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Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Titel: Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Gleichzeitig gab Hiob sich selbst eine diaphane Aura, die aus den Komponenten UNAUFFÄLLIG und VERTRAUT zusammengesetzt war, und betete innerlich, dass das Pförtnerhäuschen nicht auf Computerlesbarkeit bestand.
    Albert war heran und betrachtete sich Ausweis und Hiobs Gesicht mit ungerührter Miene. Dann nahm er sich den Personalausweis, beschaute ihn sich genau, und erst die phallische Eruption auf der Rückseite war endlich psychedelisch genug, seine Lider flattern und seine Stirn sich runzeln zu lassen. »Clinton«, wiederholte er langsam und konnte nicht anders, als innerlich zuzugeben, dass dieser Name irgendwie vertraut und autoritär klang. »Ist das jetzt das neue Outfit der Federals?«
    Hiob schaute an sich herunter. Er hatte ja schon geahnt, dass seine Kluft – heute eine verwaschene Jeans und ein darüber hängendes beige-rot-kariertes Baumwollhemd, das ihm von Großvater Montag vermacht worden war – ihm irgendwann unnötige Schwierigkeiten bereiten würde, aber er hatte einfach niemals genug Geld gehabt, sich seiner Berufung gemäß auszustatten.
    »Klar, Joe«, sagte er zu Albert. »Sieh mal, Mann: Du kennst doch Twin Peaks und andere populäre Darstellungen des zeitgenössischen Bureaus. Denkst du denn wirklich, wir würden genauso rumlaufen, wie wir in Seifenopern dargestellt werden – mit Anzug, Krawatte, Kurzhaarschnitt und Sonnenbrille? Das wäre doch total bescheuert, dann könnte uns doch auf der Straße jeder sofort erkennen, und jeder Überraschungseffekt wäre sofort im Eimer.«
    »Bei uns gehen fast jeden Tag Federals ein und aus«, meinte Albert matt, »und die sehen alle aus wie in Twin Peaks.«
    »Ich bin halt die Next Generation«, betonte Hiob in Anspielung auf einen anderen Begriff populärer Fernsehkultur. »Du kennst doch Next Generation, oder?«
    Auch dieser Begriff kam Albert glücklicherweise bekannt vor. Vielleicht hegte er sogar sympathisierende Gefühle dafür, denn irgendwie war doch jeder zweite von den grauen Mechanismen der Erdverwaltung frustrierte Beamte ein heimlicher Trekkie. Jedenfalls brachte Hiobs suggestiver Rührlöffel Alberts zerebralen Eintopf mit der Virtuosität eines mesmerischen Bocuse ganz schön durcheinander.
    »Kkkkkklar«, klapperte Albert mit den Zähnen. Seine Fußsohlen begannen schmerzhaft zu jucken. »Also ... was ... ist ... der ... Grund ... Ihres ... Besuches ... Mister ... Clinton ... Sir?«
    »Ich muss zu Eurem E-Stuhl-Spezialisten, Miller oder Johnson oder Baker oder wie der Typ doch gleich noch mal hieß ...«
    »Doctor Yayc-c-c-c-c-cayab?«
    »Ja, genau. Ich wusste doch, dass es ein ungewöhnlich klingender Name war. Wo kann ich ihn finden?«
    »Haus C, unten in der pathologischen Ab-b-b-b-b-teilung, wenn er nicht g-g-g-g-g-gerade zum Essen g-g-g-geg-g-g-gang-ng-ng-ng-ng-ng...«
    »Ist ja gut. Danke«, beschwichtigte Hiob den Mann, dem langsam Speichel aus den Mundwinkeln zu laufen begann. Mit einem unsubtilen Ruck riss er die psychosomatischen Zangen aus den rohen Neuronengeflechten des Staatsdieners, ließ ihn wankend stehen und flankte sportlich über die immer noch geschlossene Schranke. Als er wieder gelandet und zehn Schritt gegangen war, bekam er Bauchschmerzen. Die ganze Chose hatte schon wieder viel mehr Energie und Aufwand gekostet, als sie eigentlich hätte kosten dürfen, und von zu viel arkanischem Ferment-Entzug ohne vorherige rituelle Aufwärmung bekam Hiob manchmal verklemmte Blähungen.
    So ging er halt langsam, breitbeinig und leicht vornübergebeugt, bis er Haus C erreichte und sich schmerzhaft zusammenriss.
    Auch hier gab es einen Pförtner/Wächter, und alles war elektrisch verriegelt und gesichert. Es war geradezu beängstigend, denn Hiob befand sich jetzt genau zwischen allen Schranken, aber der zweite Pförtner hier drinnen sah aus wie jemand, der Chris-de-Burgh-Platten zu Hause hat, und so wusste Hiob sofort, dass er keine Probleme haben würde, an ihm vorbeizukommen.
    Dank des allerältesten Tricks der Welt.
    Der allerälteste Trick der Welt besteht darin, sich auf die Hackordnung hinauszureden. Die Deutschen haben dafür ein besonderes Talent (siehe: »Wir haben von nichts gewusst«, »Wir sind’s nicht gewesen«, und »Die Anführer/Anderen/Fremden sind schuld«), und Hiob war ja – seltsam genug – ein Deutscher. Er hatte zwar nicht die kullerlieben Alete-Klimperwimpern des Oggersheimer Unterlassungstäters, aber die Farbe von Pazifikwasser in den Augen ist auch nicht schlecht.
    »Hi«, schnarrte Hiob

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