Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale
es, oder?«, hakte Hipp nach.
»Possibile? Può darsi!«, räumte Viberti zögerlich ein. »Aber selbst wenn, Professore, wie wollen Sie das beweisen?«
»Genau darum geht es. Helfen Sie mir dabei?«
Viberti stöhnte. »Allora, ich muss mich schon um den Lastwagen kümmern. Mit etwas Glück ist bis zum Mittagessen alles erledigt. Per occasione, hätten Sie Zeit? Nein? Das habe ich mir schon gedacht. Also, was müsste ich tun?«
Hipp erläuterte ihm seinen Plan, der zwar noch ziemlich unausgegoren war, aber in jedem Fall die Mitwirkung von Viberti erforderlich machte.
»D’accordo«, sagte der Maresciallo nach kurzem Nachdenken, »ich werde sehen, was ich machen kann. Obwohl ich mir fast sicher bin, dass Sie sich täuschen.«
»Wir werden sehen.«
»Gianfranco, Gianfranco. Das darf einfach nicht wahr sein.«
70
W ährend Hipp bei einer Stazione abbog, um zu tanken und einen schnellen Espresso zu trinken, öffnete Dr. Lausitz in Montalcino eine Flasche Spumante brut zero, um auf einen hoffentlich erfolgreichen Tag anzustoßen. In Mailand saß Melissa Stradari an ihrem Schreibtisch und lackierte sich die Fingernägel. Panepinto sah grinsend, wie der Fahrer des Lastwagens auf einem Parkplatz in einem Klohäuschen verschwand, während er die Tür der Zugmaschine unvorsichtigerweise hatte offen stehen lassen, wahrscheinlich steckte sogar der Schlüssel. Bill Valentino, der zu viel getrunken hatte, lief zur gleichen Zeit unruhig auf und ab. Roberto Valentino, der seit seiner Herzoperation vor dem Schlafengehen ein Valium nahm, lag im Bett und schlief. Luciana stand in der Küche und spülte ab. Fabri blätterte unkonzentriert in der Tageszeitung
La Stampa.
Luca Pertini wurde zur Nachuntersuchung in den Kernspintomographen geschoben. Seine Frau Mira saß mit Dr. Balducci zusammen, der einige Papiere zur Unterschrift vorbereitet hatte. Giovanni Martino, der verflossene Freund von Eva-Maria, stapelte in seiner Enoteca in Castellina in Chianti Weinkartons. Versicherungsvorstand Talhammer ließ sich einen Kaffee bringen und hoffte, dass Hipps Plan erfolgreich war und die Serie der Weindiebstähle endlich ein Ende nahm. Maresciallo Viberti dachte an den Latte macchiato im Caffè Calissano, die wohl den folgenden Telefonaten zum Opfer fallen würde. In der Toskana stand Sandro hinter dem Tresen und fragte sich, ob er seinen geliebten Lancia heil zurückbekommen würde. Sabrina duschte und drehte das Wasser langsam immer kälter. Cherubino ging in die Hocke, um am Rebstock einen Fehltrieb abzuschneiden. Und Gianfranco? Gianfranco konnte nicht wissen, was der Tag bringen würde.
71
E s war zehn Minuten nach zwei, als Hipp mit Sabrina bei der Azienda Agricola Angelo vorfuhr. Fabri hatte das Tor aufgelassen, obwohl heute eine Giornata di riposo war, ein Ruhetag, an dem alle Mitarbeiter frei hatten. Fabri kam ihnen lächelnd entgegen.
»Benvenuto. Che bella giornata. Ich freue mich, dass Sabrina mitgekommen ist.«
»Ich habe versucht, es ihr auszureden«, sagte Hipp, »aber sie wollte unbedingt bei unserem Gespräch dabei sein.«
»Und sie pflegt ihren Kopf durchzusetzen, ich weiß. Sabrina, darf ich dir …«
Er hielt mitten im Satz inne. Sabrina stand regungslos vor der Azienda Agricola, wie es schien völlig geistesabwesend, als ob sie gänzlich alleine wäre. Hipp und Fabri warfen sich einen fragenden Blick zu. Hipp zuckte mit den Schultern. Sabrina machte einige schwankende Schritte zum Eingang, blieb stehen und sah sich hilflos um.
»Sabrina«, versuchte Hipp sie aus ihrem tranceähnlichen Zustand zurückzuholen.
Plötzlich drehte sie sich um und wollte weglaufen. Hipp stellte sich in den Weg und fing sie ab. Nur Sekunden später war der Spuk vorbei. Sabrina befreite sich aus seinen Armen, entschuldigte sich, sagte, sie habe plötzlich eine Halluzination gehabt, ganz ähnlich wie gestern mit Fabris Mutter auf der Bank unter dem Kastanienbaum. Hipp ergriff Sabrinas Hand und führte sie in die Cantina. Dort nahmen sie an einem großen Degustationstisch Platz. Fabri blieb stehen und lehnte sich an die lange Holztheke mit den vielen Flaschen und Gläsern.
»Wollt ihr erst ein Gläschen trinken?«, fragte er.
»Gerne«, antwortete Hipp.
»Ich habe hier einen wunderbaren Barbaresco«, sagte Fabri, drehte sich um, nahm eine bereits geöffnete Flasche, entfernte den Vakuumverschluss, füllte drei vorbereitete Gläser und stellte sie auf den Tisch. »Nun, mein lieber Hipp, Sie haben mir am Telefon gesagt, Sie wollten
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