Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo
Delita?«
»Ja. Aber erwartungsgemäß hatte Signor Zorzi keine Zeit für mich.«
»Ging mir genauso«, sagte Romagnosi, »aber das muss man verstehen.«
»Natürlich. Innerhalb kurzer Zeit gleich beide Geschäftspartner zu verlieren ist heftig.«
»Ja, sehr. Kommt hinzu, dass die Firma kurz vor der Pleite steht.«
»Tatsächlich?«
»Darüber wollte ich mit Signor Zorzi reden. Schließlich entstehen der Erbin von Herrn Rettenstein dadurch finanzielle Nachteile.«
»Ich verstehe. Ist sie attraktiv?«
»Die Erbin?« Der Avvocato schmunzelte. »Nun, sie sieht ziemlich gut aus, sehr individuell. Ein sportlicher Typ, muskulös, und gleichzeitig ausgesprochen feminin, vor allem dort, wo es drauf ankommt. Eine faszinierende Kombination.«
»Das ist ja eine glänzende Personenbeschreibung. Da kann ich die Signorina in Bologna wohl kaum verfehlen.«
»Bologna hat fast vierhunderttausend Einwohner. Sie werden sich schwertun.«
»Nun, da kann man nichts machen.«
»Tut mir leid«, entschuldigte sich Romagnosi. »Aber Sie haben recht, der Sauvignon ist sehr angenehm.«
»Ja, mit ähnlichen Attributen wie Rettensteins illegitime Tochter.«
»Inwiefern?«
»Muskulös und gleichzeitig feminin!«
31
V on Neive war es an Alba vorbei nicht weit nach Roddi. Carlo hatte seine Enoteca zugesperrt, um Profumo, den Trüffelhund seines Schwagers, abzuholen. In Roddi gab es seit 1880 die Università dei Cani da Tartufo. Hier wurden Trüffelhunde ausgebildet, hier brachte man ihnen die nötigen Befehle bei, zeigte ihnen, wo und wie sie zu suchen hatten. Vor allem wurden ihre feinen Nasen auf den Geruch der Trüffeln trainiert, mit kleinen Stückchen, die im Wald vergraben wurden. Nicht dass Profumo eine solche Ausbildung nötig gehabt hätte, ganz gewiss nicht. Bei ihm ging es darum, ihn wieder zu beruhigen, ihm die Fähigkeit zurückzugeben, sich nicht ablenken zu lassen und sich auf die Suche nach Trüffeln zu konzentrieren. Denn seit dem Schuss auf Ildefonso war Profumo hypernervös und für die Trüffelsuche nicht mehr zu gebrauchen. Maria hatte den Hund ihrem Bruder gegeben. Schließlich war Profumo nicht irgendein Vierbeiner, sondern ein perfekt ausgebildeter Trüffelhund, der schon die großartigsten Tartufi gefunden hatte. Trüffelhunde waren grundsätzlich unverkäuflich, blieben in der Familie. Maria wusste, dass Profumo, ein Lagotto Romagnolo, bei ihrem Bruder gut aufgehoben war. Schließlich ging auch Carlo regelmäßig auf die Trüffelsuche. Er konnte Profumo gut brauchen, vorausgesetzt, der Hund fand wieder zu sich selbst.
Da Carlo neben seiner Enoteca die Zeit fehlte, mit Profumo zu arbeiten, hatte er ihn in die »Hundeuniversität« nach Roddi gegeben, in der Hoffnung, dass man ihn dort therapieren könne. Seine Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Der Hund schien sich gut erholt zu haben, kam schwanzwedelnd auf ihn zu, interessierte sich für seine rechte Jackentasche, in der er wie sonst nur bei der Trüffelsuche einige Hundekuchen verstaut hatte. Giovanni führte ihm vor, wie Profumo auf die Kommandos reagierte, brav den Hinweisen mit dem Barot folgte, mal nach rechts, dann wieder nach links – obwohl hier gewiss nichts zu finden war und gleichzeitig einige Motorräder vorbeifuhren. Wenn der Hund im Wald die gleiche Disziplin zeigen sollte, wenn er nicht nur immun gegen Motorradlärm, sondern auch gegen Wildschweinspuren war, dann hatte sich die Hundekur in Roddi gelohnt.
Carlo fragte Giovanni, ob er es für möglich halte, mit Profumos Hilfe Ildefonsos Mörder zu finden. Er könne sich ja beim Waldstück mit dem Hund auf die Lauer legen und über einige Tage und Nächte alle Menschen kontrollieren, die des Weges kamen. Es könne doch sein, dass der Hund noch die Witterung des Mörders in der Nase habe und deshalb …
»Dimenticalo, vergiss es«, unterbrach ihn der Hundetrainer. »Sei froh, wenn Profumo wieder Trüffeln findet, aber auf die Spur des Mörders wird er dich nicht bringen. Sollte er jemanden anbellen, dann wahrscheinlich deshalb, weil sich einige Tartufi in den Taschen verbergen, aber bestimmt nicht deshalb, weil er auf Ildefonso geschossen hat.«
Profumo, erklärte Giovanni, sei der vielleicht beste Trüffelhund, mit dem er je gearbeitet habe. Man könne ihn auch auf dem Flughafen einsetzen und ihn nach Drogen oder Sprengstoff suchen lassen. Aber Profumo sei nun mal kein Spürhund für flüchtige Kriminelle. Carlo solle sich darüber freuen, als Polizeihund wäre Profumo weniger als die
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