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Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo

Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo

Titel: Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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Man habe dem schönen Jüngling viele Freiheiten erlaubt. So habe er unzählige Liebschaften pflegen dürfen. Aus diesen Amouren seien berühmte Adelsgeschlechter hervorgegangen, so die Familie Bentivoglio. »Ben ti voglio«, so habe Enzo seiner Geliebten Lucia immer zum Abschied ins Ohr geflüstert, »ich mag dich!« Als die Bentivoglios zur mächtigsten Familie Bolognas aufgestiegen waren, hätten sie im 15. Jahrhundert den Wallfahrtsort rund um die Madonna di San Luca ausbauen lassen. Die Familie Bentivoglio, ja, die habe den Beweis erbracht, dass illegitime Kinder nicht immer dem Unglück geweiht seien. Aber ihr Vater sei eben kein königlicher Jüngling wie Enzo gewesen und ihre Mutter keine Lucia da Viadagola, nur eine arme Verkäuferin. Daran müsse sie gelegentlich auf diesem Weg hinauf zur heiligen Madonna denken.

    Oben angelangt, sahen sie hinunter auf die roten Dächer Bolognas, dann betraten sie die Wallfahrtskirche Madonna di San Luca. Gina blieb rechts vor einem Altar stehen und bekreuzigte sich. Er beobachtete, wie sie niederkniete und die Augen schloss.
    »Madonna del Rosario e San Domenico, aiutami, affinché tutto vada bene«, murmelte sie, »Madonna, hilf mir, damit alles gut wird.« Dann stand sie auf. »Allora, noch zwei Kilometer, und wir sind am Ziel.«

    Eine halbe Stunde später standen sie in den Colli hinter San Luca in einem kleinen Park vor einem großen Haus. »Asilo per vecchi e malati«, las Hipp auf einer Messingtafel. Gina wurde an der Rezeption des Alten- und Pflegeheims herzlich begrüßt. Sie stiegen eine weite Treppe hinauf in den ersten Stock und liefen einen langen Gang entlang. Eine Pflegerin kam ihnen mit einem Rollstuhl entgegen. Gina klopfte an einer Tür und bat Hipp, kurz zu warten. Er entdeckte ein kleines Schild mit dem Namen Rosa Zazzari.
    »Sie können reinkommen. Meine Mutter erwartet Sie.«
    Das Zimmer war groß und hell und hatte eine Terrasse, über die man auf die umliegenden Hügel schauen konnte. Im Krankenbett setzte sich eine Frau auf, die ihn freundlich anlächelte, aber dennoch ein Bild des Jammers abgab. Sie hatte kaum Haare, ihre Stirn- und Wangenknochen traten hervor. Die Augen, die ihn ansahen, wirkten in diesem abgemagerten Gesicht viel zu groß.
    »Meine Mutter hat Krebs«, sagte Gina. »Es geht ihr nicht gut.«
    »Doch, heute geht es mir besser«, protestierte ihre Mutter leise.
    Gina nahm ihre Hände. »Das höre ich gerne, Mamma. Ich möchte dir einen Freund vorstellen, Hippolyt Hermanus.«
    Er deutete eine Verbeugung an. »Piacere, Signora. Es freut mich, Sie kennenzulernen.«
    »Hippolyt kommt aus Deutschland, lebt aber in Italien …«
    »Aus Deutschland?«
    »Ja, Mamma, aber nicht alle Deutschen sind so.«
    »Ich weiß, mein Kleines, ich weiß.«
    Gina zog zwei Stühle an das Bett und machte Hipp ein Zeichen, sich zu setzen.
    »Mamma, ich möchte Hippolyt eine traurige Geschichte erzählen, unsere Geschichte, deine Geschichte. Und weil mir wichtig ist, dass er mir glaubt, will ich das hier in deiner Gegenwart tun. Ich hoffe, das ist nicht zu anstrengend für dich. Einverstanden?«
    »Ich muss ja nur zuhören. Nein, das ist nicht zu anstrengend für mich.«
    »Korrigiere mich, wenn was nicht stimmt.«
    »Das mache ich, Gina. Aber das wird nicht vorkommen. Eher vergisst du die Hälfte …«
    Gina lächelte. »Mehr als die Hälfte, nämlich all die schönen Zeiten in unserem Leben, aber schließlich wollen wir nicht bis zum Abend bleiben.«
    »Und dein Freund muss nicht alles wissen.«
    »Nein, muss er nicht.«
    Gina entnahm ihrer Tasche ein Foto und zeigte es Hipp. »So hat meine Mutter vor zweiunddreißig Jahren ausgesehen. Eine Schönheit, finden Sie nicht?«
    »Aber nicht doch«, genierte sich die alte Dame.
    »Doch«, bestätigte Hipp, »Gina hat recht. Sie sehen auf diesem Bild hinreißend aus.«
    »Kennen Sie den Film
Pane, amore e gelosia

    »Mit Gina Lollobrigida?«
    »Richtig. Ich finde, meine Mutter sah der Lollobrigida damals ausgesprochen ähnlich. Jedenfalls war sie unglaublich attraktiv. Das hat wohl auch mein Vater gefunden.«
    »Er hat auch nicht schlecht ausgesehen«, sagte Rosa Zazzari, »un bel giovane.«
    »Mein Vater, Hubertus Rettenstein, war im Auftrag eines deutschen Handelsunternehmens nach Bologna gekommen, hatte dort einige Monate gelebt und sich mit meiner Mutter angefreundet, die damals als Verkäuferin in einer Salumeria gearbeitet hatte. Als er wieder zurück nach Deutschland ging, hat er ihr zum Abschied einen

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