herüber und flüsterte: »Was zum Henker sind das für Male?«
    Losian, der wie so oft die Arme auf den angewinkelten Knien verschränkt hatte und King Edmunds Geschichte völlig reglos gelauscht hatte, deutete ein Schulterzucken an. »Sieht aus wie Pfeilwunden, oder?«, antwortete er ebenso leise.
    »Aber … Losian, das kann nicht sein.«
    »Nein, ich weiß.«
    »Zwei sind direkt über dem Herzen.«
    »Hm.«
    »Er wäre mausetot!«
    »Schsch. Du hast ja recht.«
    Robert – der noch vor ein paar Stunden mit der Axt auf sie losgegangen war – kniete vor Edmund nieder und hob langsam die Linke. »Darf ich …?«
    »Gewiss«, sagte King Edmund. »Du darfst meine Wunden berühren, mein Sohn. Aber es besteht kein Grund, vor mir auf die Knie zu fallen. Steh auf, Robert of Gilham. Wir knien allein vor Gott.«
    Robert stand wieder auf, rang einen Moment sichtlich um Mut und legte dann sachte zwei Finger auf eine der Narben auf Edmunds Brust. Mit geschlossenen Augen strich er über die runzlige, rosa schimmernde Haut, und hinter ihm bildete sich eine Schlange. Alle wollten das Wunder mit ihren eigenen Händen erfahren, so schien es.
    Und während einer nach dem anderen vortrat, die Hand auf die Wundmale des Märtyrerkönigs legte und seinen Segen empfing, beendete der seinen schaurigen Bericht: »Immer noch war Leben in meinem Körper, denn Gott hatte mich auserwählt, um den Heiden zu beweisen, dass seine Macht größer war als die all ihrer Götzen. Als Hinguar schließlich keine Pfeile mehr hatte, wurde er noch zorniger auf mich und meinen Gott und befahl, mir das Haupt abzuschlagen. Da endlich durfte ich heimgehen zu meinem Schöpfer. Vorübergehend.«
    Kopfschüttelnd ließ Simon sich auf die Ellbogen zurücksinken. »Was immer ihm geschehen sein mag, es ist kein Wunder, dass er den Verstand verloren hat«, murmelte er.
    »Falls er nicht doch einfach die Wahrheit sagt«,

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