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Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo

Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo

Titel: Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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Blumenstrauß geschenkt.«
    »Sì, rose e tulipani.«
    »Das war’s. Kein besonders herzlicher Abschied. Als meine Mutter wenig später merkte, dass sie schwanger war, hat sie ihm Briefe und Telegramme geschrieben, hat versucht ihn telefonisch zu erreichen. Vergeblich.«
    Rosa Zazzari nickte. »Nessun risposta.«
    »Mittlerweile war meine Mutter im achten Monat. Sie hatte ihren Job verloren, wurde von ihrer Familie geächtet …«
    »Puttana«, flüsterte die Alte.
    »Ja, als Hure haben sie meine Mutter bezeichnet. Sie konnte die Miete ihrer kleinen Wohnung nicht mehr zahlen. In ihrer Verzweiflung hat sie sich einen Anwalt genommen. Dem gelang es schließlich, mit meinem Vater in Kontakt zu kommen und ihn unter Druck zu setzen. Ich war bereits einige Wochen auf der Welt, als Hubertus Rettenstein nach Bologna reiste, meine Mutter besuchte, mich kurz auf den Arm nahm …«
    »Soltanto per un attimo
.
Er hat dich nicht einmal gestreichelt.«
    »… und ein Dokument unterschrieb, in dem er die Vaterschaft anerkannte und sich verpflichtete, bis zum einundzwanzigsten Lebensjahr Alimente zu zahlen. Er hat einen Scheck ausgestellt – und zum Abschied erneut einen Blumenstrauß dagelassen.«
    »
Rose e tulipani

    »Ciao. Das war’s gewesen. Meine Mutter sollte Hubertus niemals wiedersehen.«
    »Ich habe dich Gina genannt, nach der Lollo.«
    Gina lachte. »Aber leider sehe ich ihr überhaupt nicht ähnlich. Immerhin trafen die monatlichen Zahlungen pünktlich ein. Ich bekam den Nachnamen Zazzari und wuchs in Bologna auf. Meine Mutter heiratete später Alberto, der eine kleine Kfz-Werkstätte besaß, in der ich nach der Schule gerne an den Autos herumschraubte.«
    Hipp schmunzelte. »Deshalb der Trick mit dem Anlasser.«
    »Genau«, erwiderte Gina lächelnd, »mit Motoren kenne ich mich aus. Dafür kann ich nicht stricken. An meinem einundzwanzigsten Geburtstag erfuhr ich, dass mein Vater nicht, wie es immer geheißen hatte, ertrunken war …«
    »Gina, das war zu deinem Besten.«
    »… sondern in Wahrheit einen deutschen Pass hatte und Hubertus G. Rettenstein hieß. Komischerweise hat es mir nichts ausgemacht. Mir war es egal, dass er noch lebte. Ich genoss meine Zeit als junge Frau, hatte einige Liebschaften …«
    »Sandro!«
    Gina wurde rot. »Mamma, wir wollten doch nicht alles erzählen.«
    »Scusa!«
    »Ich fand eine Anstellung in einer Käsefabrik, wo ich bis heute arbeite. Sie ist ganz in der Nähe von Bologna. So konnte ich weiter in der Stadt wohnen.«
    »Gina hat ihr eigenes Leben geführt, aber sie hat mich oft besucht. Brava ragazza.«
    »Alles hätte so weitergehen können. Aber dann hat Alberto vor zwei Jahren mit seiner Werkstatt Pleite gemacht. Wenig später wurde er von einem Lastwagen überfahren, als er von seiner Lieblingsbar nach Hause gehen wollte.«
    »Era ubriaco.«
    »Ja, er war betrunken. In seiner Situation kein Wunder. Meine Mutter musste wieder anfangen zu arbeiten, sie bekam auch einen Job …«
    »Al mercato centrale
.
«
    »… wurde aber kurz darauf krank. Die Ärzte diagnostizierten Bauchspeicheldrüsenkrebs. Der Tumor ist inoperabel. Meine Mutter, die eine miserable Krankenversicherung hat, bekam Bestrahlungen und Chemotherapie.«
    Rosa Zazzari fuhr sich mit einer Hand zitternd über den Kopf. »Deshalb meine Haare. Sie verstehen?«
    »Weiterführende Behandlungen mit modernen Medikamenten, die ihr Leiden hätten lindern und den Krankheitsverlauf verzögern können, wurden von der Versicherung nicht übernommen. Die Präparate waren viel zu teuer, um sie selbst zu bezahlen. Im Krankenhaus hat man sie nicht behalten. Ich habe meine Mutter zu Hause gepflegt, so gut es ging. Vor und nach der Arbeit.«
    »Grazie, Gina, di tutto!«
    »Ich erinnere mich noch wie heute an jenen Augenblick, als ich in einer Zeitschrift für Feinschmecker plötzlich auf einen mehrseitigen Artikel über Hubertus G. Rettenstein gestoßen war. Das also war mein Vater, wie er heute lebte. Mit vielen Fotos wurde sein Sinn für die feinen Dinge des Lebens dokumentiert. Mein Vater mit dem Weinglas in der Hand, im Korbsessel auf der Terrasse seiner Villa, eine Zigarre zwischen den Lippen, an die Kühlerhaube seines Mercedes gelehnt, in seinem Weinkeller, beim Trüffelessen … Mir war fast schlecht geworden. Mein Vater lebte in Saus und Braus, während es meiner Mutter schlecht ging und wir kein Geld für die Behandlung hatten. Mein Vater philosophierte über die Tannine im Barolo, während meine Mutter nicht wusste,

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