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Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale

Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale

Titel: Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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Brandung wiegte ihn langsam, aber sicher in den Schlaf. Noch ein Schluck Barolo. Er schloss die Augen.

    Es war fünf Uhr am Morgen, als Hipp aufschreckte. Er brauchte einige Sekunden, um sich zu orientieren. Die Nacht war bereits der Morgendämmerung gewichen. Ein Fischerboot zog tuckernd eine Spur über den Spiegel des glitzernden Meeres. Hipps Blick fiel auf die umgekippte Weinflasche, dann entdeckte er im Sand das Glas, das er offenbar im Schlaf von der Armlehne seines Liegestuhls gestreift hatte. Was war geschehen? Ja, richtig, er hatte etwas getrunken und dabei versucht nachzudenken. Mit welchem Ergebnis? Dass er den Ariadnefaden, der ihn zur Wahrheit führen würde, noch nicht gefunden hatte. Hipp sah erneut zur Flasche im Sand. Dann hinaus aufs Meer. Ihm fiel wieder alles ein – Theseus, Gianfranco, Minotaurus, Monforte d’Alba, Dionysos, Barolo, Viberti, Clerico … Hipp richtete sich auf. Ein Gedanke war urplötzlich durch seinen Kopf geblitzt, nur ganz kurz, aber mit einer brennenden Intensität. Der Gedanke, er war absurd, eigentlich unmöglich. Oder? Hipp stand auf und starrte hinaus aufs Meer. Nein, unmöglich war er nicht, ganz im Gegenteil, plötzlich passten alle Mosaiksteinchen zusammen. Sie ergaben ein Bild, auf das er schon viel früher hätte kommen können. Ein Bild, das ihm fast den Atem nahm. Und auch das Motiv war plötzlich klar. Hipp drehte sich um, fiel über den Liegestuhl, rappelte sich auf, vergaß die Flasche und das Glas und auch seine Schuhe. Er rannte über den Sand an den Reihen leerer Liegestühle mit den verschnürten Sonnenschirmen vorbei hinauf zum Parkplatz, wo seine Ape stand. Er dankte dem Herrgott, an den er eigentlich nicht glaubte, dass er Viberti verdonnert hatte, vor Sabrinas Zimmer eine Wache zu positionieren. Aber wenn er Recht hatte, befand sie sich dennoch in höchster Gefahr. Er dachte an Gianfranco und daran, was womöglich geschehen war. Wie hatten Sabrina und Viberti nur glauben können, dass sie in Monforte d’Alba sicher war? Wo doch Gianfranco …
    Hipp hatte die Ape erreicht und startete den Vespamotor. Er brauchte ein schnelleres Fahrzeug. Warum nur hatte er den Leihwagen zurückgegeben? Zu dieser frühen Stunde hatte alles geschlossen. Hipp prügelte die Ape mit kreischender Maschine durch das nachtschlafene San Pietro in Palazzi, unter der Autobahn durch, einige Kilometer Richtung Volterra, dann die Serpentinen hinauf zu seinem Haus, wo er in der Küche sein Handy zu finden hoffte. Ihm fiel ein, dass Sandro im ersten Stock über der Bar Centrale wohnte. Sandro fuhr einen alten Lancia. Hoffentlich hatte er einen leichten Schlaf – und der Lancia genug Sprit bis zur ersten Autobahntankstelle.

68
    S abrina hatte eine unruhige Nacht hinter sich. Erst war sie schon am frühen Abend todmüde gewesen, war noch angezogen auf dem Bett liegend eingeschlafen. Dann hatten sie Geräusche vor ihrem Zimmer geweckt. Sie hatte jemanden husten hören, es kam ihr so vor, als ob ein Stuhl auf der Terrasse verschoben würde, und kurz darauf drangen durch das angelehnte Fenster gedämpfte Stimmen an ihr Ohr. Sabrina stand im Dunkeln auf, ertastete die schwere Nachttischlampe aus Messing, nahm vorsichtig den Schirm ab und zog den Stecker heraus. Mit dieser Waffe in der Hand schlich sie zum Fenster, spähte hinaus und entdeckte einen Mann, der vor ihrer Tür saß. Sie war sich nicht sicher, aber es sah so aus, als ob er eine Uniformmütze tragen würde. Gab es hier einen Nachtwächter? Hinter dem Fensterspalt an die Wand gepresst, die Messinglampe umklammernd, sprach sie den Schatten an. Erleichtert gab sich dieser als Appuntato bei den Carabinieri zu erkennen, der zusammen mit einem Kollegen von Maresciallo Viberti zu ihrem Schutz hierher beordert worden sei. Er schob den Dienstausweis durchs Fenster, nahm dankend eine Flasche Wasser aus der Minibar entgegen und wünschte ihr schließlich eine gute Nacht. Für ihre Sicherheit sei gesorgt.
    Für ihre Sicherheit? Sie hatte sich nicht wirklich bedroht gefühlt. Fabri und Viberti hatten wohl Recht: Gianfranco müsse schon verrückt sein, um sich nach Monforte zu wagen. Verrückt? Vielleicht war er es? Jedenfalls schienen Maresciallo Viberti an seiner eigenen Einschätzung Zweifel gekommen zu sein, sonst hätte er nicht zwei Carabinieri abkommandiert.

    Seltsamerweise hatte der Personenschutz nicht beruhigend auf sie gewirkt, ganz im Gegenteil. In der Nacht war sie immer wieder aufgeschreckt, hatte von einem schwarzen Vogel

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