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Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Kammer, wo wir für ein paar Minuten ungestört reden können?«
    »Selbstverständlich. Kommen Sie in mein Büro, Junker Montag. Wie ist es Ihnen denn so ergangen in den letzten Jahren?«
    »Och, ich habe hier und dort ein paar Dinge zurechtgerückt.«
    »Das klingt hochnobel. Immer noch als Adept der arkanischen Wissenschaften?«
    »Vielleicht nicht mehr nur Adept.«
    »Sieh an. Ich bin begierig, mehr zu erfahren.«
    Sie waren in Hellbergers Buchhalterbüro angekommen, eine kleine, annähernd fünfeckige Kemenate, deren Einrichtungsgegenstände ein Stuhl, ein Schreibtisch, Regale voller Aktenordner und ein kleiner Kaktus waren.
    Hellberger schaffte einen zweiten Stuhl aus einem Nebenzimmer heran und huschte dann noch mal davon, um zwei Tassen Tee zu organisieren. Hiob stöberte mittlerweile ungeniert in ein paar Akten und erfuhr so unter anderem, dass ein Druiden-Betriebsausflug in die Eifel eine aufwendige Sache war, was den Kostenpunkt der Spirituosenverpflegung betraf. Als Hellberger mit dem Tee zurückkam, saß Hiob bequem auf dem zweiten Stuhl und bemerkte wie beiläufig:
    »Von Beileidsbezeugungen am Grabe bitten wir Abstand zu nehmen.«
    »Bitte?«
    »Das ist eine gebräuchliche Floskel am unteren Rand von Todesanzeigen. Wird immer dann angewendet, wenn die Hinterbliebenen keine Leichenbittermienen mehr ertragen können, sondern lieber ungehemmt zum Leichenschmaus übergehen wollen.«
    »Ahhhh, Sie haben unsere Todesanzeige gesehen?«
    »Hm-hm.«
    »Sie haben sich über das ›Endlich‹ gewundert.«
    »Kann man so sagen. Hat sich die Anzeigentante der Mottenpost eigentlich nicht gewundert?«
    »Ich habe selbst mit ihr telefoniert. Ich gewann den Eindruck, dass ›sich wundern‹ schon längst aus ihrem emotionellen Repertoire gestrichen ist. Nehmen Sie Zucker?«
    Allein die Erwähnung von Zucker knirschte schon in Hiobs wundem Gebiss. Er lehnte winkend ab. »Was hat das ›Endlich‹ zu bedeuten?«
    Hellberger nahm sich seine Tasse Tee und lehnte sich seufzend nach hinten. »Das ist ein kompliziert zu erklärender Sachverhalt, Junker Montag.«
    »Das ganze Leben ist ein kompliziert zu erklärender Sachverhalt, und dennoch üben wir es tagtäglich aus, ohne uns allzu sehr den Kopf darüber zu zerbrechen.«
    »Darf ich denn davon ausgehen, dass Sie nicht mittlerweile Anstellung bei einer Zeitung oder einem entsprechenden Medium gefunden haben?«
    Hiob zeigte die Handflächen vor. »Alles, was wir hier bereden, bleibt völlig unter uns. Ich bin aus persönlichen Gründen an Byhns Tod interessiert. Ich hatte seit fünf Jahren keinen Kontakt mehr mit ihm, und Sie verstehen sicher, dass ... eine Todesanzeige zu lesen eine ziemlich ... bestürzende Art und Weise ist, von jemandem zu hören, den man früher mal gut kannte.«
    »Das ist natürlich sehr nachvollziehbar. Haben Sie schon mit der Familie gesprochen?«
    »Da komm ich gerade her.«
    »Ist Ihnen aufgefallen, dass die Familie dem Hingang ihres Hauptes relativ kühl und unbeteiligt gegenübersteht?«
    »Na ja. Ich habe das ehrlich gesagt auf die ziemlich reservierte Stimmung mir gegenüber geschoben.«
    »Es ist sicherlich noch mehr als das. Es ist sicherlich vielmehr dasselbe, was wir hier im Orden empfanden, als die Nachricht uns erreichte.«
    »Und das wäre gewesen ...?«
    »›Erleichterung‹ wäre ein geeignetes Wort.«
    »Also daher das ›Endlich‹. Ein Stoßseufzer.«
    »Ganz genau.«
    Hiob nippte an dem fast unirdisch heißen Darjeeling. »Sie werden mir aber doch sicher nicht erzählen wollen, dass der schmerzhafte und langgezogene Krebstod allein für diese Erleichterung verantwortlich war.«
    »Selbstverständlich nicht. Wir Druiden kennen den Tod in all seinen mannigfachen Facetten. Wir fürchten ihn nicht, sondern sehen ihn als unabdingbaren Teil des kosmischen Gesamtwerkes. Dennoch sind wir im Allgemeinen nicht erbaut darüber, wenn ein Mitbruder vor Vollendung seines Lebenswerkes abberufen wird. Das bedeutet jedes Mal einen Verlust für uns. Nicht für den Verstorbenen. Für uns, die wir nach Vollendung streben.«
    »In Byhns Fall war das anders. Hat er sein eigenes Lebenswerk überlebt?«
    »Nein, es ist ihm gottlob nicht gelungen, es zu vollenden. Aber die letzten Jahre waren auch so erschreckend genug.«
    »Erzählen Sie.«
    »Wissen Sie ... Großmeister Byhn hat den gesamten Orden in mehr als einer Weise in Gefahr gebracht. Mehrmals mussten wir aufgrund seiner Experimente fürchten, als Organisation vielleicht verboten zu werden oder

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