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Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Titel: Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Lee’s Vamps war nett und unterhaltsam, weil es rotzig war und feministisch und sexy und den Orgasmus zum integraler Bestandteil der Blutaufnahme machte. Vampire L’Estat dagegen war ein belangloser Abklatsch von Anne Rices unsäglich kitschigen Romanen, die sie wegen ihres kolportagehaften Konformismus und Barbara-Cartland-ähnlichen Massenappeals genauso ablehnten wie Coppolas harmlose Dracula-Retusche oder die ganzen dümmlichen Teenager-Vampirfilme.
    Der wirkliche Hammer war Nightvision von David Quinn und Hannibal King, und dabei besonders das großartige Sonderheft im Bad Blood -Format mit der Geschichte von Bette Noir. Bernadette weinte heiße Tränen, als sie Bette Noirs Schicksal verfolgte, und sie hängte sich John Boltons Poster von Blythe in schwarzem Spitzen-BH und roter Latexhose übers Bett und war begeistert von der Idee des Be-Blythe-Contests. Ja, sie wollte Blythe sein, zu gerne, so perfekt, so sexuell, so modisch und so aggressiv, so trockeneisnebelkalt und schlagfertig bei jeder Gelegenheit und dennoch irgendwie auch leidend, missbraucht, auf der richtigen Seite der Ethik jagend. Bernadette liebte Blythe und Bette, konnte sich zwischen beiden, zwischen Viperdämonin und sterbender Möchtegernvampirin nicht entscheiden und blieb deshalb vorerst noch, wie sie war, aber allein die lyrische Höhe ihres Schicksals, die potenzielle erzählerische Größe und Tiefe des Vampirismus erfüllte sie fast mehr mit Glück und innerer Behaglichkeit als alle Orgasmus-Cluster der Vormonate. Mit einem Füllfederhalter, dessen kalte, harte Spitze sie immer wieder in einen Schnitt tauchte, den sie sich selbst in ihrer linken (Herz-)Brustwarze beigebracht hatte, schrieb sie ein Gedicht für den Be-Blythe-Contest, und das ging so:
    My Father was a vicious Ghost
    who loved the Rain and Hail
    My Mother was a boneless Whore
    Skin slimy like a Snail
    My Brother was a Drinking Man
    a Murderer of Priests
    My Sister died with acid Tears
    devoured by eight Beasts
    My Bridegrooms are the Skeletons
    that dangle through my Soul
    and I Myself am laughing
    with long Teeth black as Coal
    I keep some Hailstones by my Heart
    let Lovers eat my Slime
    My Killing Sprees are Works of Art
    and Weeping marks my Time
    My Bones are trembling all the Days
    with something sweet as Pain
    and finally I love I love
    the Hail, the Nights, the Rain
    Sie schickte es nie ab. Der Einsendeschluss für den Contest war gerade vorüber, sie hatte zu spät darauf geachtet. Außerdem gefiel ihr das Gedicht selbst nicht sonderlich. Englisch war nicht ihre Sprache, sie fühlte sich ein wenig unbehaglich darin und war sich nicht sicher, ob alles grammatisch richtig war, und da sie niemandem je das Gedicht zeigte, konnte sie auch keinen um Rat fragen. Finally I love landete zusammengefaltet wie eine schlafende Fledermaus zwischen den dunkel angelaufenen Seiten von Ray Gartons Crucifix Autumn und blieb dort auch.
    Es gab bei Bad Blood auch noch einen merkwürdigen amerikanischen Vampirjägercomic, der in Berlin spielte, aber an ihm stimmte nichts – am allerwenigsten Berlin, das in Wirklichkeit aufgrund seiner Zerrissenheit und Multidimensionalität tatsächlich die Größe hatte, ein Elysium der Vampire zu werden. Dieser Comic kam folgerichtig über die erste Issue nie hinaus, und Bernadette vergaß auch seinen Namen schnell wieder (der Sugarvirus lautete).
    Sie gewöhnten sich an Blut in den ersten Monaten des neuen Jahres, das die Leute da draußen mit dem komplizierten Namen Neunzehnhundertxxxundneunzig bedachten. Das heißt, sie gewöhnten sich daran, sich gegenseitig mit einem Nageltrimmerset die Adern zu öffnen und daran zu suckeln und zu schlotzen wie in einer verdrehten Rückwendung zum Säuglingstum. Spannend dabei war die Entdeckung, dass man mit der Zeit tatsächlich eine gewisse Connaissance entwickeln konnte, was den Geschmack von Blut anging. Wie bei Wein war auch hierbei jede Ernte anders. Sie waren verblüfft festzustellen, dass ausgerechnet Sonjas Blut nicht besonders gut schmeckte, irgendwie zu salzig und zu ranzig, während dagegen das Blut Dirk-Daniels eine wahre Köstlichkeit war (was er auf seine Ernährung und seine innere Fitness zurückführte). Aus diesem Grund übertrieben sie es ein wenig bei Dirk-Daniel – der menschliche Körper braucht eben seine Zeit, um neues Blut zu bilden –, sodass er Ende März wegen akuter Schwächeanfälle in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste, wo ihm die gutherzigen Assistenztrottel eine

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