Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale
produzieren.«
»Und erst der Cannonau, er hat einen schönen Körper …«
»Melissa hat einen schönen Körper«, unterbrach Lausitz erneut. Was Panepinto nicht davon abbrachte, weiter die Vorzüge des sardischen Rotweins zu preisen.
»… er kann ausgesprochen muskulös sein …«
»Melissa ist muskulös!«
»… hat fruchtige Aromen und ein viel versprechendes Bukett.«
»Hat Melissa auch, vor allem zwischen ihren Schenkeln.«
»Sei uno sporcaccione!«, protestierte Melissa.
»Wie bitte, wer ist ein Schweinigel?«, fragte Panepinto, der sich so in Rage geredet hatte, dass er die anzüglichen Zwischenbemerkungen von Lausitz überhaupt nicht mitbekommen hatte.
»Noch einmal, mein lieber Serafino, zum Mitschreiben: Ich will kein Weingut auf Sardinien, punto. Ich will die Tenuta del Leone. Capice?«
»Va bene, la Tenuta del Leone, ho capito!«, sagte Panepinto resignierend. Er nahm das Champagnerglas und trank es in einem Zug aus.
»Nachdem dieser wesentliche Punkt geklärt wäre, was gedenkst du in der Angelegenheit zu unternehmen?«, fragte Lausitz.
»Allora, ich spreche mit der Witwe.«
»Ich denke, wir haben uns darauf geeinigt, dass Pertini noch lebt?«
»Leider, ja, mi dispiace. Also, ich spreche mit Mira Pertini, seiner sorgenvollen Ehefrau …«
»… die jetzt sicher Hilfe im Weingut braucht«, brachte Melissa den Satz zu Ende.
Lausitz nickte. »Genau. Weibliche Intuition. Biete ihr jegliche Unterstützung an. Vielleicht kommen wir auf die sanfte Weise weiter.«
»D’accordo, ich probiere es. Und womöglich stirbt Luca Pertini doch noch. Es geht ihm wirklich schlecht. Halbseitig gelähmt …«
»Besser als entrappt!«
Panepinto sah, wie Melissa aufgrund dieser geschmacklosen Bemerkung von Lausitz eine Grimasse zog.
»Und was machen wir mit den Weinlieferungen?«, fragte Panepinto. »Sind keine neuen Lkws unterwegs, die wir in unser Eigentum überführen könnten? Die Nachfrage ist ungebrochen.«
»Das glaube ich gerne«, antwortete Lausitz, »aber ich bleibe dabei, wir machen eine Pause. Das ist ein Nebengeschäft, da will ich kein Risiko eingehen. Außerdem …«, Lausitz hob sein Champagnerglas und prostete seiner Freundin augenzwinkernd zu, »… außerdem brauche ich Melissas Talente derzeit auf einem anderen Gebiet!«
35
S eit einigen Minuten saßen Sabrina und Hipp in der Galleria Vittorio Emanuele II . an einem der kleinen Tische vor dem wie immer gut besuchten Zucca* und warteten auf ihre Verabredung. Nur wenige Schritte – due passi – waren es von ihrem Hotel gewesen. Dabei hatten sie über ihren gestrigen Abend in der Scala gesprochen, über die Arie von Othello im zweiten Akt und darüber, dass schon Giuseppe Verdi im 19. Jahrhundert diesen Weg gegangen war, um sich in diesem Caffè mit Puccini zu treffen.
»Mann oder Frau?«, fragte Sabrina, während sie die Passanten beobachtete. Es machte sie nervös, dass sie nicht wusste, nach wem sie Ausschau halten sollte. War es jemand aus ihrer verloren gegangenen Vergangenheit? Dann war das wirklich so etwas wie ein Experiment. Würde sie die betreffende Person erkennen?
»Ein Mann«, antwortete Hipp knapp, ohne einen weiteren Hinweis zu geben.
Während er ein Gespräch auf seinem Handy entgegennahm, unterzog sie die männlichen Wesen, die auf das Caffè zukamen, einer eingehenden Musterung. Kannte sie vielleicht diesen grauhaarigen Mann mit dem Schnauzbart aus ihrem früheren Leben? Oder diesen dicken Glatzkopf mit den geschmacklosen Shorts und Gummilatschen – na, hoffentlich nicht.
»Nein, mein Lieber«, hörte sie Hipp sagen, »ich habe noch keinen Verdächtigen. Ja, die Akte habe ich bekommen, ich habe sie bereits durchgesehen. Ja, sicher, ich bleibe an der Sache dran. Ob ich auch andere Möglichkeiten in Erwägung ziehe? Aber natürlich, Karl, obwohl …«
Sabrinas Blick fiel auf einen jungen Mann im grauen Anzug, mit Sonnenbrille, schwarzem Polohemd und blonden Haaren. Dieses Gesicht hatte sie schon mal gesehen, war ihr irgendwie vertraut, aber nicht besonders. Sollte sie sich zum ersten Mal an jemanden erinnern? Ihr Puls beschleunigte sich. Tatsächlich, der Mann näherte sich ihrem Tisch. Er grinste und hob die Hand zum Gruß. Fast war Sabrina enttäuscht, als ihr einfiel, woher sie ihn kannte. Nein, sie erinnerte sich nicht von früher an seine Person, sondern nur an sein Photo. Hipp hatte es ihr gezeigt, erst vor einigen Tagen, auf einer Bank im Parco del Valentino. Der junge Mann, der sie wahrscheinlich gleich
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