Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale
sagte Hipp. »Ich könnte diese Information über die Versicherung anfordern, aber das dauert mir zu lange. Was halten Sie davon, wenn ich Ihnen die Fälle vorlese, die mir bekannt sind? Und Sie sagen mir nur, ob das alle sind oder ob es noch weitere gibt?«
»Sie könnten natürlich statt dem Panna cotta auch einen piemontesischen Schoko-Pudding bestellen, er heißt Bonet. Oder eine Torta di Nocciole, ein Haselnusskuchen, der mit Zabaione serviert wird. Eine Köstlichkeit. Sie lesen mir die Ihnen bekannten Fälle vor? Ja, so können wir es machen, die Akte liegt vor mir auf dem Tisch. Moment, hier habe ich die Liste. Schießen Sie los!«
Hipp las ihm alle Diebstähle vor, mit Datum, Ort und polizeilichem Aktenzeichen.
»Allora, es ist kein Geheimnisverrat, wenn ich Ihnen sage, dass Sie ausgesprochen gut informiert sind und alle Fälle genannt haben, die von den italienischen Ermittlungsbehörden in Zusammenhang mit dem letzten Diebstahl untersucht werden. Weitere sind uns nicht bekannt.«
Na also, dachte Hipp, der Maresciallo beherrschte neben der Terminologie der Speisekarten auch die Behördensprache. »Ich danke Ihnen für Ihre Kooperation«, sagte er, »und ich hoffe, Maresciallo, wir können unser Essen baldmöglichst nachholen.«
»Das hoffe ich auch. Sie denken an den Käse?«
»Wie bitte?«
»Vor dem Dessert dürfen Sie keinesfalls den Käse vergessen. Fragen Sie nach Robiola di Roccaverano, einen Frischkäse, den Sie unbedingt probieren müssen. Und Bros, der ist fürs Piemont typisch.«
Mit dem Versprechen, sich weder beim Käse noch beim Dessert zurückzuhalten, beendete Hipp das Telefonat.
Da das Risotto noch auf sich warten ließ – die Küche nahm die Verpflichtung mit der Schnecke womöglich allzu ernst –, rief Hipp bei Talhammer an. Er hatte Glück, er erwischte ihn zu Hause vor dem Fernseher. Talhammer war es gewohnt, dass sich Hipp auch in geschäftlichen Angelegenheiten zu den unmöglichsten Tageszeiten meldete. Das machte nichts, schließlich waren sie befreundet. Allerdings gefiel ihm nicht, was Hipp zu sagen hatte, nämlich dass es wahrscheinlich nur eine einzige Verbindung zwischen allen Fällen gab, und das war Talhammers Assicurazione in Mailand.
»Was willst du damit andeuten?«, fragte Talhammer, der sehr wohl ahnte, worauf Hipp hinauswollte.
»Wir haben hier eine Serie von Weindiebstählen, die alle nach dem gleichen Muster ablaufen, ansonsten keine erkennbaren Gemeinsamkeiten aufweisen. Aber sie sind ausnahmslos alle bei eurer Versicherungstochter in Mailand versichert. Das, mein Lieber, kann kein Zufall sein, denn ich nehme an, es gibt noch andere Gesellschaften, die Weintransporte versichern.«
»Natürlich gibt es andere«, bestätigte Talhammer kleinlaut.
»Ich vermute, ihr habt euch das auch schon überlegt. Es spricht viel dafür, dass der Schlüssel in Mailand zu finden ist. In den Versicherungspolicen müssen doch wahrscheinlich genauere Angaben zu den Transporten gemacht werden …«
»Nicht so genau, wie es nötig wäre, um einen Diebstahl zu planen.«
»Das habe ich auch nicht erwartet, aber immerhin gibt es wichtige Basisinformationen …«
»Soll ich mit dem Geschäftsführer in Mailand über deinen Verdacht reden?«, unterbrach ihn Talhammer, der damit indirekt bestätigte, dass ihm Hipps Theorie nicht gänzlich abwegig erschien. »Oder willst du ihn besuchen und dich dort mal umsehen?«
»Weder noch. Vielleicht später mal. Wie viele Mitarbeiter habt ihr in eurem Mailänder Büro in der betreffenden Abteilung?«
»Vielleicht dreißig, ganz genau weiß ich es nicht.«
»Tu mir doch bitte einen Gefallen und veranlasse, dass alle Personalakten für mich abholbereit am Empfang liegen. Ich komme vorbei und hole sie ab.«
»Du fährst also doch nach Mailand?«
»Ja, aber nicht wegen dir. Klappt das mit den Personalakten?«
»Aber sicher. Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, dass einer unserer Mitarbeiter in diese Geschichte verwickelt ist.«
»Ich kann mir so etwas immer vorstellen«, sagte Hipp. »Und bitte sorge dafür, dass in den Akten die Passbilder nicht fehlen.«
»Aber natürlich. Und danke, dass du dich doch um den Fall kümmerst, auch wenn du auf dem Holzweg bist.«
Hipp lachte. »Mal sehen. Wetten wir eine Kiste Sassicaia?«
»Muss es gerade Sassicaia sein? Geht nicht stattdessen ein einfacher Chianti classico?«
»Natürlich, solange es keiner aus der Bastflasche ist«, ging Hipp auf Talhammers Vorschlag ein.
Da gerade das Risotto
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